Europäische Renaissance nach dem italienischen Wahlsieg?

Der Wahlsieg in Italien wurde von den rechten Kräften in Europa mit Spannung erwartet. Die ungarische und die polnische Regierung könnten in der EU einen wichtigen neuen Verbündeten dazugewinnen. Wird sich das politische Spektrum bald ändern?
Titelbild
Giorgia Meloni mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán in Budapest, 2018.Foto: Facebook-Seite von Giorgia Meloni
Von 28. September 2022

Die Wahl einer neuen rechtsgerichteten Regierung in Italien könnte einen Wandel in der EU-Politik herbeiführen. Laut Kritikern ist es zu erwarten, dass die Zusammenarbeit zwischen den Regierungen mit konservativen, christlichen und nationalistischen Prinzipien weiter verstärkt wird.

Die Parteichefin der Partei „Fratelli d’Italia“, Giorgia Meloni, setzte sich kürzlich für ihre ungarischen und polnischen Verbündeten in der EU-Kommission ein. Sie kritisierte die laufenden und geplanten Verfahren zum Entzug von EU-Mitteln für die beiden Mitgliedstaaten.

Meloni als Verbündete von Ungarn und Polen in der EU

In einer Debatte, die von der größten italienischen Tageszeitung „Corriere della Sera“ live übertragen wurde, äußerte sich Meloni zu den jüngsten Sanktionen der EU gegen Ungarn und Polen.

Im Interview setzte sich Meloni klar für Ungarn und Polen ein. Sie glaube, dass die Linke in der EU Polen und Ungarn als die „europäischen Verbrecher“ anprangere, während Deutschland den Gaspreis wegen der vorteilhaften Verträge mit Russland, nach welchen Berlin Gas zu einem Drittel des italienischen Preises kaufe, nicht deckeln wolle.

Giorgia Meloni sagte, die Linke benutze Ungarn mit seinen zehn Millionen Einwohnern als ständiges Negativbeispiel, während Deutschland, das die europäische Wirtschaft dominiere, nicht erwähnt werde, weil der Kanzler Sozialist sei.

Giorgia Meloni erklärte, die polnische und die ungarische Regierung hätten recht, wenn sie sich gegen die unkontrollierte Verteilung der in Italien ankommenden Migranten aussprächen. Die Rechtspolitikerin fügte hinzu, dass Frankreich und Deutschland die ersten gewesen seien, die illegale Einwanderer aus Italien zurückgewiesen hätten.

„Brüssels Albtraum“: Italien auf der Seite von Ungarn und Polen

Nach den italienischen Wahlen am Wochenende ist die Vision eines Bündnisses zwischen Ungarn, Polen und Italien mit dem Sieg von Giorgia Meloni und ihrer Partei Fratelli d’Italia in greifbare Nähe gerückt.

Linke Medien diskutieren bereits über ein Bündnis zwischen den drei Ländern. In einem kürzlich erschienenen Artikel in der „New York Times“ wird unter anderem argumentiert, dass Ungarn allein der EU viele Probleme bereite, dass es aber eine ernsthafte Herausforderung für den politischen Mainstream der EU darstelle, wenn sich Italien an Ungarn und Polen anschlösse.

Die Zeitung zitiert auch den ehemaligen italienischen Regierungsbeamten und politischen Analysten Stefano Stefanini mit den Worten:

der Albtraum Brüssels ist es, dass die neue italienische Führung auf der Seite Orbáns stehen wird.“

„Es ist zu früh, um zu sagen, wann das ungarisch-polnisch-italienische Bündnis Gestalt annehmen wird, aber es steht außer Frage, dass sie sich gemeinsam mehr Gehör in der EU-Politik und bei der Zukunft Europas verschaffen könnten, auch wenn sie viele Meinungsverschiedenheiten beiseiteschieben müssten“, sagte der Experte für Außenpolitik in Ungarn, Botond Feledy, im April 2021 auf eine Frage des ungarischen Radiosenders „Info Radio“.

Spitzenpolitiker aus Mittelosteuropa begrüßen den Sieg von Meloni

Die Kommunikation zwischen Ministerpräsident Viktor Orbán und den Führern der italienischen Rechtsparteien, die auf die Regierungsbildung warten, war viel intensiver als üblich und ging über die üblichen diplomatischen Höflichkeiten hinaus, erklärte Bertalan Havasi, stellvertretender Staatssekretär im Presseamt des Ministerpräsidenten, am Montag gegenüber der „Ungarischen Telekommunikationsagentur“ (MTI).

Nach Angaben des Pressesprechers schrieb Viktor Orbán an die designierte Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, dass der Erfolg der Partei Fratelli d’Italia ein Sieg für die Werte sei, die „die Grundlage unserer Zusammenarbeit und Freundschaft bilden“.

Orbán ging auch auf den Krieg zwischen Russland und der Ukraine ein und sagte, dass in einer solch schwierigen Zeit berechenbare Partnerschaften besonders wichtig seien. „Ich freue mich auf unsere künftige Zusammenarbeit, um den Frieden in unseren Ländern und in Europa zu bewahren, die europäische Wirtschaft wieder anzukurbeln und die Energiekrise zu lindern“, schrieb Orbán an die Parteivorsitzende.

„Bravo, Giorgia!“, schrieb Viktor Orbán auf seiner Facebook-Seite. Foto: Offizielle Facebook-Seite von Viktor Orbán

Zuvor hatte auch der ungarische Premierminister auf seiner Facebook-Seite eine Botschaft an Giorgia Meloni geschickt und geschrieben: „Mehr als verdienter Sieg. Herzlichen Glückwunsch, Giorgia!“

Orbán gratulierte auch dem Lega-Vorsitzenden Matteo Salvini und dem Vorsitzenden der Forza Italia, Silvio Berlusconi.

