Fentanyl und Drogenkartelle: Hintergrund der US-Zölle für Kanada, Mexiko und China

Es geht auch um Fentanyl: Die Staaten, über die diese „Massenvernichtungswaffe“ in die USA gelangt, wurden von den USA mit Zöllen belegt. Allerdings ist neben Kanada, Mexiko und China nahezu die ganze Welt betroffen – denn Mexiko lockt als billiger Produktionsstandort viele Unternehmen an. Auch die deutsche Autoindustrie von Audi, BMW bis VW produziert dort.
Im Weißen Haus wurde Kokain gefunden.
Bis der Strom von Fentanyl nicht aufhöre, werde es die Zölle geben, sagt das Weiße Haus in Washington.Foto: Patrick Semansky/AP/dpa
Von 2. Februar 2025

US-Präsident Donald Trump hat wie angedroht die Zölle für Waren aus Kanada und Mexiko auf 25 Prozent erhöht. Für Produkte aus China kommen zehn Prozent hinzu. Beginn ist der 4. Februar. Für China soll die bislang für kleinere Waren im Wert von bis zu 800 US-Dollar geltende Ausnahmeregelung entfallen. Sie wird von den großen chinesischen Handelsplattformen wie Shein oder Temu häufig genutzt.

Die Zölle wurden über den International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) verhängt, „aufgrund der großen Bedrohung durch illegale Einwanderer und tödliche Drogen, die unsere Bürger töten, darunter Fentanyl.“

Das Weiße Haus erklärte zudem am 1. Februar, die mexikanischen Drogenkartelle seien „die weltweit größten Händler von Fentanyl, Methamphetamin und anderen Drogen“. Zudem hätten sie „eine Allianz“ mit der mexikanischen Regierung.

„Wir müssen die Amerikaner schützen. Es ist meine Pflicht als Präsident, die Sicherheit aller zu gewährleisten“, postete Trump auf Truth Social nach der Unterzeichnung der Zolldekrete. „Ich habe in meinem Wahlkampf versprochen, die Flut illegaler Einwanderer und Drogen daran zu hindern, über unsere Grenzen zu strömen, und die Amerikaner haben mit überwältigender Mehrheit dafür gestimmt.“

Gegenmaßnahmen: Kanada konterte mit Zöllen

Kanada, Mexiko und China kündigten Gegenmaßnahmen an, wobei Kanada am stärksten reagiert.

Kanada setzt auf Gegenzölle in Höhe von 25 Prozent auf US-Waren, ebenfalls ab dem 4. Februar. Ministerpräsident Justin Trudeau sagte, es seien US-Waren im Gesamtwert von 155 Milliarden Dollar betroffen. Daneben erwäge die kanadische Regierung Maßnahmen in anderen Bereichen, etwa im Handel mit kritischen Mineralien. Die Zölle seien für eine breite Palette von Gütern vorgesehen. „Das reicht von Bier über Bourbon, Orangensaft, Haushaltsgüter bis hin zu Möbeln“, sagte Justin Trudeau.

Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum sagte auf X: „Wir weisen die Verleumdung der mexikanischen Regierung durch das Weiße Haus, sie arbeite mit kriminellen Organisationen zusammen, kategorisch zurück“. Sie habe Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard angewiesen, einen Plan umzusetzen, der Gegenzölle in Betracht ziehe.

China kündigte „entsprechende Gegenmaßnahmen“ an. Zudem werde man eine Klage bei der Welthandelsorganisation einreichen, um die Rechte und Interessen Chinas zu schützen, teilte ein Sprecher des chinesischen Handelsministeriums mit.

Ein wichtiger Grund: Fentanyl

Fentanyl ist eine Droge und laut der US-amerikanischen Drogenvollzugsbehörde die häufigste Todesursache bei Amerikanern im Alter von 18 bis 45 Jahren. Laut Robert Marbut, ehemaliger Obdachlosenbeauftragter der ersten Trump-Regierung, habe Fentanyl in den vergangenen fünf Jahren mehr Amerikaner getötet als alle Kriege in den vergangenen 100 Jahren zusammen.

„Fentanyl ist hundertmal stärker als Morphium“, sagte er. „Fentanylstaub tötet Kinder, Fentanylstaub tötet Erwachsene. Schon drei Salzkörnchen würden jeden töten.“

Stephen Miller, stellvertretender Stabschef des Weißen Hauses, sagte, dass Fentanyl zu einer „Massenvernichtungswaffe“ geworden sei. Er erklärte gegenüber Reportern, dass „ein ausgeklügeltes Netzwerk krimineller Kartelle“ Fentanyl in den USA schmuggle, wobei die Ausgangsstoffe aus dem Ausland stammten.

