Frankreich ist schockiert: Die Affäre Benalla

Macron versprach, die französische Politik transparenter und sauberer zu machen - seine aktuellen Reaktionen auf die Affäre Benalla zeigt das Gegenteil. Sowohl die Konservativen als auch die Linken wollen einen Misstrauensantrag gegen die Regierung stellen, 80 Prozent der Franzosen sind schockiert.
Epoch Times27. Juli 2018

„Die Benalla-Affäre lähmt den Staat bis in die Spitzen. Der Elysée-Palast ist in völliger Stille eingemauert (…), die Nationalversammlung hat am Sonntag ihre Arbeit (…) ausgesetzt. Die Lähmung ist vollständig. Vor (Innenminister) Gérard Collombs Anhörung vor dem Untersuchungsausschuss des Parlaments am Montag hielt die Gefolgschaft Macrons den Atem an. Der Präsident selbst hingegen bleibt unsichtbar.“ Das schreibt die linksgerichtete Pariser Tageszeitung „Libération“ zu den aktuellen Ereignissen in Frankreich.

Die Zeitung „Le Monde“ hatte vor einigen Tagen ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen ist, wie der „Elysee Chief Security Officer“ Alexandre Benalla und der ebenfalls beschuldigte Angestellte der Regierungspartei LREM, Vincent Crase, bei der Kundgebung am 1. Mai Demonstranten heftig angehen und schlagen. Benalla trug dabei einen Polizeihelm, obwohl er nicht Polizist ist. Erst nach den Veröffentlichungen durch „Le Monde“ nahm die Staatsanwaltschaft Ermittlungen auf. Am Sonntag wurde ein Verfahren eingeleitet.

80 Prozent der Franzosen sind schockiert – Macron hatte zur Wahl Transparenz und Sauberheit in der Politik versprochen

Dass sich Macron bislang nicht öffentlich zu dem Fall geäußert hat, wirkt sich auf seine Umfragewerte aus: In einer am Dienstag veröffentlichten Ipsos-Umfrage äußerten 60 Prozent der Befragten eine negative Meinung. In einer Umfrage des Instituts Elabe zeigten sich 80 Prozent „schockiert“ über den Skandal, 75 Prozent forderten eine Erklärung Macrons.

Die „Neue Zürcher Zeitung“ schreibt:

„Benalla hatte nicht nur seine Position missbraucht. Er hat sich sehr wahrscheinlich strafbar gemacht. Doch Macron hatte geglaubt, die Sache intern regeln und sie damit unter den Teppich kehren zu können – sei es, weil er seinem Vertrauensmann eine zweite Chance geben wollte, sei es, weil er glaubte, sich das in seiner Position erlauben zu können. (…) Nur 14 Monate hat es gedauert, bis auch dieser französische Präsident einen Skandal am Bein hat. (…) Im Wahlkampf hatte er versprochen, die französische Politik transparenter und sauberer zu machen; ein entsprechendes Gesetz war eines der ersten, die in seiner Amtszeit verabschiedet wurden. Nun hat er selbst Zweifel an seiner Aufrichtigkeit geweckt.“

Emmanuel Macron (R) und sein „Elysee Chief Security Officer“ Alexandre Benalla, 12. April 2018. Foto: CHARLY TRIBALLEAU/AFP/Getty Images

Wer ist Alexandre Benalla?

Meiden im Ausland berichten über Alexandre Benalla, so schrieb Voltairenet.org:

„Alexandre Benalla hatte die Aufgabe, ein französisches Pendant zum US-Geheimdienst zu schaffen. Diese Agentur, die dem Homeland Security Department angegliedert ist, ist für den Schutz des Präsidenten der Vereinigten Staaten und hoher Persönlichkeiten zuständig. Präsident Macron hatte bereits eine ‚Task Force‘ zur Bekämpfung des Terrorismus im Elysée unter der Leitung von Präfekt Pierre Bousquet von Florian eingesetzt. Trotz seines jungen Alters wurde Herr Benalla, den die algerische Presse in Verbindung mit den marokkanischen Geheimdiensten (DGED) vorstellt, als Leiter des künftigen Geheimdienstes der Elysée angesprochen.“

