Faktencheck beweist: Aufnahmen zeigen nicht Angriffe auf israelische Fußballfans
Seit dem vergangenen Donnerstag herrscht in Amsterdam Ausnahmezustand. Nach der Europa League-Begegnung zwischen dem Hauptstadtverein Ajax und den Fußballern von Maccabi Tel Aviv kam es zu schweren Ausschreitungen. Doch randalierten – anders als bisher von vielen Medien berichtet – auch israelische Fans und verbrannten eine palästinensische Fahne.
Zweites Video belegt falsche Interpretation
Besonders fatal: Aufnahmen der niederländischen Fotografin Annet De Graaf interpretierten Medien weltweit falsch. Die Bilder zeigen nämlich Ausschreitungen von Maccabi-Fans und nicht propalästinensische Anhänger, wie die „Deutsche Welle“ (DW) in einem Faktencheck dokumentiert. So seien auf dem Video Fußballanhänger von Maccabi Tel Aviv zu sehen, die rund um den Amsterdamer Hauptbahnhof Einheimische attackieren. Belegt werde diese Version mit einem weiteren Video, das der Reporter Ome Bender aufgenommen hat. Es zeige die Gewaltszenen aus einem anderen Winkel.
Auch Nutzer sozialer Netzwerke wiesen auf den Fehler hin. Ebenso meldete sich Annet de Graaf zu Wort und verlangte eine Korrektur sowie eine Entschuldigung. Laut „DW“-Bericht hat dies die „Tagesschau“ bereits gemacht. Die Fotografin merkte dies auch in einem Post auf „X“ an: „Heute erhielt ich von der Tagesschau eine Entschuldigung für die missbräuchliche Verwendung meines Filmmaterials über den Vorfall nach dem Fußballspiel in Amsterdam zwischen Ajax und M. Tel Aviv. Ich beziehe mich auch auf das Filmmaterial von Reporter @OmeBender der über denselben Kampf mit mehr Details berichtet hat“, schreibt sie dort. Laut Bericht haben andere Medien ebenfalls reagiert und ihre Fehler korrigiert.
Unklar sei die genaue Identität der Männer auf De Graafs Aufnahmen. Die Ermittlungen laufen, so eine Sprecherin der Amsterdamer Polizei gegenüber der „DW“.
Erneute Ausschreitungen
Derweil kommt Amsterdam nicht zur Ruhe. So zündeten Randalierer am Montagabend Autos und eine Straßenbahn an. Wie „Bild“ berichtet, skandierten sie dabei antijüdische sowie propalästinensische Parolen. Die Polizei räumte den Platz im Amsterdamer Westen und nahm mehrere Personen fest. Von Verletzten ist nichts bekannt. Bereits in der Nacht zum Montag gingen etwa 50 Autos in Flammen auf. Für diesen Brandanschlag könnten auch Jugendbanden verantwortlich sein.
Nach Angaben der niederländischen Zeitung „NRC“ hatten sich am Montagabend auf dem Platz 40–45 (Plein ‛40 – ‛45) mehrere Hundert Jugendliche versammelt. Der in einem Stadterweiterungsgebiet im westlichen Teil Amsterdams gelegene Platz erinnert mit seinem Namen an die Besatzungszeit im Zweiten Weltkrieg. Dort leben Menschen aus einer Vielzahl von Ländern. Auf dem Platz selbst findet regelmäßig ein Markt statt. Die Randalierer errichteten Barrikaden aus den Ständen.
Auch seien Feuerwerkskörper gezündet worden. Bilder des Senders AT5 zeigen, dass die Straßen rund um den Platz mit Holz und umgestürzten Fahrrädern übersät sind. Gelegentlich seien Parolen wie „Freies Palästina“ zu hören gewesen.
Laut Augenzeugen wurde es gegen 18 Uhr unruhig auf dem Platz. Randalierer hätten eine Straßenbahn angehalten. Nachdem die Fahrgäste die Wagen verlassen hatten, sei ein Gegenstand in die Bahn geworfen worden, die daraufhin anfing zu brennen. Die Flammen seien später gelöscht worden, verletzt wurde nach Angaben der Zeitung niemand.
Seit den Ausschreitungen nach dem Fußballspiel in der vergangenen Woche gilt in der niederländischen Hauptstadt eine Notstandsverordnung bis mindestens Donnerstagmorgen. Offenbar hatten die Behörden mit Konflikten gerechnet. So sei im Vorfeld eine Absage des Spiels zwischen Ajax und Maccabi Tel Aviv in Erwägung gezogen worden. Da dies aber möglicherweise zu einer „unhaltbaren“ Situation in der Stadt hätte führen können, habe man davon Abstand genommen.
Aufbegehren gegen die Notstandsverordnung führte am Sonntag zu einer großen propalästinensischen Demonstration auf dem Dam-Platz, die das Gericht untersagte. Die Polizei verhaftete Dutzende Menschen, Hunderte Aktivisten wurden mit Bussen abtransportiert, schreibt die Zeitung „De Telegraaf“.
Debatte um Integrationskrise
In dem Nachbarland Deutschlands debattiert die Politik derzeit heftig über eine „Integrationskrise“. Laut „Welt“ habe der niederländische Ministerpräsident Dick Schoof betont, dass sich die jüdische Gemeinschaft „im Stich gelassen“ fühle.
Der ehemalige EU-Kommissar und Chef der sozialdemokratischen Arbeiterpartei Frans Timmermans warnte vor einer Politik, mit der die gesamte muslimische Gemeinde für die Randale verantwortlich gemacht werden könnte. Es vergrößere die Schwierigkeiten bei der Integration nur, löse sie aber nicht. In den Niederlanden machen Muslime etwa sechs Prozent der Gesamtbevölkerung aus.
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