Frankreich-Wahl: Mitte-links oder rechts?
Am Sonntag hat Frankreich in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen entschieden: Emmanuel Macron und Marine Le Pen werden sich am 24. April in der Stichwahl gegenüber stehen.
Nun haben die Wähler zwei Wochen Zeit. Le Pen spricht von einer „grundlegenden Entscheidung zwischen zwei gegensätzlichen Zukunftsvisionen“.
Auch der französische Abgeordnete Alexandre Holroyd meint, Wähler müssten nun zwischen „zwei sehr unterschiedlichen Ansichten“ über die Zukunft entscheiden. Macrons Parteianhänger sagte gegenüber „France24“, dass Macron zwar den ersten Wahlgang gewonnen hat, bis zum zweiten Wahlgang könne jedoch „noch alles passieren“.
„Präsidentin für alle Franzosen“
In einer Ansprache am Wahlabend versprach Le Pen, „eine Präsidentin für alle Franzosen“ zu sein, allerdings befürchten EU-Beamte, mit Le Pen würde sich Frankreich von der EU abwenden.
Das schlechte Abschneiden der Mitte-Links- und Mitte-Rechts-Parteien sei ein „schwerer Schlag“ für die EU, so ein Korrespondent der France24 aus Brüssel. In der Ukrainekrise hätten Beamte keine Zeit und auch kein so großes Interesse an der Frankreich-Wahl gezeigt, weil sie dachten, Macron würde sicher gewinnen.
Als die Prognosen in den letzten zwei Wochen ein enges Rennen ankündigten, zeigten sie sich besorgt. Le Pens Erfolg würde eine „existenzielle Krise“ für die EU bedeuten, meinen sie. Im Falle ihrer Wahl würde die Politikerin nämlich darauf abzielen, „die EU von innen heraus aufzulösen“ und Frankreich aus der NATO-Kommandostruktur herauszuziehen, so der Korrespondent.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock nannte es mit Blick auf den Ukrainekrieg wichtig, „dass wir gerade in diesen Zeiten gemeinsam als Europäerinnen und Europäer stark zusammenstehen“. Weiter wollte sie sich zu dem Wahlergebnis in Frankreich nicht äußern.
Wer stellt sich hinter wen?
Die Wahlbeteiligung lag am 10. April bei etwa 74 Prozent – 2017 waren es vier Prozent mehr. Laut einer Auswertung von „Economist“ haben 58 Prozent der Wähler für einen populistischen, nationalistischen oder radikalen Kandidaten der Linken oder der Rechten gestimmt, weit mehr als im Jahr 2017. Nun ist die Frage, wie sich die Wähler der im ersten Wahlgang ausgeschiedenen Kandidaten entscheiden werden.
In der zweiten Runde wird Le Pen wahrscheinlich nicht nur vom konservativen Eric Zemmour unterstützt, sondern auch von Wählern, deren erste Wahl Jean-Luc Mélenchon von der Linken und Valérie Pécresse von der rechten Mitte war, analysiert Economist. Das Blatt mutmaßt gleichzeitig, dass viele, die Kandidaten der Sozialisten oder Grünen gewählt haben, bei der Stichwahl lieber zu Hause bleiben werden als für Macron zu stimmen.
Der Ausgang könnte vor allem davon abhängen, welcher Kandidat die Unterstützung von Mélenchon von der Linken gewinnt. Er hat bei der ersten Runde mit 22 Prozent abgeschnitten. Seine Wähler scheinen jedoch gespalten zu sein, wen sie im zweiten Wahlgang unterstützen sollen, schreibt „Politico“.
Jüngsten Umfragen von „Ipsos“ zufolge ist die Hälfte von Mélenchons Wählern zwischen Macron und Le Pen gespalten – mit einer leichten Tendenz zu Macron. Die andere Hälfte würde keinen der beiden wählen.
Mélenchon selbst rief die Wähler dazu auf, in der zweiten Runde nicht für Le Pen zu stimmen, ohne jedoch ausdrücklich Macron zu unterstützen. „Wir haben die Wahl zwischen zwei Übeln, die für uns schrecklich sind und die nicht von gleicher Natur sind“, sagte Mélenchon. „Jeder von Ihnen wird sich seinem Gewissen stellen müssen“, sagte er und wiederholte später mehrmals: „Wir dürfen Marine Le Pen keine einzige Stimme geben“.
Debatte am 20. April entscheidend
Weniger widerwillig, so schreibt Policito, stellten sich mehrere andere Konkurrenten sofort hinter Macron für die zweite Runde. Darunter Valérie Pécresse von den konservativen Les Républicains, die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo von den Sozialisten und Yannick Jadot von den Grünen.
Zemmour rief seine Anhänger auf, Le Pen zu wählen, denn sie wird „einem Mann gegenüberstehen, der zwei Millionen Einwanderer nach Frankreich hat einreisen lassen und der während seiner Kampagne kein Wort über Sicherheit und Einwanderung gesagt hat“. Er werde noch Schlimmeres tun, wenn er gewählt wird, sagte der ausgeschiedene Kandidat.
Auf dieser Basis spielt die traditionelle Debatte am 20. April wahrscheinlich eine entscheidende Rolle, denn anders als bei der vergangenen Wahl im Jahr 2017 ist nicht mehr auszuschließen, dass Le Pen in den Elysée-Palast einzieht.
Den ersten Wahlgang gewann Präsident Macron von La République en Marche mit 27,84 Prozent der Stimmen und steigerte damit sein Ergebnis von 24,01 Prozent aus der ersten Runde vor fünf Jahren. Le Pen, die Vorsitzende des Rassemblement National hat 23,15 Prozent der Wählerstimmen für sich entschieden und damit ihr Ergebnis von 21,3 Prozent aus dem ersten Wahlgang von 2017 ebenfalls verbessert.
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