Fatale Lage in Griechenland: Tsipras will Not-Gipfel der EU-Staatschefs

Tsipras hat im Parlament keine Mehrheit mehr für Reformen. Mehr als 50 Abgeordnete seiner eigenen Koalition, die nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügt, lehnen neue Reformen und Sparmaßnahmen ab.
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Alexis TsiprasFoto: über dts Nachrichtenagentur
Epoch Times27. April 2016

Der griechische Regierungschef Alexis Tsipras hat in der Nacht zu Mittwoch EU-Ratspräsident Donald Tusk um die Einberufung eines dringenden Sondertreffens der EU-Staatschefs gebeten. Das berichtet "Bild". Hintergrund für den Notruf laut des Berichts: Griechenland kommt mit den seit Montag wieder in Athen laufenden Verhandlungen mit den Gläubigern nicht klar, kann die nötigen Reform-Gesetze nicht liefern.

Ohne die Reform-Gesetze, von denen einige seit Oktober 2015 überfällig sind, bekommt Griechenland keine neuen Hilfs-Milliarden aus dem Dritten Griechen-Rettungs-Paket, die 86 Milliarden Euro über einen Zeitraum von drei Jahren ausmachen sollen. Laut "Bild" werden im Juni und Juli aber 3,25 Milliarden Euro an Schuldenraten fällig. Die kann Griechenland ohne neue Hilfsgelder nicht zahlen. Angeblich reicht das Geld nicht einmal mehr für den "laufenden Betrieb", schreibt die Zeitung.

Angeblich soll Regierungschef Tsipras in den vergangenen fünf Tagen die Vereinigung der staatlichen Kliniken (OAED), die Arbeitslosenversicherung, die größte Sozialversicherung des Landes (EOPYY) und nun auch das Parlament angewiesen haben, ihre Reserven an den Staat zu überweisen. Das Parlament soll 67 Millionen Euro abliefern. Griechenlands Finanzminister Euclid Tsakalotos hat mehrfach gesagt, dass das Land ohne frisches Geld aus dem Dritten Hilfsprogramm Anfang Mai vor der Zahlungsunfähigkeit stehe.

Der 1. Mai ist am Sonntag nächster Woche – dem orthodoxen Ostersonntag in Griechenland, einem der höchsten Feiertage in Griechenland. Er selbst hat Tsipras gegenüber seinen Rücktritt bereits angekündigt – aus Protest gegen die Sparpolitik. Nur der Zeitpunkt ist noch offen, wie "Bild" aus dem Umfeld des Regierungschefs bestätigt wurde. Eigentlich sollten Griechenland und die Gläubiger von Euro-Zentralbank EZB, Internationalem Währungsfonds (IWF), EU-Kommission und Euro-Rettungsfonds ESM bis Donnerstag auf ein Reformpaket einigen. Doch nach "Bild"-Informationen ist diese Einigung nicht in Sicht.

Tsipras kann und will einige der geforderten Reformen nicht liefern. Wie im Vorjahr auch versucht Tsipras nun eine politische Lösung auf höchster Ebene zu finden. Die Erfolgsaussichten: Gering. Denn bisher hatten die EU- und auch die Euro-Staatschefs in ähnlichen Situationen immer auf die Zuständigkeit der Gläubiger verwiesen. Einigt sich Tsipras mit denen nicht, gibt es auch nichts zu entscheiden für die Staatschefs. Athen soll auch einem Paket von Vorrats-Reformen zustimmen. Das soll nur in Kraft treten, wenn Griechenland bestimmte Reform-Ziele bis 2018 nicht erreicht und dann Einsparungen von 2,5 Milliarden Euro umfassen. Bisher hat Athen beides abgelehnt.

Doch die Aussichten sind nicht sonderlich gut. Kostas Zachariadis, Faktionschef der Regierungspartei Syriza zu "Bild": "Wir werden keine zusätzlichen Reformen ins Parlament einbringen. Da ist nichts in unserem Rechtssystem und unserer Verfassung, das uns erlauben würde, solche Vorrats-Beschlüsse für Reformen zu beschließen." Neben den Vorrats-Reformen muss Tsipras auch weitere Gesetze sofort ins Parlament einbringen: Eine weitere Reform des Sozialsystems (inklusive Kürzungen bei künftigen Renten), die Erlaubnis für Banken, auch in Griechenland Erstwohnsitze zwangsweise versteigern zu lassen, die Kürzung der Agrarsubventionen sowie eine erneute Erhöhung der Mehrwertsteuer noch vor dem Sommer von 23 Prozent auf 24 Prozent.

Tsipras hat im Parlament keine Mehrheit mehr für Reformen. Mehr als 50 Abgeordnete seiner eigenen Koalition, die nur über eine hauchdünne Mehrheit verfügt, lehnen neue Reformen und Sparmaßnahmen ab. Auf Stimmen der Opposition kann er auch nicht mehr zählen. Erst in der Vorwoche hatte Tsipras Bundeskanzlerin Merkel in einem Telefonat gebeten, dass die Gläubiger weniger Reform-Druck auf sein Land ausüben.

(dts Nachrichtenagentur)



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