Europa will kritische Rohstoffe selbst gewinnen – und stößt schnell an Grenzen

Die industrielle Revolution des 18. und 19. Jahrhunderts war es, die Europa bis zu Ende des Zweiten Weltkriegs zur unangefochtenen Weltmacht gemacht hatte. Diese konnte sich auf einen – notfalls militärisch erzwungenen – weltweiten Zugang zu Rohstoffen stützen. Dazu kamen Kohle und Eisen, die auch in den eigenen Ländern flächendeckend gefördert wurden.
Heutzutage möchte die EU globaler Vorreiter beim Klimaschutz sein. Zudem fühlt man sich von Russland, das weniger als ein Drittel der Einwohnerzahl der EU aufweist, bedroht und strebt deshalb eine massive Aufrüstung an.
Kritischen Rohstoffe: EU teilweise zu 100 Prozent importabhängig
Sowohl für die „grüne Transformation“ als auch für die Hochrüstung werden Rohstoffe und Seltene Erden benötigt. Bei den sogenannten schweren Seltenen Erden beträgt der Grad der Importabhängigkeit der EU derzeit 100 Prozent. Diese werden unter anderem für Laserwaffen, Kommunikationssatelliten und Elektromotoren benötigt.
Hauptlieferant ist derzeit China. Nun hofft die EU auf mögliche Vereinbarungen mit der Ukraine. Ein Teil des Landes befindet sich jedoch unter russischer Kontrolle und wird dies voraussichtlich auch langfristig bleiben. Im anderen Landesteil drängen jedoch auch die USA unter Präsident Donald Trump auf den Abschluss eines Rohstoffabkommens. Dieser ist nicht dafür bekannt, auf europäische Befindlichkeiten allzu bereitwillig Rücksicht zu nehmen.
Ebenfalls zu 100 Prozent importabhängig ist Europa im Bereich der Platinmetalle. Dort gehört Südafrika zu den Weltmarktführern – und Russland. Mit Abstand rangieren dahinter Länder wie Simbabwe und die USA. Die Metalle werden vor allem für die Entwicklung von Wasserstofftechnologien benötigt.
USA positionieren sich strategisch
Immerhin nur 95 Prozent beträgt die europäische Importabhängigkeit beim Lithium, das vor allem für E-Auto-Batterien benötigt wird. In diesem Bereich gehört China zu den Weltmarktführern, und der Deal des KP-Regimes mit den Taliban nach deren Machtübernahme in Afghanistan hat diese Position gefestigt. Weitere bedeutende Player auf dem Weltmarkt sind Australien und mehrere lateinamerikanische Länder.
Zu 92 Prozent importabhängig ist Europa beim Kobalt – einem Rohstoff, der besonders für Batterien und in der Luftfahrt von Bedeutung ist. Auch hier liegen die Vorkommen vorwiegend außerhalb Europas – etwa im Kongo, in China, in Kanada, Russland oder Brasilien.
Nicht nur in der Ukraine, auch in Grönland hat Donald Trump erkannt, wie wichtig der Zugriff auf Rohstoffe künftig für sein eigenes Land sein wird. Auch das ist einer der Gründe, warum er den Einfluss der USA dort ausbauen möchte, bevor man in Europa überhaupt eine Strategie zu einer Erschließung verabschieden könnte.
Ziel: 10 Prozent des eigenen Bedarfs decken
Argentiniens Präsident Javier Milei hatte kurz nach Amtsantritt von Donald Trump sein Interesse an einem Freihandelsabkommen mit den USA bekundet. Dafür wäre er notfalls auch bereit, den Mercosur-Deal mit der EU zu verlassen.
Das hohe Maß an Importabhängigkeit hat in Europa mittlerweile Geschäftigkeit ausgelöst, wenn es darum geht, potenzielle eigene Vorkommen zu erschließen. Der sogenannte Critical Raw Materials Act (CRMA) hat einige Zielvorstellungen formuliert. So sollen bis 2030 10 Prozent des eigenen Bedarfs an kritischen Materialien durch heimische Förderung entstehen.
Außerdem sollen 15 Prozent des Bedarfs durch Recycling gedeckt werden. In keinem Bereich soll die Abhängigkeit von einem Drittland zudem auf über 65 Prozent steigen. Was die Gewinnung Seltener Erden im eigenen Bereich anbelangt, gehören Finnland, Polen, Norwegen und Schweden zu den größten Hoffnungsgebieten.
Recyclingziele zum jetzigen Zeitpunkt kaum realisierbar
Die Europäer setzen neuerdings auf unerschlossene Lagerstätten schwerer Seltener Erden wie Neodym und Dysprosium, die für Elektromotoren und Lasertechnologien essenziell sind. Diese sollen in Skandinavien und auf Grönland lagern. Im Südwesten Norwegens soll Norge Mining in der Nähe von Egersund Phosphatgestein abbauen. Dieses enthält die für die Rüstungsindustrie bedeutenden Metalle Vanadium und Titan. Der Abbau soll gegen Ende 2029 beginnen.
Dazu plant die Europäische Rohstoffallianz (ERMA) Bergwerksprojekte, die bis 2030 bis zu 20 Prozent des EU-Bedarfs an Seltenen Erden decken könnten. Auch hat man in der EU ein Auge auf Manganknollen im Atlantik, die Kobalt und Nickel enthalten.
Was das Recycling anbelangt, gewinnt die EU derzeit gerade einmal ein Prozent der Seltenen Erden aus Altgeräten. Perspektivisch rechnet man mit dem Rücklauf von E-Auto-Batterien ab 2040 – wobei die bislang entwickelten Recycling-Technologien noch nicht wirtschaftlich sind.
Hohe Kosten und Umweltstandards machen Abbau unwirtschaftlich
Selbst bei vollständiger Umsetzung der Vorhaben wäre Europa jedoch nur zu 20 bis 30 Prozent in der Lage, den eigenen Bedarf an kritischen Materialien zu decken. Ob dies überhaupt gelingt, hängt auch noch von weiteren Faktoren ab. Die hohen Umweltstandards und Produktionskosten in der EU machen China-bezogene Lieferketten wirtschaftlicher. Außerdem ist mit Blick auf Abbauvorhaben in EU-Ländern mit massivem Widerstand von Umweltgruppen zu rechnen, die zumindest den Zeitplan durcheinanderbringen können.
Die EU wird also weiterhin im Bereich der kritischen Rohstoffe massiv von Importen abhängig sein – und dabei häufig von Ländern, die den von Brüssel stetig angemahnten demokratischen und rechtsstaatlichen Standards nicht immer genügen. So gehört etwa die Türkei zu den potenziellen Partnern, wenn es um Kohle, Kupfer und Eisenerz, aber auch Industrierohstoffe wie Chrom, Strontium, Antimon, Gold und Quecksilber geht. Ermahnungen aus Brüssel wie jüngst anlässlich der Verhaftung des Istanbuler Bürgermeisters Ekrem Imamoğlu sind dort wenig willkommen.
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