Frankreich: Bis zu 1,4 Millionen protestieren gegen Rentenreform – Straßen und Tanklaster blockiert

In Frankreich debattiert der Senat über die geplante Rentenreform. Im Parlament wurde noch nicht abgestimmt. Derweil legen Proteste das Land lahm.
Streik in Paris.
Streik in Paris.Foto: Lewis Joly/AP/dpa
Von 8. März 2023

Zwischen 1,1 und 1,4 Millionen Menschen sind laut AFP am Dienstag, 7. März, in Frankreich gegen die geplante Rentenreform auf die Straße gegangen. Damit hat die Protestwelle ihre größte Beteiligung seit dem 31. Januar erreicht, an dem landesweit 1,27 Millionen Demonstranten gezählt wurden.

Die Gewerkschaften hatten dazu aufgerufen, das Land durch Streiks „zum Stillstand zu bringen“. Wie „France 24“ berichtet, kam es an Bahnlinien, Straßen und Kreisverkehren in mehreren Städten zu Streikaktionen und Blockaden. Demonstranten versperrten auch Tanklastern den Weg aus den Raffinerien. Auch an Schulen, bei der Müllabfuhr und beim Stromkonzern EDF legten Menschen ihre Arbeit nieder.

Streiks in Frankreich auch für die kommenden Tage zu erwarten

Anlass für den großen Aktionstag ist die Debatte der Rentenreform im Senat. Dorthin hatte es Frankreichs Regierung überwiesen, nachdem es innerhalb einer Frist zu keiner Endabstimmung in der Nationalversammlung gekommen war.

Bis zum Ende der Woche will die obere Parlamentskammer noch beraten. In weiterer Folge soll eine gemischte Kommission aus Abgeordneten beider Häuser zusammentreten. Sollte die Rentenreform im Parlament scheitern, könnte die Regierung versuchen, im Paket vorgesehene Maßnahmen auf dem Verordnungsweg auf den Weg zu bringen.

Die Gewerkschaften wollen den Druck unterdessen aufrechterhalten. Am Mittwoch will man den Streik fortsetzen, auch hier ist mit erheblichen Behinderungen der Mobilität zu rechnen. Bei der staatlichen Bahngesellschaft SNCF und bei der Müllabfuhr ist sogar mit längeren Ausständen zu rechnen. Auch am Samstag sind Proteste gegen die Rentenreform geplant.

Rentenreform will Wildwuchs an Einzelsystemen den Kampf ansagen

Das Vorhaben der französischen Regierung sieht eine schrittweise Anhebung des regulären Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre bis zum Jahr 2030 vor. Gleichzeitig soll die Anzahl der Einzahlungsjahre bis zum Bezug der vollen Altersrente steigen.

Ein voller Rentenanspruch bleibt jedoch weiterhin erst ab 67 Jahren bestehen. Zudem ist geplant, die monatliche Mindestrente auf etwa 1.200 Euro brutto zu erhöhen. Sonderbestimmungen soll es geben für Menschen, die unter besonders harten Bedingungen arbeiten oder bereits sehr lange im Arbeitsprozess stehen.

Die Reform soll das Rentensystem insgesamt einheitlicher und transparenter gestalten, indem sie verschiedene Einzelsysteme mit Privilegien für bestimmte Berufsgruppen abschafft. Dieser Teilbereich der Rentenreform erregt in besonderer Weise den Unmut der Gewerkschaften. Immerhin gehen die Einzelsysteme auf Arbeitskämpfe zurück, die sie für ihre jeweilige Klientel geführt hatten.

Zwei Drittel der Bevölkerung in Frankreich lehnt die Rentenreform ab

Die Regierung sieht die Reform als notwendig an, um das Überleben des Rentensystems angesichts der steigenden Lebenserwartung und sinkenden Geburtenraten zu sichern. Prognosen des französischen Statistikamts INSEE zeigen, dass die Anzahl der Rentner im Jahr 2040 bei etwa 12 Millionen liegen wird. Diesen sollen nur noch etwa 20 Millionen Erwerbstätige gegenüberstehen.

Präsident Emmanuel Macron betont, dass die einzigen möglichen Alternativen zu seinem Reformvorhaben höhere Beiträge oder Abschläge bei der Rentenhöhe wären. Einer aktuellen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Ifop zufolge lehnen gut zwei Drittel der Bevölkerung in Frankreich die Pläne ab.

Vor allem Menschen unter 35 sind am stärksten gegen die Rentenreform eingestellt. Dennoch glaubt nur etwa ein Drittel, dass die Proteste diese noch verhindern können.

(Mit Material von dpa)



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