UPDATE: Ex-Minister Johnson: „Theresa May verfolgt einen Brexit nur dem Namen nach“
Großbritanniens Premierministerin Theresa May gerät mit ihrem in den eigenen Reihen umstrittenen Brexit-Plan in immer schwierigeres Fahrwasser. Ex-Außenminister Boris Johnson rechnete am Mittwoch in seiner ersten Parlamentsrede nach dem Rücktritt mit May ab und warf ihr vor, Großbritannien zum „wirtschaftlichen Vasallen“ der EU zu machen. Zugleich verschärfen europafreundliche Abgeordnete der Tories und Brexit-Hardliner den Druck auf May, die bei den jüngsten Brexit-Voten im Parlament nur knapp einer Niederlage entging.
Im Londoner Unterhaus warf Johnson der Premierministerin vor, die Chancen des EU-Austritts zu verspielen. May verfolge einen „Brexit nur dem Namen nach“, sagte Johnson, der bei seiner Rede von europaskeptischen Abgeordneten der Tories flankiert wurde. Anstatt die „ruhmreiche Vision“ des Brexit umzusetzen, wirke die Politik der Regierung so, „als ob ein Nebel des Selbstzweifels niedergegangen sei“.
Allerdings sei es noch nicht zu spät, den Brexit zu retten, sagte Johnson. Wenn die Premierministerin ihren Kurs korrigiere, könne sie immer noch „einen großartigen Brexit für Großbritannien“ umsetzen. „Wir müssen es jetzt versuchen, weil wir keine zweite Chance erhalten werden, es gut zu machen.“
May war während Johnsons Rede nicht im Unterhaus anwesend. Dem früheren Außenminister und profilierten Brexit-Hardliner werden Ambitionen auf das Amt des Premierministers nachgesagt. Johnson war am 9. Juli aus Protest gegen Mays Brexit-Plan zurückgetreten, der weiterhin enge Bindungen an die EU vorsieht.
Parteiintern bedrängt wird die Premierministerin sowohl von pro-europäischen Tories als auch von Befürwortern einer harten Trennung. Nur knapp gewann May am Montag- und Dienstagabend zwei Abstimmungen im Parlament über die künftigen Handelsbeziehungen mit Brüssel.
Vor der Abstimmung am Montagabend musste May zwei Änderungsanträgen der Europaskeptiker in ihrer Partei zustimmen, um sich deren Unterstützung zu sichern. Dabei ging es um die Erhebung von Zöllen durch Großbritannien für die EU, wenn die EU dasselbe für Großbritannien tut, sowie um eine von der EU abweichende Mehrwertsteuer.
Dies dürfte die Verhandlungen mit Brüssel erheblich erschweren. Das Parlament stimmte schließlich mit 318 zu 285 Stimmen für den Regierungstext.
Die Zugeständnisse sorgten jedoch auf Seiten der europafreundlichen Konservativen für massiven Ärger. Aus Protest trat noch am Abend Verteidigungsstaatssekretär Guto Bebb zurück.
Am Dienstag brachten pro-europäischen Abgeordnete dann einen eigenen Änderungsantrag ins Parlament ein, der einen weiteren Verbleib Großbritanniens in einer Zollunion mit der EU ermöglicht hätte, wenn kein Freihandelsabkommen zustande kommen sollte.
Das Unterhaus lehnte den Änderungsantrag mit einer äußert knappen Mehrheit von 307 zu 301 Stimmen ab. Die Gegner des Antrags argumentierten, dieser hätte „massive Beschränkungen“ für eine „unabhängige Handelspolitik“ Großbritanniens nach dem Brexit zur Folge gehabt.
Die gesamte Gesetzesvorlage zu den Handelsbeziehungen passierte das Unterhaus am Dienstag mit 317 zu 286 Stimmen und geht nun ins Oberhaus, bevor sie zur endgültigen Abstimmung erneut dem Unterhaus vorgelegt wird.
Angesichts der Verwerfungen innerhalb der Regierung forderte der ehemalige Premierminister Tony Blair eine zweites Brexit-Referendum. Die aktuelle politische Situation sei ein „totales Chaos“ und könne nur durch eine zweite Abstimmung gelöst werden, sagte Blair am Dienstag der Nachrichtenagentur AFP. Dennoch zeigte er Mitleid mit May: Sie habe „den am wenigsten beneidenswerten Job in der westlichen Politik“.
Für unsere Leser die es genauer wissen wollen. In diesem BBC-Artikel „Boris Johnson: It is not too late to save Brexit“ können sie die Rede im Original anhören.
(afp)
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