Ein andere Seite, valeursactuelles.com schreibt:

„Alexandre Benalla, der am 1. Mai in Paris gegen einen als Polizisten getarnten Demonstranten gefilmt wurde, hatte geheime Verbindungen zu einem saudischen Prinzen. Wie auf der Website von Intelligence Online am Mittwoch, dem 25. Juli, bekannt wurde, ist der Auftrag des Elysée seit dem 23. Juni 2017 in das Schutzsystem von Mohammed bin Salman, Kronprinz und stellvertretender Premierminister von Saudi-Arabien, integriert.“

Demonstration am 27. Juli 2018 gegen das Gebaren von Macron: Sie fordern seinen Rücktritt. Foto: JACQUES DEMARTHON/AFP/Getty Images

Macron hat die Verantwortung übernommen – allerdings nicht öffentlich

Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron hat für seinen Sicherheitsmitarbeiter Benalla die Verantwortung übernommen – allerdings nicht öffentlich. „Der Verantwortliche, der einzig Verantwortliche, bin ich und ich allein“, sagte Macron am Dienstag bei einem Treffen mit Abgeordneten seiner Partei La République en Marche (LREM). Das Vorgehen seines Ex-Mitarbeiters bezeichnete er als „Verrat“.

„Wenn sie nach einem Verantwortlichen suchen, er steht vor Ihnen“, sagte Macron laut einem Mitschnitt des Gesprächs, welcher der Nachrichtenagentur AFP vorliegt.

„Ich bin derjenige, der Alexandre Benalla vertraut hat“, sagte Macron mit Blick auf seinen Ex-Sicherheitsmitarbeiter weiter. Benalla habe ihn im Wahlkampf unterstützt, „die Vorfälle vom 1. Mai“ empfinde er aber als „eine Enttäuschung oder einen Verrat“, sagte der Präsident. Er versicherte zugleich, dass „niemand davor geschützt“ worden sei, mit den Gesetzen des Landes konfrontiert zu werden.

Öffentlich äußerte sich Macron zunächst weiterhin nicht.

Anhörung von Macron gefordert

Benalla war nach dem Vorfall im Mai für zwei Wochen ohne Bezahlung suspendiert und in die Verwaltung versetzt worden. Dennoch wurde er mehrfach im Sicherheitsumfeld des Präsidenten gesehen. Am Freitag wurde er endgültig entlassen.

Politische Gegner Macrons forderten auch eine Anhörung des Präsidenten selbst.

Die konservative Pariser Tageszeitung „Le Figaro“ kommentiert die nach langem Schweigen nicht öffentlich getätigte Äußerung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Affäre um seinen prügelnden Ex-Sicherheitsmitarbeiter Alexandre Benalla:

„(…) Macron übernimmt die vollständige und umfassende Verantwortung. Hinweis an seine durch den Wirbel und seine politischen Auswirkungen verstörte Mehrheit: Der Chef ist da – und wie! Hinweis an die Opposition, die einen Misstrauensantrag gegen den Premierminister ankündigte: Die wahre Zielscheibe bleibt außer Reichweite. Späte, aber willkommene Demonstration von Autorität. Wird sie zur Besänftigung des Sturms reichen (…)? Das ist eine ganz andere Geschichte. (…) Was die Franzosen jetzt wissen wollen, sind die persönlichen Lehren, die er aus diesem Schlamassel zieht, und was er zu tun gedenkt, damit sich derartige Fehler nicht mehr wiederholen (…)“

Emmanuel Macron (C) am 17. Juni 2017 auf dem Weg zum Tennisplatz vor seinem Haus in Le Touquet, northe in Nordfrankreich. LinksElysee senior security officer Alexandre Benalla (L). Foto: PHILIPPE HUGUEN/AFP/Getty Image

Konservative und Linke wollen Misstrauensantrag gegen die Regierung stellen

Frankreichs Konservative wollen wegen der Affäreeinen Misstrauensantrag gegen die Regierung stellen. „Wir wollen, dass die Regierung sich erklärt“, Regierungschef Edouard Philippe habe diesen Wunsch jedoch zurückgewiesen, sagte der Fraktionschef der Oppositionspartei Les Républicains (LR, Die Republikaner), Christian Jacob, am Dienstag in Paris.

