Faeser gegen strengere Visaregeln für unkooperative Herkunftsländer
Die Innenminister der EU-Staaten haben am 26. Januar in Stockholm über Möglichkeiten für eine schnellere Abschiebung von abgelehnten Asylbewerbern und über den Kampf gegen die Organisierte Kriminalität diskutiert. Konkrete Beschlüsse liegen noch nicht vor. Am 9. und 10. Februar soll auf Drängen Schwedens in Brüssel ein Migrationsgipfel der 27 EU-Länder stattfinden, um ein gemeinsames Rückführungssystem für illegal Eingewanderte zu erarbeiten.
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) lehnte in Stockholm die Idee ab, über strengere Visaregeln Druck auf solche Länder auszuüben, die nicht an einer Wiederaufnahme ihrer eigenen Staatsbürger interessiert seien, selbst wenn ihre Asylanträge abgelehnt wurden. Das berichtet unter anderem der „Deutschlandfunk“.
Faeser will lieber „Migrationsabkommen“ schließen. Besonders nordafrikanische Staaten seien hier der Adressat. Feste Vereinbarungen mit Ländern wie Marokko, Tunesien oder Algerien sollten einerseits „legale Wege nach Deutschland“ ermöglichen, andererseits aber auch Lösungen für eine „funktionierende Rückführung beinhalten“, sagte Faeser in der „Tagesschau“.
EU-weit wenig Rückführungen
Faeser positionierte sich damit gegen einen Vorschlag der schwedischen Gastgeberin, Innenkommissarin Ylva Johansson. Die Sozialdemokratin hatte angeregt, die Visavergabe an „Bewerber“ aus Ländern zu erschweren, die ihre illegal eingereisten Landsleute nicht mehr zurücknehmen wollten.
Laut „Tagesschau“ betonte Johansson, dass die Aufnahmekapazitäten in Europa überlastet seien. Sie berief sich auf eine Statistik von Eurostat, nach der im Jahr 2021 EU-weit nur rund 21 Prozent jener 340.000 Migranten abgeschoben worden seien, deren Asylanträge abgelehnt worden waren. Im Jahr 2019 waren nach Angaben der „Tagesschau“ noch 29 Prozent der abgelehnten Asylbewerber aus der EU zurück in ihre Heimatländer verbracht worden. Die Zielmarke der EU liege offiziell bei 70 Prozent.
Dublin-Umsetzung gefordert
Der österreichische Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) mahnte, die EU müsse nun „konsequent auf die Asylbremse steigen“. Österreich hatte nach „Tagesschau“-Informationen ebenso wie die Niederlande, Frankreich und Belgien im Vorfeld des Stockholmer Treffens auf eine konsequente Anwendung der „Dublin-Regel“ der EU gedrängt.
Das Dubliner Übereinkommen besagt, dass grundsätzlich derjenige EU-Mitgliedstaat einen Asylantrag prüfen muss, dessen Boden ein Asylbewerber zuerst betritt. Bis zur finalen Entscheidung müssten die Bewerber auch dort verbleiben. Von diesen Vereinbarungen wären insbesondere die Länder an den EU-Außengrenzen betroffen. Der Streit um Aufnahmequoten und Zuständigkeiten schwelt in der EU seit Jahren.
Asyltheorie und -praxis in Deutschland
Nach Artikel 16a des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland kann sich auch ein politisch verfolgter Mensch nicht auf ein Asylrecht berufen, wenn er „aus einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem anderen Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist“. In diesem Fall können „aufenthaltsbeendende Maßnahmen unabhängig von einem hiergegen eingelegten Rechtsbehelf vollzogen werden“.
2015 hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen stärkeren Schutz der deutschen Grenzen allerdings strikt abgelehnt. Im selben Jahr verzeichnete das Statistische Bundesamt mit über 441.000 Erstanträgen auf Asyl allein in Deutschland einen neuen Rekord. Der wurde 2016 nochmals übertroffen: Über 722.000 Menschen baten damals in Deutschland erstmals um Asyl. In den Jahren 2017 bis 2022 kamen noch einmal 971.345 Asylbewerber in die Bundesrepublik, nicht mitgerechnet die Folgeanträge. Zwischen 2015 und 2022 stellten also offiziell insgesamt 2.285.614 Menschen einen Erstantrag auf Asyl in Deutschland. Im Jahresschnitt gab es somit gut 273.000 Erstantragsfälle.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) drängten noch vor Kurzem gemeinsam auf eine Beschleunigung der Visavergabe, um den „Fachkräftemangel“ auszugleichen. Dabei gilt Deutschland vor allem als ein Magnet für Armutseinwanderung in die Sozialsysteme. „Nur Bruchteil der Zuwanderer kommt zu Arbeitszwecken“, räumte die Zeitung „Welt“ ein.
Nach Zahlen der Bundeszentrale für politische Bildung und des Bundesinnenministeriums wurden in den Jahren 2015 bis 2022 insgesamt 151.670 Menschen aus Deutschland abgeschoben – im Schnitt pro Jahr also knapp 19.000. Im Jahr 2022 habe es deutschlandweit 12.945 Abschiebungen gegeben.
