Politische Krise in Frankreich: Le Pen plant mit Linken Regierung zu Fall zu bringen
Frankreich könnte schon am Mittwoch keine voll handlungsfähige Regierung mehr haben. Falls es nicht einen Coup in letzter Minute gibt, werden Rechts- und Linksgerichtete gemeinsam für einen Misstrauensantrag stimmen und damit die seit drei Monaten amtierende Regierung von Premierminister Michel Barnier zu Fall bringen. Zünglein an der Waage ist die rechtsgerichtete Partei Rassemblement National (RN), die sich jahrelang um ein staatstragendes Image bemüht hatte.
Es stellt sich die Frage, warum RN-Fraktionschefin Marine Le Pen ihre Strategie so drastisch geändert hat. Warum nutzt sie nicht ihre komfortable Lage, um der Regierung immer mehr Zugeständnisse abzutrotzen? In dieser Hinsicht war der RN schon recht erfolgreich. Barnier bewegte sich seit seiner Ernennung konsequent auf die RN zu. Die linke Opposition prangerte häufig an, die Regierung sei nur noch eine „Marionette“ in der Hand der Rechtsaußen-Partei.
In den vergangenen Tagen hakte Barnier nahezu die gesamte Liste an Forderungen der RN ab und gab dabei ein Sparvorhaben nach dem anderen auf: Ok, keine Erhöhung der Stromsteuer. Na gut, weniger Geld für die medizinische Versorgung von Migranten. Wenn’s sein muss, auch keine höhere Zuzahlung zu Medikamenten. Doch Le Pen zog immer neue „rote Linien“. Dies hätte sie theoretisch auch weiter tun können, denn die Regierung sollte bis zum Jahresende noch drei Haushaltsgesetze verabschieden.
Le Pens Strategie und persönliche Agenda
Wenn sich der RN nun gemeinsam mit ihren linken Erzfeinden am Sturz der Regierung beteiligt, dann dürfte das viele Wähler vergrätzen, die die Partei in den vergangenen Jahren aus dem konservativen Lager angezogen hatte. Aber möglicherweise blickt Le Pen schon weit über den Sturz von Barnier hinaus. „Le Pen hat eine persönliche Agenda“, hieß es am Dienstag im Umfeld des Premierministers.
Le Pens Agenda ist vor allem von zwei Terminen bestimmt: 2027 will sie zum vierten Mal bei der Präsidentschaftswahl antreten, die sie nach manchen Umfragen gewinnen könnte. Und im März steht ein Urteil im Veruntreuungsprozess an, der genau dies verhindern könnte. Wenn die Richter der Staatsanwaltschaft folgen, dann könnten sie Le Pen mit sofortiger Wirkung verbieten, bei Wahlen anzutreten.
Es deutet vieles darauf hin, dass Le Pens eigentliches Ziel nicht die aktuelle Regierung, sondern Präsident Emmanuel Macron ist. In einer solchen Krise gebe es für den Präsidenten nur drei Auswege, sagte Le Pen am Montag. Er könne das Parlament auflösen – aber das sei frühestens im nächsten Sommer möglich. Er könne die Regierung umbilden – aber die nächste hätte auch keine Mehrheit. „Es bleibt sein eigener Rücktritt“, sagte Le Pen.
Macron unter Druck
Macrons Abschied fordern auch die Linken. „Wenn Barniers Regierung stürzt, dann stellt sich natürlich die Frage nach dem Rücktritt des Präsidenten“, betonte Parteikoordinator Manuel Bompard. Er forderte Innenminister Bruno Retailleau auf, das Land auf eine mögliche vorgezogene Präsidentschaftswahl vorzubereiten. Und auch im Regierungslager denken einige Hinterbänkler bereits laut über diese Möglichkeit nach.
Der, den dies in erster Linie betrifft, weilt derzeit auf einem dreitägigen Staatsbesuch in Saudi-Arabien, samt Staatsbankett beim Kronprinzen. Macron wird erst am Mittwoch zurückerwartet – und könnte dann eine Regierung vorfinden, die nur noch geschäftsführend im Amt ist.
Doch der Präsident ist keiner, der schnell aufgibt. Möglicherweise ist er sogar ganz froh darüber, seinen ungeliebten Premierminister loszuwerden und selber wieder ins Zentrum des Geschehens zu rücken. Es wird spekuliert, dass Macron Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, einen engen Verbündeten, zum nächsten Premierminister ernennt.
Dass dieser eine Mehrheit im Parlament zusammenbekommt, ist allerdings eher unwahrscheinlich. Die politische Krise dürfte sich noch länger hinziehen. (afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion