Fünf Kandidaten gegen Erdogan

Bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag gehen für die Opposition fünf Kandidaten ins Rennen gegen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan. 
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Ein Plakat des türkischen Präsidenten Erdogan in der Türkei.Foto: OZAN KOSE/AFP/Symbolbild/Getty Images
Epoch Times20. Juni 2018

Bei der Präsidentschaftswahl am Sonntag gehen für die Opposition fünf Kandidaten ins Rennen gegen den islamisch-konservativen Amtsinhaber Recep Tayyip Erdogan.

Zwar gilt er als Favorit, doch mit Muharrem Ince von der CHP-Opposition ist ihm ein gefährlicher Rivale erwachsen. Verfehlt Erdogan in der ersten Runde die absolute Mehrheit, muss er am 8. Juli in eine Stichwahl. Dann könnte sich die Opposition zusammenschließen.

RECEP TAYYIP ERDOGAN

Der ebenso charismatische wie umstrittene Politiker regiert die Türkei seit 15 Jahren. 2003 wurde er erstmals zum Regierungschef gewählt, 2014 übernahm er das Präsidentenamt. Unter der Regierung seiner islamisch-konservativen Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AKP) hat das Land einen beispiellosen Wirtschaftsboom erlebt, doch hat der 64-Jährige die Gesellschaft mit seinem zunehmend autoritären und repressiven Kurs gespalten.

Für die Wahlen ist Erdogan ein Bündnis mit der ultrarechten Partei der Nationalistischen Bewegung (MHP) von Devlet Bahceli eingegangen, mit dem er seit dem Putschversuch von Juli 2016 kooperiert. Das Wahlbündnis soll der durch die Abspaltung der IYI-Partei geschwächten MHP den Einzug ins Parlament erlauben und Erdogan eine absolute Mehrheit in der ersten Runde der Präsidentenwahl sichern.

MUHARREM INCE

Die traditionsreiche, linksnationalistische Republikanische Volkspartei (CHP) entschied sich Anfang Mai für Muharrem Ince als Kandidaten. Der 54-jährige Abgeordnete aus Yalova hatte zwei Mal vergeblich CHP-Chef Kemal Kilicdaroglu im internen Rennen um den Parteivorsitz herausgefordert, doch ließ dieser ihm nun den Vortritt als Präsidentschaftskandidat – ein kluger Schritt. Denn Ince begeisterte mit seinem volksnahen Auftreten und seinen energischen Reden die Massen.

Der frühere Physiklehrer Ince ist ein entschiedener Verfechter des Kemalismus, doch warb er im Wahlkampf auch um die Stimmen der Kurden und Konservativen. Er betonte, dass er selbst aus einer religiösen Familie stamme und auch seine Mutter Kopftuch trage. Den Kurden versprach er Unterricht in kurdischer Sprache und mehr Autonomie. Generell will er die Polarisierung beenden und die Gesellschaft wieder einen.

MERAL AKSENER

Die frühere Innenministerin ist die einzige Frau im Rennen. Sie hatte die ultrarechte MHP 2016 im Streit verlassen und im vergangenen Oktober mit anderen Dissidenten die IYI-Partei (Gute Partei) gegründet. Als Präsidentin will Aksener den Wechsel zum Präsidialsystem rückgängig machen und inhaftierte Journalisten freilassen. Der 61-Jährigen wird zugetraut, Stimmen nationalistischer Wähler aus verschiedenen Lagern zu gewinnen.

Für die meisten Kurden ist die nationalistische Hardlinerin dagegen nicht wählbar, da sie die Kurden bis heute nicht als eigenständige Volksgruppe anerkennt. Auch gegenüber den syrischen Flüchtlingen vertritt Aksener, die im Ausland oft mit der französischen Rechtspopulistin Marine Le Pen verglichen wird, einen harten Kurs. Für die Parlamentswahl hat sie sich mit anderen Oppositionsparteien verbündet, beharrte aber auf ihrer eigenen Kandidatur.

SELAHATTIN DEMIRTAS

Der charismatische Kurdenpolitiker tritt für die Demokratische Partei der Völker (HDP) an, obwohl er seit eineinhalb Jahren im Gefängnis sitzt. Bei der Präsidentschaftswahl im August 2014 war dem früheren Menschenrechtsanwalt ein Achtungserfolg gegen Erdogan gelungen, und im Juni 2015 hatte der 45-Jährige seine HDP erstmals ins Parlament geführt. Dies kostete die AKP die Mehrheit und brachte Demirtas die dauerhafte Feindschaft Erdogans ein.

Im November 2016 wurden Demirtas und andere Abgeordnete unter dem Vorwurf festgenommen, der verbotenen PKK-Guerilla nahezustehen. Heute ist die linksdemokratische HDP durch die Inhaftierung tausender Funktionäre und Mitglieder geschwächt. Die AKP diffamiert die prokurdische Partei regelmäßig als Terrorunterstützer, doch könnten Demirtas und seine Wähler im Fall einer Stichwahl den Ausschlag geben.

ANDERE KANDIDATEN

Die kleine linksnationalistische Vatan-Partei schickt ihren Chef Dogu Pirencek ins Rennen. Für die kleine proislamische Saadet-Partei tritt ihr Vorsitzender Temel Karamollaoglu an, nachdem es ihm nicht gelungen war, Ex-Präsident Abdullah Gül als Kandidaten zu gewinnen. Saadet steht in der politischen Tradition der Milli Görüs Bewegung von Necmettin Erbakan und ist ein Gegner der Westbindung der Türkei. (afp)



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