Facebook-Währung „Libra“: Die Bundesbank ist beunruhigt
„Sollte Libra in größerem Umfang verwendet werden, sind weitreichende Implikationen für die Finanzbranche, für die Finanzstabilität und für die Geldpolitik nicht auszuschließen“, sagte der für den elektronischen Zahlungsverkehr zuständige Bundesbank-Vorstand Burkhard Balz der „Welt am Sonntag“. Er sehe die Gefahr, dass mit Libra gerade im grenzüberschreitenden Zahlungsverkehr regulatorische Vorgaben zur Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung umgangen werden könnten.
Datenschutz-Fragen bleiben offen
Auch datenschutzrechtliche Fragen seien zu klären. Jetzt komme es darauf an, dass Regulatoren und Zentralbanken weltweit eng zusammenarbeiteten. Balz geht nicht davon aus, dass der Euro oder eine andere Währung von dem neuen Facebook-Zahlungsmittel in absehbarer Zeit ersetzt wird. „Wir haben im Euro-Raum und in vielen anderen Ländern sehr effiziente und vor allem sichere Zahlungssysteme“, sagte Balz.
Der Zahlungsverkehr mit Konten und Karten funktioniere in Deutschland und Europa gut. Allerdings dürfe man die möglichen Netzwerkeffekte der digitalen Wirtschaft nicht unterschätzen. Offen sei, wie schnell es Facebook und seinen Partnern, zu denen unter anderem Mastercard, Paypal und Spotify gehören, gelinge, Nutzer von den Vorteilen dieser Bezahlmethode zu überzeugen.
An die traditionellen Banken appellierte Balz erneut, eine europäische Alternative zu den Angeboten der großen Technologie- und Kreditkartenunternehmen aus den Vereinigten Staaten zu schaffen. „Die Initiative von Facebook macht den Handlungsdruck noch einmal mehr als überdeutlich“, sagte Balz der „Welt am Sonntag“.
Die Lektion für die Banken in Europa könne nur lauten: jetzt erst recht. Schon in den vergangenen Monaten hatte der Bundesbankvorstand die Kreditinstitute angesichts des Markteintritts von Google und Apple Pay aufgefordert, Antworten in Form eigener Produkte auf diese Angebote zu finden. Der Zugang zum Konto des Kunden bleibe nicht mehr länger das Alleinstellungsmerkmal der klassischen Finanzdienstleister.
Auf die Frage, wie die Menschen in fünf Jahren in Deutschland wohl bezahlen würden, sagte Balz: „Als Schaltzentrale verschiedenster digitaler Dienste wird sich das Smartphone vermutlich auch beim Bezahlen durchsetzen.“ Voraussetzung sei, dass es sicher, unkompliziert und einfach zu nutzen sei. Gleichzeitig würden, so Balz, in fünf Jahren aber auch Bargeld und Karte weiterhin eine feste Rolle im Zahlungsmix haben.
Eigene Facebook-Cyberwährung soll 2020 starten
„Das Bezahlverfahren ändert sich nicht von heute auf morgen.“ Die Menschen würden von lieb gewonnenen Zahlungsmitteln auf mobile Lösungen nur dann wechseln, wenn sie davon einen Nutzen hätten; an ein Zahlungsmittel gebundene Rabatte hält Balz in dem Zusammenhang für „sehr wirkungsvoll“.
Facebook hatte angekündigt, in der ersten Jahreshälfte 2020 eine eigene Cyberwährung an den Start bringen zu wollen und damit in den weltweiten Zahlungsverkehr einzusteigen. Libra soll es allen Teilnehmern des täglich von ein bis zwei Milliarden Menschen genutzten Netzwerks ermöglichen, untereinander Geld zu versenden und Waren von Unternehmen zu erwerben.
Branchenkenner halten es für nicht ausgeschlossen, dass Facebook damit das traditionelle Finanzsystem auf den Kopf stellen könnte.
Zumal Libra ein sogenannter Stablecoin sein soll. Solche Digitalwährungen sollen durch Koppelung an staatliche Währungen, beispielsweise Dollar und Euro, weniger anfällig für Preisschwankungen sein als etwa die Kryptowährung Bitcoin. (dts)
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