Oppositionskritik: AfD fordert Umstellung des Asylsystems
Angesichts der immer wieder durch Asylbewerber in Deutschland verübten Gewalttaten wie etwa in Brokstedt, Ibbenbüren oder Illerkirchen forderte der AfD-Abgeordnete Dr. Norbert Kleinwächter am 26. Januar im Bundestag, die Täter abzuschieben und „das desolate Asylsystem völlig um[zu]stellen“.
Insbesondere die aus Syrien und Afghanistan stammenden Flüchtlinge teilen ihm zufolge drei grundlegende Eigenschaften: Sie gehörten dem gleichen Kulturkreis an, hätten „illegal eine Grenze durchbrochen“ und seien „meistens gar keine Flüchtlinge“: Obwohl man nur ungefähr der Hälfte eine Asylanerkennung oder subsidiären Schutz gewähre, werde die andere Hälfte nicht abgeschoben. Er favorisiere eine Lösung mit Asylzentren außerhalb der EU als Anlaufstelle, die einen Asylanspruch vor einer Einreise „nach den Standards des Ziellands“ überprüfen sollten. Falls der Anspruch auf „humanitäre Unterstützung“ gegeben sei, dann hätten die Betroffenen auch eine „sichere Überfahrt“ verdient.
SPD will „faire europäische Verteilung“
Der SPD-Abgeordnete Hakan Demir warf Kleinwächter vor, die Opfer von Gewalttaten zu „instrumentalisieren“. Kleinwächters Idee von außereuropäischen Asylzentren sei „weltfremd“ und „grundsätzlich schwierig“. Der „EU-Türkei-Deal“ funktioniere nicht mehr, Rückführungen seien deshalb nicht mehr möglich. Nur rund fünf Prozent der weltweit 103 Millionen Flüchtlinge seien 2022 in die EU gereist. Es sei keine leichte Aufgabe, den über 5,5 Millionen 2022 nach Europa eingewanderten Flüchtlingen eine neue Heimat zu bieten, räumte Demir ein. Es gelte nun, Griechenland als Aufnahmeland zu unterstützen, eine „faire europäische Verteilung“ einzurichten und „legale Migrationswege“ – auch durch „Migrationsabkommen“.
EU-weit 330.000 illegale Einreisen 2022
Nach Informationen der „Tagesschau“ hatten sich „nach dem Ende der coronabedingten Reisebeschränkungen“ wieder „deutlich mehr Migranten“ über die Westbalkanroute nach Europa auf den Weg gemacht. Eine Schätzung gehe von 330.000 illegalen Einreisen in die EU alleine im Jahr 2022 aus. Dies wären 64 Prozent mehr als noch 2021 und „der höchste Wert seit 2016“.
Dem Statistischen Bundesamt zufolge hielten sich 2021 in den Ländern der EU insgesamt rund 2.859.000 anerkannte Flüchtlinge auf. Weitere gut 632.000 Personen hätten im selben Jahr einen Asylantrag gestellt. Die meisten Antragsteller stammten aus dem bürgerkriegsgebeutelten Syrien oder dem von den Taliban beherrschten Afghanistan.
Insgesamt waren 2022 in den 27 EU-Ländern im vergangenen Jahr 923.991 Asylanträge gestellt worden – ein Plus von 46,5 Prozent gegenüber 2021. Nina Gregori, die Chefin der EU-Asylbehörde, rechnet nach Informationen der „Tagesschau“ für 2023 mit einem weiteren Anstieg der Bewerberzahlen. Die meisten Asylsuchenden erwarte man erneut aus Syrien, Afghanistan und auch aus der Türkei.
Bei all den Zahlen wurden die Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine nicht mitberücksichtigt. Sie erhalten nach Angaben der „Tagesschau“ automatisch „vorübergehenden Schutz“ und „müssen in der EU kein langwieriges Asylverfahren durchlaufen“. Das gelte für derzeit 4,7 Millionen Ukrainer, die bislang Zuflucht in der EU gefunden hätten.
Schweden auf Rechtskurs
Schweden hatte zum 1. Januar die Präsidentschaft im Rat der Europäischen Union übernommen. Nach Meinung von „Tagesschau“-Korrespondent Tobias Reckmann ist die schwedische Regierung „von einer ultrarechten Partei abhängig“. Gemeint sind die „Schwedendemokraten“, die mittlerweile zweitstärkste Parlamentspartei Schwedens. Obwohl nicht selbst in der Regierung, unterstützen sie die Drei-Parteien-Minderheitskoalition aus Moderaten, Christdemokraten und Liberalen um den bürgerlich-moderaten Ministerpräsidenten Ulf Kristersson. Das Bündnis hatte Mitte Oktober 2022 die Regierungsverantwortung übernommen.
In den vergangenen Monaten litt das Land besonders schwer unter der Gewalt krimineller Banden, die für Bombenanschläge und Schießereien in den Städten verantwortlich sind. Dabei geht es unter anderem um die Kontrolle über den Drogenmarkt. Besonders betroffen sind Stockholm und Malmö. Die Epoch Times berichtete.
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