Europaparlament wählt von der Leyens neue EU-Kommission ins Amt
Das Europaparlament hat das neue Team um Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ins Amt gewählt. Die Abgeordneten bestätigten die 26 Kommissare am Mittwoch in Straßburg mit 370 Stimmen bei 282 Gegenstimmen und 36 Enthaltungen. Die nächste EU-Kommission kann damit wie geplant zum 1. Dezember ihre Arbeit aufnehmen.
Von der Leyen erklärte Plan für zweite Amtszeit
Zuvor hatte von der Leyen im Europaparlament um Unterstützung für ihr neues Team geworben. Sie versprach den Abgeordneten am Mittwoch in Straßburg, die neue Kommission werde „mit allen demokratischen, pro-europäischen Kräften“ des Parlaments zusammenarbeiten.
In ihrer zweiten Amtszeit wolle sie die europäische Wirtschaft ankurbeln und mehr Geld für Verteidigung aufbringen. Bei der Abstimmung über die neuen Kommissionsmitglieder am Mittag wurde mit der nötigen einfachen Mehrheit gerechnet. Die Kommission könnte dann am 1. Dezember an die Arbeit gehen.
Angesichts des Ukraine-Krieges sprach sich von der Leyen für höhere Verteidigungsausgaben aus. Russland gebe bis zu neun Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Verteidigung aus, die EU hingegen nur 1,9 Prozent, erklärte sie in Straßburg.
„An dieser Gleichung ist etwas falsch, unsere Verteidigungsausgaben müssen steigen“, sagte die Kommissionschefin, die bereits im Juli für eine zweite fünfjährige Amtszeit wiedergewählt worden war.
Wirtschaft der EU stärken: Besonderes Augenmerk auf Autoindustrie
Die Sicherheit der EU hänge aber auch daran, die schwächelnde Wirtschaft wieder anzukurbeln, sagte von der Leyen. „Unsere Freiheit und Unabhängigkeit hängen mehr denn je an unserer wirtschaftlichen Stärke“, betonte sie mit Blick auf die Konkurrenz aus den USA und China.
Die Krise in der europäischen Autoindustrie macht von der Leyen zur Chefsache: Sie selbst will einen sogenannten strategischen Dialog mit Autobauern und Zulieferern führen. „Europas Autoindustrie ist Europas Stolz, Millionen von Jobs hängen daran“, sagte sie in Straßburg. „Wir müssen sicherstellen, dass die Autos der Zukunft weiter in Europa produziert werden.“
Die Kommission werde zudem Gesetze vorlegen, die digitalen Startups einen besseren Zugang zu Investitionen verschaffen sollen. Von der Leyens Stellvertreter Stéphane Séjourné aus Frankreich und Teresa Ribera aus Spanien sollen zudem ein Gesetzespaket ausarbeiten, um die Industrie in Europa klimafreundlicher zu machen und beispielsweise auf Wasserstoff umzustellen. Die Kommission soll zudem das Recyceln von wichtigen Rohstoffen fördern.
Kritik an unstrittenem italienischem Kommissar
Von der Leyen verteidigte die Nominierung des italienischen Rechtsaußen-Politikers Raffaele Fitto als einen ihrer Stellvertreter. Er soll milliardenschwere Regionalfördergelder der EU verwalten.
„Das ist eine Entscheidung, die ich getroffen habe“, sagte von der Leyen in Straßburg. Das Mitte-Links-Lager übt scharfe Kritik an der Personalie, weil Fitto der rechten Partei angehört, bei der auch die italienische Regierungschefin Giorgia Meloni Mitglied ist.
Die Fraktionsvorsitzende der europäischen Sozialdemokraten, Iratxe García, sagte, ihre Fraktion unterstütze die neue Kommission mehrheitlich, weil sie Europa voranbringen wolle.
„Wir geben Ihnen aber keinen Blankoscheck“, warnte sie von der Leyen. Die SPD-Abgeordneten wollten sich bei der Abstimmung enthalten.
Europäische Volkspartei fordert „vom ersten Tag an Taten“
Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP) um CDU und CSU, Manfred Weber, forderte „vom ersten Tag an Taten“ von der neuen EU-Kommission. Eine Zusammenarbeit mit Parteien wie der AfD schloss er aus. Die AfD, die französische Rechtspopulistin Marine Le Pen und Ungarns Regierungschef Viktor Orbán seien „politische Feinde“ der EVP, betonte Weber.
Terry Reintke, Co-Fraktionschefin der europäischen Grünen, kritisierte die Auswahl der rechten Kommissare, die „leider auch mit Stimmen der Konservativen, der SozialdemokratInnen und der Liberalen“ durchgewunken worden seien.
Eine knappe Mehrheit ihrer Fraktion werde dennoch für die Kommission stimmen, weil von der Leyen Zusagen in der Klimapolitik und zur Rechtsstaatlichkeit gemacht habe.
Abgeordnete aus dem rechten Lager griffen die Kommissionspräsidentin und ihr neues Team an. Unter anderem warfen sie von der Leyen im Ukraine-Krieg „Kriegstreiberei“ vor.
Die Abgeordneten im Europaparlament wollten am Mittag über die 26 neuen EU-Kommissarinnen und Kommissare abstimmen. Eine Mehrheit gilt trotz einige Abweichler als gesichert, weil sich die EVP um CDU und CSU, Sozialdemokraten und Liberale vorab bereits geeinigt hatten. (afp/red)
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