Auch die ungarische Justizministerin Judit Varga gratulierte Giorgia Meloni und ihren Verbündeten. Sie erklärte: „Die Rechten sind in Italien zurück!“

Der polnische Premierminister Mateusz Morawiecki gehörte auch zu den ersten, die Meloni gratulierten. „Herzlichen Glückwunsch, Giorgia Meloni!“, schrieb er auf seiner Twitter-Seite.

Euronews“ berichtete, dass der tschechische Premierminister Petr Fiala erklärte, er freue sich auf die „künftige Zusammenarbeit in der Europapolitik“, während der slowakische Premierminister Eduard Heger twitterte: „Wir stehen in der EU vor vielen Herausforderungen, die eine enge Zusammenarbeit bei europäischen Lösungen erfordern. – Ich freue mich auf die gemeinsame Arbeit an diesen Herausforderungen“.

Ungarn-Polen-Italien: „Wir wollen eine europäische Renaissance!“

Die Grundlagen für ein mögliches Bündnis wurden bei einem Gipfel der drei Länder in Budapest im Jahr 2021 gelegt. Die Fidesz-Partei des ungarischen Präsidenten Viktor Orbán trat kurz zuvor aus der Fraktion EVP im EU-Parlament aus. Mit dem neuen italienischen Wahlsieg können die Pläne der drei Länder in der EU-Politik mehr Gewicht bekommen.

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán, der ehemalige stellvertretende italienische Ministerpräsident Matteo Salvini und der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki bei einem Treffen in Budapest, 1. April 2021. Foto: Twitter, @matteosalvinimi

Die gemeinsamen Werte der polnisch-ungarisch-italienischen Zusammenarbeit seien Freiheit, Menschenwürde, Christentum, Familie und nationale Souveränität, betonte Viktor Orbán auf dem Gipfeltreffen 2021 laut der regierungsnahen Tageszeitung „Magyar Nemzet“.

„Die Europäische Volkspartei (EVP) scheint sich langfristig verpflichtet zu haben, mit der europäischen Linken zusammenzuarbeiten, sodass Millionen europäischer Bürger nicht vertreten sind“, so der Regierungschef weiter. „Wir werden uns dafür einsetzen, dass diese Menschen eine Stimme und ein Gewicht in der europäischen Politik erhalten.“

Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte auf dem Gipfel, Europa sei gespalten und von verschiedenen Kräften zerrissen, wobei die Brüsseler Elite versuche, es als Salon für Eliten zu präsentieren.

Wir sehen heute, dass Europa an einer Weggabelung angelangt ist: Es hat seine Wurzeln verloren und wir wollen ihm helfen, diese Wurzeln wiederzufinden“, so Morawiecki.

Es müsse eine gewisse intellektuelle Basis für Europa geschaffen werden. „Dies ist der Ursprung der Idee, dass wir eine Renaissance Europas brauchen, eine Wiederbelebung der Werte, auf die wir uns wirklich verlassen können“, sagte er.

Als die EU in ihrem Gründungsvertrag ihren christlichen Ursprung verleugnete, habe sie einen Fehler begangen, der korrigiert werden müsse, sagte Matteo Salvini, der Vorsitzende der italienischen Lega auf dem Gipfel.

Seitdem die Fratelli d’Italia in die Nähe der Macht kam, hatte Orbán auch einen intensiveren Kontakt zu Meloni. Letztes Jahr hatte Orbán sogar das Fußball-Länderspiel zwischen den deutschen und ungarischen Nationalmannschaften in München geschwänzt, um Meloni zu treffen.

Meloni lud Orbán zur Fraktionssitzung ihrer Partei im Jahr 2019 ein. Laut der ungarischen Tageszeitung „HVG“ sagte Meloni, sie habe Orbán eingeladen, weil sie die Visegrád-Länder und insbesondere Ungarn als „Modell“ betrachte.

Sie zeigen uns, wie wir als Mitgliedstaat in Europa erhobenen Hauptes leben können, wie wir in Europa stark bleiben, indem wir unsere Identität, unsere Grenzen, unsere Unternehmen und unsere Familien verteidigen“, erklärte Meloni.

Meloni: Der Sieg der italienischen Rechten ist keine Bedrohung für Europa

Während die rechten Parteien in Europa Melonis Sieg in Italien als Beginn einer europäischen Renaissance sehen, wiederholen die Medien auch Melonis frühere ultrarechte Äußerungen und bezeichnen ihren Wahlsieg als Bedrohung für Europa. Es gibt skeptische Stimmen zum jüngsten Politikwechsel des italienischen Regierungschefs und zu seiner Unterstützung für die Ukrainer.

Meloni selbst wies die Rechtsextremismus-Vorwürfe am Mittwoch in einer Videobotschaft zurück: Der Wahlsieg der italienischen Brüder „ist keine Bedrohung für die Demokratie oder die europäische und internationale Stabilität, wie es in der internationalen Presse dargestellt wird“, sagt sie nach „Euronews“.

Sie hat in den letzten Wochen auch deutlich gemacht, dass Rom bereit wäre, den Ukrainern mit Waffenlieferungen gegen Moskau zu helfen – in scharfem Gegensatz zum ungarischen Ministerpräsidenten.



Epoch TV
Epoch Vital
Kommentare
Liebe Leser,

vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.

Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.

Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.


Ihre Epoch Times - Redaktion