Frankreichs Geheimdienst: Es droht eine Reihe systemischer Gefahren
Bis 2028 wird der französische Auslandsgeheimdienst DGSE seine legendären Räumlichkeiten in Paris verlassen und nach Fort Neuf in Vincennes umziehen.
Die künftige Zentrale der DGSE (Direction Générale de la Sécurité Extérieure) soll 2031 ihren Betrieb aufnehmen. Vorgesehen ist ein Budget von 1,3 Milliarden Euro.
Fort Vincennes, eine Stadt im Osten von Paris, wurde 2021 offiziell als Standort für die neuen Räumlichkeiten bestimmt. Dort bietet ein 20 Hektar großes Kasernengelände die doppelte Kapazität des derzeitigen Hauptsitzes.
DGSE warnt vor kommenden Bedrohungen
Unter Europas Geheimdiensten gilt der französische Auslandsgeheimdienst als besonders verschwiegen. In etwa ist der die DGSE mit dem Auslandsgeheimdienst der Vereinigten Staaten, dem Central Intelligence Agency (CIA) vergleichbar. In der französischen TV-Serie „Büro der Legenden“ wird die Arbeit des Dienstes angedeutet.
Der Umzug geht mit einer Modernisierung und Umstrukturierung einher. Wie teuer der Umzug wird, ist noch unklar. Derzeit stehen dem Auslandsgeheimdienst 800 Millionen Euro bei rund 7.000 Mitarbeitern zur Verfügung.
Ende Dezember 2024 wurde Nicolas Lerner, bislang Leiter des wichtigsten französischen Inlandgeheimdienstes DGSI, mit der DGSE-Leitung betraut. Lerner warnt:
Irgendetwas sagt mir, dass wir im Jahr 2030 mit einer Reihe systemischer Bedrohungen konfrontiert sein werden.“
Das seien sich verändernde terroristische Bedrohungen, der Wettbewerb zwischen Staaten, neue Konfliktfelder wie der Cyberbereich und der Informationskampf. „All dies entwickelt, mutiert, und verändert sich. Das Immobilienprojekt muss es uns ermöglichen, uns an alle Formen der Bedrohung anzupassen, die zwischen jetzt und 2030 und weit darüber hinaus auftreten werden“, so Lerner.
Die BRICS-Staaten stellen die aus der Nachkriegszeit gewachsene Weltordnung offen infrage. Gleichzeitig ist die Sahelzone, das ehemalige postkoloniale Vorfeld, zu einem schwarzen Loch für Frankreich geworden, das durch aufeinanderfolgende Militärputsche vor dem Hintergrund einer antifranzösischen Stimmung aus Mali, Burkina Faso und Niger vertrieben wurde.
„Wie können wir den fast vollständigen Verlust an Einfluss und Glaubwürdigkeit Frankreichs in der Welt ausgleichen?“, fragt sich Alain Chouet, ehemaliger hochrangiger Mitarbeiter der DGSE. „Die Leute, die mich vor 15 Jahren mit dem roten Teppich empfangen haben, könnte ich heute nicht mehr sehen“, so Chouet.
Risikofreudig: Was macht die DGSE so besonders?
Außenpolitisch spielt die DGSE eine wichtige Rolle in der französischen Politik. Der Dienst agiert, wo normale Mittel des Staates nicht ausreichen. Bernard Émié, Generaldirektor für äußere Sicherheit, erklärte vor dem Ausschuss für nationale Verteidigung und Streitkräfte im April 2023:
Wir sind der einzige Sonder- und Geheimdienst in der Geheimdienstgemeinschaft: Einige unserer Handlungen können dem Staat nicht zur Last gelegt, nicht beansprucht und nicht zugeschrieben werden.“
Von den Mitteln, die dem DGSE zufließen, profitiere die gesamte Geheimdienstgesellschaft. Drei Besonderheiten des Dienstes verdeutlichen seine Rolle.
Mit eigener paramilitärischer Einheit
Zum einen ist der Dienst – im Gegensatz zu anderen Geheimdiensten Europas – dem Verteidigungsministerium unterstellt. Bis in die 1990er-Jahre war er zudem der militärische Nachrichtendienst Frankreichs.
Zum Zweiten führt der Auslandsgeheimdienst eine eigene paramilitärische Einheit, den Action Service (AS). Eingesetzt für Sabotageaktionen, Entführungen, Tötungen oder Geiselbefreiungen schafft diese Abteilung es nur selten in die Medien. Es sei denn, eine Aktion misslingt.
Eine der wenigen bekannten Operationen war der Sprengstoffanschlag auf die „Rainbow Warrior“, einem Schiff von Greenpeace, das 1985 gegen französische Atomwaffentests im Pazifik protestierte. Ein niederländischer Fotograf an Bord des Schiffes kam dabei ums Leben.
Bekannt ist auch der Einsatz der DGSE nach den Terroranschlägen von 2015 in Paris. Zudem wurden bei einem Flugzeugabsturz im Oktober 2016 auf Malta Missionen in Syrien, dem Iran und Libyen deutlich, als drei DGSE-Paramilitärs ums Leben kamen. Das berichtete der „Malta Independent“.
Der Action Service besteht aus drei Einheiten, die vom französischen Heer, der Luftwaffe und der Marine geleitet werden. Mit dem Start des Nachrichtenmagazin „Terre Mag“ der französischen Heeresverwaltung erfuhr die Öffentlichkeit, dass die zuständige Heereseinheit (CPIS) „Dutzende“ von „handverlesenen“ Soldaten auf „heimliche Zwangs- und Guerillaaktionen“ in Krisengebieten vorbereitet, insbesondere „dort, wo Spezialkräfte nicht operieren dürfen“.
Der CPIS-Korpsleiter sagt:
Unsere Agenten handeln außerhalb des gesetzlichen Rahmens. Das ist der Hauptunterschied zu Spezialkräften oder Streitkräften im Allgemeinen.“
Schwarze Kasse für Einsätze
Bekannt ist zum Dritten, dass eine inoffizielle Schwarze Kasse unterhalten wird, die es dem Dienst ermöglicht, vollkommen unabhängig zu agieren – auch bei einer Absetzung oder Tötung von Regierungsmitgliedern.
Schon nach dem Ersten Weltkrieg sollen französische Geheimdienstler und Militärs mit dem Aufbau der Kasse begonnen haben. Zwischenzeitlich sollen diese Mittel von 20 bis 30 Millionen Euro umfasst haben und dafür genutzt worden sein, Geheimaktionen zu finanzieren, jenseits jeglicher parlamentarischen Kontrolle. Auch Lösegeldforderungen sollen daraus beglichen worden sein.
BND erhält Hinweise ausländischer Dienste
Innerhalb Europas nimmt der Dienst aus diesen Gründen eine Sonderstellung ein. Die rechtlichen Spielräume der deutschen Geheimdienste sind geringer als die der DGSE – und Deutschland immer stärker auf Partnerdienste im Ausland angewiesen.
Bruno Kahl, seit 2016 Präsident des Bundesnachrichtendienstes, sprach sich 2024 im Bundestag für „mehr operative Beinfreiheit“ des BND aus. Die deutschen Geheimdienste fordern mehr Befugnisse und weniger Bürokratie angesichts von hybrider Kriegsführung und Terrorgruppen.
Dem zuvor gegangen war ein Anschlagsplan auf die israelische Botschaft in Berlin, der durch konkrete Hinweise ausländischer Nachrichtendienste verhindert werden konnte.
(Mit Material der französischen Epoch Times)
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