Frankreich: Weitere Proteste der Bauern angekündigt – Lkw-Verkehr nach Paris soll stillstehen
Die protestierenden Bauern in Frankreich haben zwar einige zuvor besetzte Fernverkehrsstrecken wieder freigegeben. Dennoch wollen einige Verbände unabhängig von jüngsten Zusagen der Regierung ihre Aktionen in der kommenden Woche fortsetzen.
Wie „France 24“ berichtete, war am Samstag, 27.1., immer noch die A7, die durch Südfrankreich und nach Spanien verläuft, blockiert. Ebenso waren kleinere Straßen, ebenfalls im Süden des Landes, nach wie vor nicht benutzbar. Nach wie vor laden Berichten zufolge vereinzelt Landwirte stinkende Betriebsabfälle vor den Eingängen von Regierungsbehörden ab.
Attal sagt zu: Frankreich wird Abkommen mit Mercosur nicht in Kraft setzen
Autobahnbetreiber Vinci Autoroutes zufolge seien jedoch die Blockaden auf zwei Autobahnen, die nach Paris führen, aufgehoben. Wieder passierbar sei außerdem die Strecke von Lyon nach Bordeaux. Für die kommende Woche haben einzelne Bauernverbände neuerliche Blockaden um Paris ab Sonntagabend angekündigt.
Die Landwirte protestieren seit mehreren Tagen landesweit. Ähnlich wie in Deutschland geht es unter anderem um geplante Steuererhöhungen für Agrardiesel. In Frankreich hat Premierminister Gabriel Attal diesbezüglich eingelenkt – und noch weitere „sofortige Vereinfachungsmaßnahmen“ für Bürokratieabbau zugesagt.
Zudem bestätigte Attal, dass Frankreich auch weiterhin nicht bereit sei, die Inkraftsetzung eines Freihandelsabkommens zwischen der Europäischen Union und den Mercosur-Ländern voranzutreiben.
Bauern wollen nächste Woche Paris blockieren
Eigentlich ist ein solcher Vertrag bereit seit 2019 ausgehandelt. Mittlerweile stößt jedoch die Umsetzung auf Schwierigkeiten. Französische Bauern werfen den lateinamerikanischen Ländern vor, landwirtschaftliche Güter zu Dumpingpreisen auf den europäischen Markt bringen zu wollen.
In Lateinamerika selbst wachsen ebenfalls die Widerstände. Dort zeigt man sich nicht bereit, Umweltauflagen zu akzeptieren, die vonseiten der EU verlangt werden. Diese selbst gibt einen erheblichen Teil ihrer Haushaltsmittel dafür aus, eigene Bauern zu subventionieren. Gleichzeitig versucht sie, Anbietern aus Drittländern den Marktzutritt zu erschweren. Umwelt- und Klima-Anliegen werden dabei häufig als Begründung herangezogen.
Arnaus Rousseau, der Präsident des einflussreichsten Bauernverbandes FNSEA, erachtet die Zugeständnisse der Regierung nicht als weitreichend genug. Zuletzt sprach die Gendarmerie von landesweit etwa 40 Aktionen in 28 von 101 Départements.
Bis zum Montag könnte sich die Anzahl jedoch noch einmal deutlich nach oben bewegen. Die „Gewerkschaft Junge Landwirte“ und der FNSEA wollen Paris und dessen inneren Vorortgürtel blockieren. Es soll „kein Lastwagen in der Lage sein, die Hauptstadt zu versorgen“, äußerte ein Sprecher der „Jungen Landwirte“ gegenüber dem Fernsehsender BFMTV.
Landwirte protestieren auch in anderen Ländern
Attal und Landwirtschaftsminister Marc Fesneau hatten den Verbandspräsidenten Rousseau jüngst getroffen. Dieser übergab ihnen eine 140-Punkte-Liste mit Forderungen, die neben dem Schutz von Agrardiesel auch auf Bürokratieabbau und weniger Umweltauflagen gerichtet waren. Der Premier sagte neben Erleichterungen beim Agrardiesel auch einen „drastischen Abbau“ bestimmter technischer Verfahren zu.
Neben Frankreich waren zuletzt auch Deutschland, Polen, die Niederlande und Rumänien Schauplätze von Bauernprotesten. Die Probleme der Betroffenen sind jeweils ähnlich. Während die Einkommen unsicher und von der Witterung abhängig sind, fressen steigende Kosten die Erleichterungen auf, die von den Subventionen herrühren.
Dazu kommen immer weitreichendere Umwelt- und Klimaschutzvorschriften durch nationale Regierungen und die EU. Von geplanten Freihandelsabkommen erwarten sich die Landwirte weitere Nachteile.
Hohe Armut und hohe Suizidrate unter Frankreichs Bauern
Mit 17,4 Prozent ist der Anteil der landwirtschaftlichen Haushalte, die unterhalb der Armutsgrenze leben, höher als bei Arbeitern (13,9 Prozent) und Angestellten (12,1 Prozent). Zudem ist er fast doppelt so hoch wie der nationale Durchschnitt (9,2 Prozent), so das nationale Statistikinstitut INSEE.
Wie „France 24“ ebenfalls berichtete, ist die Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe im Laufe der 2010er-Jahre um nicht weniger als 21 Prozent gesunken. Etwa 100.000 mussten schließen. Der Sozialversicherungsanstalt Mutuelle sociale agricole (MSA) zufolge war die Selbstmordrate unter Bauern zwischen 15 und 64 Jahren im Jahr 2020 um 43,2 Prozent höher als der nationale Durchschnitt.
Die Situation für die Landwirte dürfte sich aufgrund der demografischen Entwicklung auch perspektivisch kaum entspannen. Weniger Abnehmer auf dem Inlandsmarkt bei mehr Konkurrenz und technologischen Entwicklungen werden weitere Konzentrationstendenzen zur Folge haben. Weniger, aber größere Betriebe mit viel Technik und Kapital, aber weniger Beschäftigten könnten die Oberhand erlangen.
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