Für Sánchez und Puigdemont steht bei Wahl in Katalonien viel auf dem Spiel

In Katalonien sind am Sonntag Regionalwahlen. Ihr Ergebnis kann auch die Politik der Regierung Sánchez in Madrid bestätigen.
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Carles Puigdemont, ehemaliger Präsident der spanischen Region Katalonien.Foto: Axel Heimken/dpa
Epoch Times10. Mai 2024

Es sind Regionalwahlen, auf die ganz Europa blickt: In Katalonien wird am Sonntag ein neues Regionalparlament und damit auch ein neuer Regionalpräsident gewählt. Während der langjährige Unabhängigkeitsbefürworter Carles Puigdemont erneut zur Wahl antritt und auf eine Rückkehr an die Spitze der Regionalregierung hofft, steht auch für den sozialistischen Regierungschef in Madrid, Pedro Sánchez, viel auf dem Spiel.

In den Umfragen zur Wahl des 135 Sitze zählenden Parlaments liegen die von Salvador Illa angeführten Sozialisten derzeit klar vorne – vor Puigdemonts Partei Junts per Catalunya (Zusammen für Katalonien) gefolgt von der anderen großen Partei der Unabhängigkeitsbefürworter, Republikanische Linke Kataloniens (ERC), des amtierenden Regionalpräsidenten Pere Aragonès.

Dieser hatte die Neuwahl in der acht Millionen Einwohner zählenden spanischen Region im März nach einem Streit um den Haushaltsentwurf ausgerufen.

Unabhängigkeitsbefürworter optimistisch

Trotz ihres Rückstands in den Umfragen zeigten sich die Unabhängigkeitsbefürworter kurz vor der Wahl optimistisch. Der Aufschwung für seine Partei in jüngster Zeit sei „an sich schon ein Zeichen des Siegs“, sagte Puigdemont in einem am Freitag im katalanischen Onlineportal „El Nacional“ veröffentlichten Interview.

Seinen Wahlkampf hat der 61-jährige Puigdemont von Südfrankreich aus geführt, da in Spanien nach wie vor ein Haftbefehl gegen ihn vorliegt. Der frühere katalanische Regionalpräsident war 2017 der führende Kopf der Abspaltungsbemühungen der reichen, wirtschaftlich starken Region von Spanien.

Trotz des Widerstands der damaligen konservativen Zentralregierung in Madrid und eines gerichtlichen Verbots wurde ein Referendum abgehalten, welches das Land in seine schwerste politische Krise seit dem Ende der Franco-Diktatur in den 1970er-Jahren stürzte.

Puigdemont aus dem Ausland aktiv

Puigdemont floh vor der spanischen Strafverfolgung ins Exil, blieb aber weiterhin in der Regionalpolitik aktiv und führte Junts per Catalunya von Belgien aus. Nun hofft er nicht nur auf eine Rückkehr als katalanischer Regionalpräsident, sondern auch auf eine Heimkehr nach Katalonien, was infolge eines von Regierungschef Sánchez erlassenen Amnestiegesetzes für katalanische Unabhängigkeitsbefürworter in greifbare Nähe gerückt ist.

Noch in diesem Monat soll das spanische Parlament endgültig über das Gesetz abstimmen – ungeachtet des erbitterten Widerstands der rechten und ultrarechten Parteien.

Für Puigdemont steht vieles auf dem Spiel: Für den Fall einer Niederlage seiner Partei kündigte er bereits seinen Rückzug aus der Regionalpolitik an.

Die Mehrheit für ein Bündnis der Unabhängigkeitsbefürworter, die schon bei der vorherigen Wahl zerstritten waren, könnte durch das Auftreten der neuen, extrem rechten Separatistenpartei Katalanische Allianz zusätzlich erschwert werden. Eine Zusammenarbeit mit dieser Partei hatten die anderen Unabhängigkeitsbefürworter ausgeschlossen.

Wahl auch für Madrid wichtig

Doch auch für Sánchez und seine Sozialdemokraten ist die Regionalwahl von großer Bedeutung. Die Rückeroberung der Macht durch die Sozialisten in Barcelona wäre für den Regierungschef ein großer Sieg für seine Politik der Entspannung in Katalonien.

Seit seinem Amtsantritt im Jahr 2018 hatte Sánchez versucht, die durch das Referendum ausgelöste Krise zu entschärfen. Er hatte den Dialog mit der gemäßigten ERC gesucht und Separatistenführer begnadigt, die wegen ihrer Rolle bei dem Abspaltungsversuch 2017 inhaftiert worden waren.

Zuletzt hatte er dem umstrittenen Amnestiegesetz zugestimmt, um sich die Unterstützung der Katalanen im spanischen Parlament und damit eine Mehrheit für seine Regierung in Madrid zu sichern.

Persönlich könnte Sánchez zudem durch einen Wahlsieg mit seiner im November begonnenen neuen Amtszeit noch einmal durchstarten. Diese war bislang vor allem geprägt vom erbittertem Widerstand der rechten und rechtsextremen Opposition gegen seine Regierung – und zuletzt auch von Korruptionsvorwürfen aus der rechtsextremen Ecke gegen seine Frau, die den Regierungschef bewogen hatten, mit Rücktritt zu drohen.

Der sozialistische Kandidat und ehemalige spanische Gesundheitsminister Illa erklärte, in Katalonien „nach zehn verlorenen Jahren“ einen neuen Weg einschlagen zu wollen. Schon im Jahr 2021 hatten die Sozialisten bei den Regionalwahlen den ersten Platz belegt, mit 74 Sitzen konnten sich die Unabhängigkeitsbefürworter damals jedoch eine Mehrheit im Parlament sichern.

Sánchez hofft auf Sieg der Sozialisten

Sánchez sagte am Donnerstagabend bei einer Kundgebung, mit einem sozialistischen Regierungschef in Madrid und einem sozialistischen Regionalpräsidenten würden Spanien und Katalonien „nicht aufzuhalten sein“. Doch auch die Sozialisten müssten sich im Fall eines Wahlsiegs in Barcelona Verbündete suchen. Sie würden den jüngsten Berechnungen zufolge auf rund 40 Sitze im Parlament kommen – für eine Mehrheit sind jedoch 68 Sitze erforderlich.

Eine Möglichkeit wäre die Zusammenarbeit mit den extremen Linken und der Regionalpartei ERC, was zu einem Bruch im Lager der Unabhängigkeitsbefürworter führen könnte.

Dass eine solche Koalition in Katalonien die Sánchez-Regierung in Madrid gefährden könnte, die sowohl auf die Unterstützung der ERC als auch die der Junts per Catalunya angewiesen ist, hält Ernesto Pascual, Politologe an der Autonomen Universität Barcelona, für unwahrscheinlich.

Beide Parteien hätten kein Interesse daran, „Sánchez zum Rücktritt zu drängen“ und Neuwahlen auf nationaler Ebene herbeizuführen, sagte er. Ein solches Szenario würde nur die rechten Parteien stärken, die bereits angekündigt haben, die Amnestie für die Unabhängigkeitsbefürworter rückgängig machen zu wollen. (afp)



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