Ex-Präsident Walesa: EU sollte Polen mit Ausschluss drohen
Polens Ex-Präsident Lech Walesa sieht die Demokratie in seinem Land in so großer Gefahr, dass er die Europäische Union zu scharfen Sanktionen auffordert.
„Ich verlange wirksame Aktionen, einschließlich des drohenden Ausschlusses aus der EU“, sagte Walesa dem Magazin der „Süddeutschen Zeitung“ vom Freitag. Es müsse eine Regel geben, „die festlegt, dass man als EU-Mitglied die Regeln zu befolgen hat und sonst draußen ist“.
Die nationalkonservative Regierung in Polen hat seit ihrem Amtsantritt vor rund einem Jahr eine Reihe von Reformen umgesetzt, die in der EU teils als Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit kritisiert wurden. Vor allem die Reform des polnischen Verfassungsgerichts stieß auf heftige Kritik: Brüssel wirft der Warschauer Regierung vor, rechtswidrig die Ernennung mehrerer Verfassungsrichter rückgängig gemacht, die Unabhängigkeit des Gerichts eingeschränkt und seine Beschlüsse missachtet zu haben.
Die EU-Kommission leitete deshalb Mitte Januar gegen Polen erstmals überhaupt eine Überprüfung der Rechtsstaatlichkeit in einem Mitgliedstaat ein. Im Juli gab die Kommission Polen drei Monate Zeit, um ihre Empfehlungen umzusetzen. Diese Frist lief Ende Oktober ab, Brüssel hat Sanktionen nicht ausgeschlossen. Diese können bis zum Entzug der Stimmrechte im Rat der EU-Staaten gehen.
Walesa griff in dem Interview vor allem den Chef der Regierungspartei PiS, Jaroslaw Kaczynski, scharf an. Nicht ohne Grund habe er ihn und seinen verstorbenen Bruder Lech Kaczynski in den 90ern Jahren aus ihren Ämtern im Präsidialamt entfernt. „Ich hielt sie für gefährlich und fand, man sollte sie von Positionen entfernen, in denen sie wichtige politische Entscheidungen treffen können“, sagte Walesa.
Kaczynskis Leute hätten nun durch Populismus und Demagogie „Schlechtes in Bewegung gebracht, und sie werden das weiterführen, wenn sie nicht gestoppt werden“, sagte der Friedensnobelpreisträger. Polen stecke in einer Sackgasse und brauche „Hilfe von der ganzen Welt“.
Angesichts der Entwicklung in seinem Land denkt Walesa nach eigenen Angaben auch wieder über eine Rückkehr in die Politik nach. „Ich würde gern mehr angeln gehen“, sagte er dem „SZ-Magazin“. „Aber als Katholik bin ich verpflichtet, meine Aufgabe zu erfüllen, sonst komme ich in die Hölle.“
Walesa will zudem ein Referendum organisieren. Die Regierung werde das „natürlich ignorieren“, sagte der ehemalige Chef der Gewerkschaft Solidarnosc. „Wenn die Zahl der Unterschriften, die wir sammeln, höher ist als die Zahl derer, die diese Regierung gewählt hat, und sie das immer noch ignorieren, brauchen wir in Warschau zwei Millionen Menschen“, kündigte Walesa an. Er selbst werde die Proteste dann anführen. (afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion