FPÖ: Hofer-Rücktritt könnte sich für Kickl als Pyrrhussieg erweisen
Der unerwartete Rücktritt des ehemaligen Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer als Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ) droht die innerparteilichen Turbulenzen in der Oppositionspartei weiter zu eskalieren. Am Dienstagnachmittag (1.6.) hatte Hofer unmittelbar nach seiner Rückkehr aus einer Reha-Behandlung via Twitter seinen Rücktritt vom Amt des Parteivorsitzenden erklärt. Wenig später hat er den Tweet, den das Portal „exxpress.at“ zuerst dokumentiert hat, gelöscht. In einem Interview bestätigte Hofer jedoch wenig später seine Entscheidung.
In der Partei tobte bereits seit mehreren Wochen ein Konflikt zwischen Hofer und dem Klubobmann im Nationalrat, Herbert Kickl. Es ging dabei um die Spitzenkandidatur für den Fall einer vorgezogenen Nationalratswahl, die angesichts zunehmender Spannungen innerhalb der türkis-grünen Regierungskoalition für immer wahrscheinlicher gehalten wird.
Strache: „Die Nerven weggeschmissen“
Dass Hofers Entschluss ursächlich mit diesen innerparteilichen Unwägbarkeiten im Zusammenhang steht, hat dieser selbst mittlerweile bestätigt. Er wünschte in seinem gelöschten Tweet zwar „seinem Nachfolger alles Gute“, ohne einen Namen zu nennen. In einer späteren Äußerung, die „oe24“ zitierte, schob er jedoch nach, sein Entschluss habe auch damit zu tun, dass er sich „nicht jeden Tag ausrichten“ lasse, dass er „fehl am Platz“ sei – eine eindeutige Bezugnahme auf seinen Rivalen Kickl.
Hofer will nun in einen „neuen Lebensabschnitt starten“, wie der gegenüber „exxpress.at“ betont. Dies sei gleichbedeutend mit einem vollständigen Rückzug aus der Politik. Hofer werde zwar noch bis zum Ende der Legislaturperiode seine Funktion als Dritter Nationalratspräsident ausüben. Eine neuerliche Kandidatur bei den Bundespräsidentschaftswahlen im nächsten Jahr komme jedoch nicht in Betracht. Hofer erklärte weiter, er sei jemand, der „den Konsens sucht und Brücken baut”. Damit habe er in der FPÖ jedoch zunehmend weniger Erfolg gehabt.
Der frühere FPÖ-Parteichef und Vizekanzler Heinz-Christian Strache erklärte in einer Reaktion auf derselben Plattform, Hofer habe „die Nerven weggeschmissen“. Er geht davon aus, dass der Nationalratsabgeordnete Harald Stefan als Interimschef die Geschäfte weiterführen und zeitnah einen Parteitag einberufen wird.
Österreicher hätten Norbert Hofer bevorzugt
Ob der Rückzug Hofers seinem Rivalen Kickl den Weg zum Parteivorsitz und einer künftigen Spitzenkandidatur ebnen wird, ist noch nicht gewiss. Die Entscheidung Hofers könnte sich für ihn auch als Pyrrhussieg erweisen, da er als Person und im Hinblick auf seinen politischen Stil in- und außerhalb der Partei nicht unumstritten ist.
Erst vor wenigen Tagen hatte das Magazin „Profil“ eine Umfrage präsentiert, die in der Meinung der Österreicher insgesamt ein deutliches Gefälle zwischen Hofer und Kickl in der Beliebtheitsskala erkennen ließ. Demzufolge erklärten 48 Prozent aller Befragten, Hofer für einen geeigneteren Spitzenkandidaten der FPÖ im Fall einer vorgezogenen Nationalratswahl zu halten. Kickl kam demgegenüber nur auf 16 Prozent. Auch in Politikerrankings der Vergangenheit landete er mehrfach abgeschlagen auf dem letzten Platz.
Kickls Kurs auch innerparteilich nicht unumstritten
Unter den FPÖ-Wählern selbst hatte Hofer mit 52 zu 44 die Nase vorn. Besonders unbeliebt ist Kickl jedoch bei ÖVP-Wählern, wo ihn nur zehn Prozent für ein geeignetes Zugpferd halten. Für das Ziel der Freiheitlichen, nach der Ibiza-Affäre an die Bürgerlich-Konservativen verloren gegangene Wähler zurückzuholen, keine ideale Voraussetzung.
Mittlerweile haben sich „meinbezirk.at“ zufolge der burgenländische Landesparteiobmann Alexander Petschnig, der Tiroler FPÖ-Chef Markus Abwerzger und der neue Kärntner Obmann Erwin Angerer für Kickl als Hofer-Nachfolger ausgesprochen. Ein Spaziergang für den Klubchef ist jedoch nicht zu erwarten.
Gegenüber den von Strache genannten möglichen Kandidaten Dominik Nepp und Mario Kunasek wäre Kickl zwar als klarer Favorit einzustufen. Als sein gefährlichster Rivale könnte sich jedoch der oberösterreichische Landesparteichef Manfred Haimbuchner erweisen, der in seinem Heimat-Bundesland Teil einer türkis-blauen Regierungsmannschaft ist und im Herbst eine Landtagswahl zu bestreiten hat.
Haimbuchner könnte gefährlicherer Gegenspieler sein als Hofer
Während Haimbuchner einen inhaltlich und stilistisch moderaten Kurs verficht und wie Hofer türkis-blaue Regierungsbündnisse anstrebt, ist Kickl zuletzt durch besonders aggressive Rhetorik gegenüber der Kanzlerpartei ÖVP und Bundeskanzler Sebastian Kurz in Erscheinung getreten. Jüngst hatte er alle anderen im Nationalrat vertretenen Parteien dazu aufgefordert, sich unter seiner Führung gegen die seit 1986 ununterbrochen in der Regierung sitzenden Volkspartei zu verbünden.
Die Offerte wurde von Grünen, SPÖ und liberalen NEOS zwar zurückgewiesen. Die ÖVP würde jedoch unter einem FPÖ-Chef Herbert Kickl zweifellos das Hauptangriffsziel der Rechtspartei bleiben. Inwieweit der fundamentaloppositionelle Kurs Kickls die Einheit der Freiheitlichen wahren könnte, bliebe jedoch abzuwarten.
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