EU-Friedenstruppe in der Ukraine: Macron und Tusk wollen bis zu 40.000 Soldaten entsenden

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Polens Premier Donald Tusk treffen am Donnerstag in Warschau zusammen. Im Fokus stehen Gespräche über eine mögliche EU-Friedensmission in der Ukraine. Die Rede ist von einer bis zu 40.000 Mann starken Friedenstruppe zur Sicherung eines Waffenstillstands.
Macron und Tusk beraten über Ukraine.
Macron und Tusk beraten über Ukraine.Foto: Piotr Nowak/PAP/dpa
Von 12. Dezember 2024

Am Donnerstag, 12.12., ist Frankreichs Präsident Emmanuel Macron zu Gast in Polen beim dortigen Regierungschef Donald Tusk. Macron wird dabei über seine jüngsten Gespräche mit dem designierten US-Präsidenten Donald Trump und dem Präsidenten der Ukraine, Wolodymyr Selenskyj, berichten. Am Samstag waren diese nach Paris gereist, um an der Wiedereröffnung der 2019 durch ein Feuer beschädigten Kathedrale von Notre Dame teilzunehmen.

Wie „Bloomberg“ berichtet, wollen Macron und Tusk zudem eine mögliche EU-Beteiligung an einer friedenserhaltenden Mission in der Ukraine erörtern. Diese Friedenstruppe wird für den Fall diskutiert, dass es gelingen sollte, den dortigen Krieg mit Russland durch einen Waffenstillstand zu beenden.

Friedenstruppe soll Soldaten aus mehreren Ländern umfassen

Erst jüngst hatte ungenannte Diplomatenkreise aus der EU und aus Frankreich gegenüber „Politico“ einen polnischen Medienbericht bestätigt. In diesem hatte es geheißen, Tusk und Macron erwögen die Entsendung einer 40.000 Mann starken Friedenstruppe mit Soldaten aus unterschiedlichen Ländern. Welche konkret beteiligt sein sollen, lässt der Bericht offen.

Die Debatte illustriert einen zunehmenden Druck hin zu einer diplomatischen Lösung im Ukrainekonflikt. Der designierte US-Präsident Donald Trump hatte bereits im Wahlkampf angekündigt, den Krieg schnellstmöglich beenden zu wollen. Selenskyj hatte „Bloomberg“ zufolge auch in Paris die Risiken angesprochen, die das Einfrieren des Konflikts mit Russland nach sich zöge.

Gleichzeitig zeigte er sich für einen solchen Vorstoß offen – auch, wenn dies mit dem Verzicht verbunden wäre, die von Russland kontrollierten Gebiete im Osten der Ukraine militärisch zurückzuerobern. Selenskyj hatte davon gesprochen, diese zu einem späteren Zeitpunkt „auf diplomatischem Wege“ wiedererlangen zu wollen. Allerdings drängte Selenskyj auf umfassende Sicherheitsgarantien vonseiten seiner westlichen Verbündeten.

Tusk hält Friedensgespräche „schon in diesem Winter“ für möglich

Polen wird im Januar 2025 die EU-Präsidentschaft übernehmen. Premier Tusk hat bereits im Vorfeld dieses Ereignisses angedeutet, dass Gespräche zur Beendigung des Krieges in der Ukraine „schon in diesem Winter“ beginnen könnten, wie „Le Monde“ meldet. Dem Besuch Macrons sollen noch weitere bilaterale Gespräche mit ausländischen Staats- und Regierungschefs folgen. Mit dem französischen Präsidenten will der polnische Premier auch über den bevorstehenden EU-Gipfel am 19. Dezember sprechen.

Tusk gilt als entschlossener Unterstützer der Ukraine und als wichtiger Umschlagplatz für westliche Militärhilfe an die Führung in Kiew. Macron hatte im Februar sogar kurzfristig gefordert, eigene Kampfverbände in die Ukraine zu schicken, die weder der NATO noch der EU angehört. Dieses Vorhaben, das NATO-Länder in eine direkte Konfrontation mit Russland hätte ziehen können, stieß jedoch auf Widerstand unter zahlreichen westlichen Partnern, unter anderem auch Deutschland.

Allerdings einigten sich die EU-Regierungschefs auf eine Aufrechterhaltung von Waffenlieferungen. Zudem werde es ein verstärktes nicht militärisches Engagement der EU geben, etwa in Form von Experten zur Minenräumung. Einige NATO-Mitgliedstaaten stellen auch Militärberater, die der ukrainischen Armee helfen sollen, westliche Waffensysteme zu bedienen.

Frankreich sieht zusätzliche Kapazitäten wegen Rückzugs aus Afrika

Eine mögliche Entsendung von Friedenstruppen nach einem Waffenstillstand wird in der EU als Möglichkeit gesehen, ein neuerliches Aufflammen von Kampfhandlungen zu verhindern. Frankreich hätte, so äußerten sich informierte Kreise gegenüber „Politico“, auch mehr Potenziale, sich an einer solchen Mission zu beteiligen. Das Land wolle immerhin sein Engagement in Afrika zurückfahren.

Eine wesentliche Voraussetzung für einen Waffenstillstand und die Debatte um mögliche Friedenstruppen wäre jedoch auch, dass Russland mitspielt. Bis dato kommen aus dem Kreml zwar anerkennende Worte über Donald Trumps Willen zur Beendigung des Krieges. Eine Zusage, sich an Friedensverhandlungen zu beteiligen, gibt es jedoch noch nicht.

Dies erscheint auf den ersten Blick überraschend, weil die Lösungsvorschläge des Trump-Teams, die zunehmend auch im Westen diskutiert werden, Russland weit entgegenkommen. Von einem Siegfrieden und Verhandlungen zu den Bedingungen der Ukraine ist man zu einem Einfrieren auf der Grundlage der derzeitigen Frontverläufe gekommen.

Russland zeigt sich reserviert – trotz Bereitschaft zum Entgegenkommen

Zwar würden weder der Westen noch die Ukraine die Eingliederung der Krim und eines großen Teils des Donbass in den russischen Staatsverband anerkennen. Ein verbindlicher Verzicht auf eine militärische Wiedererlangung würde jedoch de facto eine Situation wie in Korea oder auf Zypern schaffen. Auch dort gilt eine friedliche Wiedervereinigung als Option. Faktisch ist man einer solchen jedoch auch zwei bis drei Generationen nach dem Einfrieren der Konflikte nicht näher.

Der Vorstoß aus dem Team Trump beinhaltet auch die Errichtung einer demilitarisierten Zone. In dieser sollen Truppen aus der EU und dem Vereinigten Königreich eine Art Polizeimandat erhalten. Die Schirmherrschaft darüber würde eine Institution wie die UNO oder die OSZE ausüben.

Dem Trump-Konzept zufolge würde ein NATO-Beitritt der Ukraine auf mindestens 20 Jahre ausgeschlossen – was ein weiteres Zugeständnis an Russland wäre. Dennoch ist das Misstrauen auf beiden Seiten noch zu groß. Die Ukraine fordert, die noch von ihr kontrollierten Landesteile umgehend in die NATO aufzunehmen. Andernfalls, so die Befürchtung, würde Russland den Waffenstillstand nutzen, um seine militärische Schlagkraft zu optimieren und erneut anzugreifen.

Kreml befürchtet Aufrüstung der Ukraine und Provokation durch Friedenstruppe

In Russland wiederum befürchtet man ein ähnliches Manöver des Westens. Dieser würde die Ukraine hochrüsten, wie dies bereits während der Zeit des nicht umgesetzten Minsker Abkommens der Fall gewesen sei. Zudem argwöhnt man, die Friedenstruppen aus westlichen Ländern könnten in der demilitarisierten Zone einen Zwischenfall provozieren, aus dem sich ein Vorwand für ein Eingreifen der NATO konstruieren ließe.

Zurückhaltend bezüglich der Idee einer EU-Friedenstruppe in der Ukraine zeigt sich auch CDU-Chef Friedrich Merz. Dieser erklärte, die Spekulationen über eine deutsche Friedenserhaltungsmission seien „unverantwortlich“. Anfang der Woche forderte Merz bei einem Besuch in Polen Bundeskanzler Olaf Scholz auf, eine europäische „Ukraine-Kontaktgruppe“ ins Leben zu rufen. Diese solle die weitere Unterstützung Kiews koordinieren.



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