Ex-Präsident Walesa: EU sollte Polen mit Ausschluss drohen

Die nationalkonservative Regierung in Polen hat seit ihrem Amtsantritt vor rund einem Jahr eine Reihe von Reformen umgesetzt, die in der EU teils als Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit kritisiert wurden. Vor allem die Reform des polnischen Verfassungsgerichts stieß auf heftige Kritik
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Lech Walesa unter einer Original-Fahne der von ihm 1980 ins Leben gerufenen ersten Gewerkschaft im kommunistischen Polen: Solidarnosc. Nach 25 Jahren wird in diesem Jahr am 29./30. August ein feierliches Treffen mit dem Friedensnobelpreisträger stattfinden, zu dem viele Persönlichkeiten erwartet werden.Foto: AP Photo/ Krzysztof Mystkowski
Epoch Times5. November 2016

Polens Ex-Präsident Lech Walesa sieht die Demokratie in seinem Land in so großer Gefahr, dass er die Europäische Union zu scharfen Sanktionen auffordert.

„Ich verlange wirksame Aktionen, einschließlich des drohenden Ausschlusses aus der EU“, sagte Walesa dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ vom Freitag. Es müsse eine Regel geben, „die festlegt, dass man als EU-Mitglied die Regeln zu befolgen hat und sonst draußen ist“.

Die nationalkonservative Regierung in Polen hat seit ihrem Amtsantritt vor rund einem Jahr eine Reihe von Reformen umgesetzt, die in der EU teils als Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit kritisiert wurden. Vor allem die Reform des polnischen Verfassungsgerichts stieß auf heftige Kritik: Brüssel wirft der Warschauer Regierung vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.

Die EU-Kommission leitete deshalb Mitte Januar gegen Polen erstmals überhaupt eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat ein. Im Juli gab die Kommission Polen drei Monate Zeit, um ihre Empfehlungen umzusetzen. Diese Frist lief Ende Oktober ab, Brüssel hat Sanktionen nicht ausgeschlossen. Diese können bis zum Entzug der Stimmrechte im Rat der EU-Staaten gehen.

Walesa griff in dem Interview vor allem den Chef der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, scharf an. Nicht ohne Grund habe er ihn und seinen verstorbenen Bruder Lech Kaczynski in den 90ern Jahren aus ihren Ämtern im Präsidialamt entfernt. „Ich hielt sie für gefährlich und fand, man sollte sie von Positionen entfernen, in denen sie wichtige politische Entscheidungen treffen können“, sagte Walesa.

Kaczynskis Leute hätten nun durch Populismus und Demagogie „Schlechtes in Bewegung gebracht, und sie werden das weiterführen, wenn sie nicht gestoppt werden“, sagte der Friedensnobelpreisträger. Polen stecke in einer Sackgasse und brauche „Hilfe von der ganzen Welt“.

Angesichts der Entwicklung in seinem Land denkt Walesa nach eigenen Angaben auch wieder über eine Rückkehr in die Politik nach. „Ich würde gern mehr angeln gehen“, sagte er dem „SZ-Magazin“. „Aber als Katholik bin ich verpflichtet, meine Aufgabe zu erfüllen, sonst komme ich in die Hölle.“

Walesa will zudem ein Referendum organisieren. Die Regierung werde das „natürlich ignorieren“, sagte der ehemalige Chef der Gewerkschaft Solidarnosc. „Wenn die Zahl der Unterschriften, die wir sammeln, höher ist als die Zahl derer, die diese Regierung gewählt hat, und sie das immer noch ignorieren, brauchen wir in Warschau zwei Millionen Menschen“, kündigte Walesa an. Er selbst werde die Proteste dann anführen. (afp)



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