Französische Präsidentenwahl beginnt in Überseegebieten – Enges Rennen um den Elysée-Palast
+++ Newsticker +++
Bei der mit Spannung erwarteten französischen Präsidentenwahl können die ersten Wähler schon heute abstimmen. In manchen französischen Überseegebieten wird wegen der Zeitverschiebung bereits einen Tag früher gewählt. Als erstes sind die Bewohner der Inselgruppe Saint-Pierre und Miquelon vor der kanadischen Küste dran.
Der Großteil der 47 Millionen französischen Wahlberechtigten kann dann morgen abstimmen. In Umfragen für den ersten Wahlgang lag der pro-europäische Ex-Wirtschaftsminister Emmanuel Macron zuletzt leicht vorn, gefolgt von Marine Le Pen.
Das mächtigste Staatsoberhaupt der Europäischen Union
Von allen Staatsoberhäuptern der Europäischen Union hat der französische Präsident die wohl größten Vollmachten – häufig ist deswegen von einem „republikanischen Monarchen“ die Rede.
Seine starke Stellung verdankt er der Verfassung der 1958 gegründeten Fünften Republik, deren erster Präsident General Charles de Gaulle war. Der Staatschef wird in Frankreich seit 1965 direkt vom Volk gewählt und kann ein Mal wiedergewählt werden. Seit 2002 beträgt seine Amtszeit fünf statt wie zuvor sieben Jahre.
Frankreichs Staatschef ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte und hat in der Verteidigungs- und Außenpolitik das Sagen. Er kann Soldaten ohne Parlamentsbeschluss in Auslandseinsätze schicken, erst bei einer Dauer von mehr als vier Monaten bedarf es der Zustimmung der Parlamentarier. Außerdem verfügt der Präsident über die Geheimcodes zum Einsatz von Atomwaffen.
Der Staatschef ernennt den Premierminister und auf dessen Vorschlag die übrigen Minister, leitet die wöchentlichen Kabinettssitzungen und nimmt Ernennungen für die wichtigsten Staatsämter vor. Er unterschreibt Gesetze, kann Dekrete erlassen und in bestimmten Fragen ein Referendum anordnen. In Krisenzeiten kann er den Notstandsartikel 16 anwenden, der ihm nahezu uneingeschränkte Vollmachten gibt, oder wie nach den Anschlägen vom 13. November 2015 den Ausnahmezustand verhängen.
Der Staatschef ist gegenüber dem Parlament nicht verantwortlich und kann die Nationalversammlung auflösen. Durch eine 2007 beschlossene Verfassungsänderung ist er im Amt vor Strafverfolgung ausdrücklich geschützt. Das Parlament kann den Präsidenten nur bei schweren Amtsverfehlungen mit Zweidrittelmehrheit absetzen.
Seine Macht wird jedoch eingeschränkt, wenn er keine eigene Mehrheit in der Nationalversammlung hat und der Premierminister deswegen aus einem anderen politischen Lager kommt. Eine solche Kohabitation gab es bereits drei Mal, zuletzt 1997 bis 2002. Damals musste der konservative Staatschef Jacques Chirac mit dem sozialistischen Premierminister Lionel Jospin auskommen.
Dass es seit 2002 keine Kohabitation mehr gab, hat einen einfachen Grund: Seitdem wird die Nationalversammlung immer im gleichen Jahr gewählt wie der Präsident. Und die Franzosen haben ihrem gewählten Präsidenten seitdem immer auch eine Parlamentsmehrheit verschafft.
Die Handlungsmöglichkeiten des Präsidenten sind außerdem durch die Mitgliedschaft Frankreichs in der EU und der Eurozone beschränkt. Viele wichtige Entscheidungen werden nicht mehr auf nationaler Ebene, sondern auf EU-Ebene getroffen – und da ist der französische Präsident nur einer unter vielen.