Diese Kartelle übten eine regierungsähnliche Kontrolle über große Teile des mexikanischen Territoriums aus und stellten eine ernsthafte Bedrohung für die nationale Sicherheit der USA dar.

Das Weiße Haus stellte in einer Erklärung fest: „Die heutige Zollankündigung ist notwendig, um China, Mexiko und Kanada für ihre Versprechen zur Rechenschaft zu ziehen, den Zustrom giftiger Drogen in die Vereinigten Staaten zu stoppen“. Bis der Strom von Fentanyl nicht aufhöre, werde es die Zölle geben.

Ein weiterer Grund: Handelsdefizit von Kanada

Die USA sind für Kanada der wichtigste und größte Handelspartner – knapp eine Billion Dollar an Waren und Dienstleistungen wird zwischen den beiden nordamerikanischen Staaten umgeschlagen.

Die Zölle seien auch wegen des beträchtlichen Handelsdefizits zwischen den USA und Kanada notwendig, so der US-Präsident. Während Trump die Lücke auf 200 Milliarden Dollar schätzte, deuten jüngste Daten des US Census Bureau darauf hin, dass das Handelsdefizit mit Kanada in den ersten elf Monaten des Jahres 2024 55 Milliarden Dollar betrug.

Die USA importieren täglich etwa 4,5 Millionen Barrel Öl aus Kanada. Präsident Trump sagte, dass er die Rohölzölle „wahrscheinlich“ auf 10 Prozent senken werde. 20 Prozent des kanadischen Öls werden von US-Raffinerien verarbeitet. Veränderungen bei den Benzinpreisen könnten daher die größten Folgen sein, erklärte Sunderesh Heragu, Forscher und Dozent an der Oklahoma State University.

Kanada hat derzeit eine noch-amtierende Regierung, nachdem Justin Trudeau am 6. Januar seinen Rücktritt angekündigt hatte. Er beabsichtigt seine Ämter abzugeben, sobald die Nachfolge geklärt ist. Spätestens im Oktober 2025 wählt das Land ein neues Parlament. Ein genauer Wahltermin steht bisher nicht fest. Trudeau’s liberale Partei kämpft mit sinkenden Umfragewerten und lag um mehr als 20 Prozent hinter den Konservativen.

Der US-Präsident forderte zudem erneut die Angliederung Kanadas an die USA. Washington zahle „hunderte Milliarden Dollar, um Kanada zu unterstützen“, schrieb er auf Truth Social, offenbar in Bezug auf das US-Handelsdefizit mit dem nördlichen Nachbarn. „Ohne diese massive Hilfe hört Kanada auf als lebensfähiges Land zu existieren“, fügte er hinzu. „Deswegen sollte Kanada unser geschätzter 51. Staat werden.“ Die Kanadier würden damit weniger Steuern zahlen, wären besser militärisch geschützt und vor allem würden die Zölle wegfallen.

Welche Probleme könnte das für Europa geben?

Die Zölle gegen Kanada könnten in Europa Probleme verursachen, zumindest für Volkswagen. Die Wolfsburger planen in Ontario nahe der US-Grenze eine Batteriezellfabrik, die die E-Auto-Werke des Konzerns in den USA beliefern soll. Trudeaus Regierung hatte das Milliardenprojekt mit hohen Subventionen angelockt.

Zölle seien hier nun „Gift“, warnt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach und spricht von einem „Super-GAU für diese Investition“. Die Produktion in St. Thomas bei Toronto soll 2027 anlaufen.

Mexiko ist ein billiger Produktionsstandort für viele – auch die deutsche Autoindustrie. Die Zölle dürften auch Unternehmen aus Deutschland hart treffen.

Fast alle Hersteller und viele Zulieferer nutzen Mexiko als billigen Produktionsstandort. Von dort aus bedienen sie den US-Markt. VW, Audi und BMW haben in dem Land eigene Fabriken, Mercedes-Benz produziert in einem Gemeinschaftswerk mit Nissan. Und allein bei Audi gehen 98 Prozent der Autos in den Export, davon 40 Prozent in die USA.

Neue Zollschranken der USA werden hier zum ernsten Problem, sagt Branchenexperte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company. Denn mit einem zusätzlichen Aufschlag rechnet es sich kaum noch, Autos aus Mexiko in die USA zu schicken.

Als Reaktion erwartet er, dass die Hersteller zumindest einen Teil der Fertigung von Mexiko in die USA verlagern, wo VW, BMW und Mercedes ebenfalls Werke haben. Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der USA. Mehr als 80 Prozent der gesamten Ausfuhren Mexikos gehen in die USA.

US-Präsident Trump stellte auch klar, dass chinesische Unternehmen Zölle umgingen, indem sie in Mexiko investierten und von dort aus in die USA exportierten.

(Mit Material der Agenturen)

 



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion