„Französischer Islam“ als Lehrstoff
Die Bekenntnisse des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Meinungsfreiheit und zu den umstrittenen Mohammed-Karikaturen sind für viele Muslime starker Tobak. Sie laufen Sturm gegen eine als Verhöhnung empfundene Darstellung des Propheten in der französischen Satirezeitung „Charlie Hebdo“ und haben generell kein Verständnis dafür, dass ihr Religionsgründer in westlichen Staaten auf die Schippe genommen werden kann, wie es in Satire-Formaten üblich ist.
Macron will nun erreichen, dass Imame in Frankreich sich den Werten der Republik verpflichtet fühlen – und will dazu mehr muslimische Prediger in Frankreich ausbilden, statt diese aus dem Ausland einreisen zu lassen.
„Imame des Friedens“ ausbilden
Im südostfranzösischen Saint-Léger-de-Fougeret besteht schon eine der wenigen Ausbildungsstätten für Imame in Frankreich. „Meinungsfreiheit“, schreibt Yasser Hobass dort an die Tafel. „Das ist die erste Regel.“
Acht junge Männer und vier junge Frauen sitzen im Klassenzimmer über ihre Blätter gebeugt, befassen sich mit Recht, Laizismus und Bürgerbeteiligung. Kernbotschaften, wie sie auf der Grundlage des Erbes der Französischen Revolution in allen Schulen des Landes vermittelt werden.
„Hier lernen wir die Besonderheiten in Frankreich, die wir respektieren müssen“, sagt der 31-jährige Yasser aus Mauritius. „So kann man Radikalisierung bekämpfen.“
Der Lehrer am Europäischen Institut für Gesellschaftswissenschaften (IESH), Edin Dia, stellt klar: „Um Imam in Frankreich zu sein, muss man die Verfassung, die Meinungsfreiheit, den Laizismus kennen.“ Er versichert, an dem Institut würden „Imame des Friedens“ ausgebildet.
Einreise-Stopp für Imame ab 2024
In Frankreich halten sich derzeit rund 300 ausländische Imame auf, dazu kommen in jedem Ramadan rund 300 Koran-Rezitatoren aus der Türkei oder arabischen Ländern wie Marokko oder Algerien. Doch am IESH gibt es nur 200 Studenten, in Frankreich insgesamt 2500 Moscheen. Dieses Verhältnis will Macron ändern: Bereits im Februar hatte er einen Einreise-Stopp ab 2024 für ausländische Imame nach Frankreich angekündigt und damit scharfe Kritik unter anderem aus der Türkei auf sich gezogen.
Für Yasser steht fest, dass das Prinzip der Meinungsfreiheit die Veröffentlichung von Mohammed-Karikaturen umfasst. „Man wird doch nicht wegen einer Karikatur zur Gewalt greifen“, stimmt ihm die 26-jährige Iman zu, die ihre Haare bedeckt trägt. Die marokkanisch-stämmige Französin wollte ihre theologische Ausbildung unbedingt in Frankreich – „um jede Radikalisierung zu vermeiden“.
Das 1992 gegründete IESH finanziert sich zu bis zu 85 Prozent aus Eigenmitteln. Es nimmt zwar auch Spenden an, vor allem aus Golfstaaten, aber ausschließlich für Bauprojekte und ohne inhaltliche Vorgaben, wie die Leitung betont.
Dennoch ist auch bei einer Ausbildung innerhalb Frankreichs Wachsamkeit geboten. „Wir machen keine Politik“, versichert Leiter Larabi Becheri. Er räumt zwar ein, dass die Idee für das Institut auf die Organisation UOIF zurückgeht, die aus den Muslimbrüdern hervorgegangen ist, die von Saudi-Arabien als „Terroristen“ eingestuft werden. Aber „hier gibt es keine Muslimbrüder“, sagt Becheri. „Wir verlangen von unseren Lehrern eine Empfehlung von einer anerkannten Institution wie einer Moschee oder einem Verband.“ (afp)
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