Auch die linke Opposition in der französischen Nationalversammlung will wegen der Affäre um die Prügel-Attacke einen Misstrauensantrag gegen die Regierung stellen.

Über den gemeinsame Text von Sozialisten, Kommunisten und der Linkspartei La France Insoumise (Das unbeugsame Frankreich) soll am Dienstag im Parlament entschieden werden, sagten die drei Fraktionsvorsitzenden am Freitag in Paris.

„Wir haben uns geeinigt, wir haben einen gemeinsamen Text“, sagte die sozialistische Fraktionschefin Valérie Rabault. Der Antrag soll von André Chassaigne, Fraktionschef der Kommunisten, im Parlament verteidigt werden. Teil der Debatte am Dienstag ist auch ein weiterer Misstrauensantrag, den die konservative Oposition bereits Anfang dieser Woche angekündigt hatten. Allerdings soll über die beiden Anträge separat abgestimmt werden.

Ein Misstrauensantrag muss von mindestens 58 Abgeordneten unterzeichnet werden, die Linkspartei zählt 17 Mitglieder. Die Sozialisten änderten ihre Haltung nach Angaben von Fraktionschefin Rabault, um ein Zeichen der Einheit der zerstrittenen französischen Linken auszusenden.

Anhörung von Macrons Büroleiter vor der Nationalsversammlung

Macrons Büroleiter Patrick Strzoda sagte bei einer Anhörung unter Eid vor der Nationalversammlung, er habe Benallas Suspendierung und Degradierung angeordnet. Es habe jedoch keine Beschwerde gegen Benalla gegeben; überdies habe eine Untersuchung der Polizeiaufsichtsbehörde keine Unregelmäßigkeiten gemeldet.

Ein Blick auf die Anhörung von Patrick Strzoda. Foto: THOMAS SAMSON/AFP/Getty Images)

Macrons Büroleiter Patrick Strzoda habe deshalb keinen Grund gesehen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Er sei der Auffassung gewesen, dass er „auf seiner Ebene nicht genügend Elemente“ gehabt habe, die einen solchen Schritt „gerechtfertigt“ hätten.

Die Vorsitzende der Polizeiaufsichtsbehörde, Marie-France Monéger-Guyomarc’h, sagte ebenfalls am Dienstag aus. Sie erklärte, die Polizei habe keinen Grund gehabt, anzunehmen, dass die Person in dem Benalla-Video kein Polizist gewesen sei und dass das gewaltsame Vorgehen durch einen Polizisten „nicht illegitim“ wäre.

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Innenminister Collomb weist jegliche Schuld von sich

In der Affäre um den Ex-Sicherheitsmitarbeiter von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat Innenminister Gérard Collomb jegliche Schuld von sich gewiesen und die Verantwortung für mögliche Fehler dem Präsidialamt sowie der Polizeiführung zugewiesen.

„Es lag an ihnen, tätig zu werden“, sagte Collomb am Montag während einer Anhörung in der Nationalversammlung. Dem ehemaligen Macron-Mitarbeiter Alexandre Benalla wird Gewalt gegen Demonstranten vorgeworfen.

Neben Benalla und Crase laufen auch Ermittlungen gegen drei Polizisten, die Benalla Videomaterial von Überwachungskameras der Stadt Paris beschafft haben sollen. Oppositionelle Abgeordnete hatten den Rücktritt des Innenministers gefordert, sollte dieser von dem Vorfall gewusst, aber geschwiegen habe.

Collomb sagte nun, er sei am 2. Mai über die Existenz eines Videos unterrichtet worden, das Gewaltanwendung durch Benalla zeige. Seine Mitarbeiter hätten zu diesem Zeitpunkt bereits die Polizeipräfektur und das Präsidialamt darüber informiert, sagte er weiter. Das sei der richtige Schritt gewesen, da es der höher gestellten Behörde obliege, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. (afp/ks)



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