Enges Rennen um den Elysée-Palast
Elf Kandidaten, vier Favoriten und große Sorge vor Anschlägen: In Frankreich wird am Sonntag die erste Runde der Präsidentschaftswahl abgehalten. Die wichtigsten Fragen rund um den Urnengang:
Wie läuft die Wahl ab?
Am Sonntag entscheiden die Franzosen im ersten Wahlgang darüber, welche beiden Kandidaten es in die Stichwahl vom 7. Mai schaffen. Zur Wahl aufgerufen sind knapp 47 Millionen Franzosen. Ihre Stimme abgeben können sie in einem von mehr als 69.000 Wahlbüros. Die Wahllokale sind von 8.00 Uhr bis 19.00 Uhr geöffnet, in einigen großen Städten bis 20.00 Uhr. Laut Gesetz dürfen die ersten Hochrechnungen nicht vor 20.00 Uhr veröffentlicht werden, um Wähler nicht zu beeinflussen.
Wie wird die Wahl gesichert?
Mit der Attacke auf den Pariser Champs-Elysées vom Donnerstagabend ist die Sorge vor Anschlägen am Wahlsonntag noch einmal gestiegen. Die Regierung mobilisiert ein beispielloses Sicherheitsaufgebot: Mehr als 50.000 Polizisten und tausende Soldaten werden am Sonntag im Einsatz sein, unter anderem zum Schutz der Wahllokale. Erstmals findet in Frankreich eine Präsidentschaftswahl im Ausnahmezustand statt. Dieser wurde nach den Pariser Anschlägen vom 13. November 2015 verhängt.
Welche Kandidaten haben Chancen auf die Stichwahl?
Umfragen sagen einen Vierkampf voraus: An der Spitze steht der unabhängige Mitte-Kandidat Emmanuel Macron mit rund 24 Prozent, gefolgt von der Rechtspopulistin Marine Le Pen, dem konservativen Ex-Premier François Fillon und dem Linksaußen Jean-Luc Mélenchon. Benoît Hamon von den regierenden Sozialisten landet weit abgeschlagen auf dem fünften Platz. Die anderen sechs Kandidaten landen allesamt unter fünf Prozent. Der Anschlag auf den Champs-Elysées könnte aber noch Einfluss auf den Wahlausgang haben.
Was bedeutet ein Erfolg im ersten Wahlgang?
Wer auch immer im ersten Wahlgang die meisten Stimmen bekommt: Eine Garantie für einen Sieg in der Stichwahl ist das nicht. In der Geschichte von Frankreichs Fünfter Republik wurde schon drei Mal der Erstrundensieger in der Stichwahl geschlagen. Entscheidend für den zweiten Wahlgang ist, wie sich die Stimmen der Wähler der ausgeschiedenen Kandidaten verteilen.
So gilt es als höchst unwahrscheinlich, dass die Rechtspopulistin Le Pen das Rennen macht, wenn sie in die Stichwahl kommt. Umfragen zufolge würde eine deutliche Mehrheit der Franzosen in der zweiten Wahlrunde für Le Pens Gegner stimmen – egal, ob der Macron, Fillon oder Mélenchon heißt.
Kann Frankreichs künftiger Präsident durchregieren?
Frankreichs scheidender Staatschef François Hollande wird seinem Nachfolger das Amt spätestens am 14. Mai übergeben. Doch ob der gewählte Präsident auch eine Regierungsmehrheit bekommt, entscheidet sich erst im Juni. Dann wählen die Franzosen eine neue Nationalversammlung.
In den vergangenen 15 Jahren hat der frisch gewählte Präsident immer auch eine Parlamentsmehrheit bekommen und konnte damit seinen Wunschkandidaten als Premierminister einsetzen. Unklar ist, ob es dieses Jahr auch so sein wird. Womöglich muss sich der Präsident mit einer sogenannten Kohabitation, abfinden, bei welcher der Premier aus einem anderen politischen Lager kommt.
(afp/dts/dpa/so)
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