EU will bis Ende 2017 gemeinsame Liste mit Steueroasen

Nach den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Panama und Steuervermeidung durch Großkonzerne in Luxemburg sucht die EU nach einem wirksameren Vorgehen gegen illegale oder unfaire Steuerpraktiken.
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Eine britische Fahne neben EU-Flaggen in Brüssel: Die EU will einen Austritt Großbritanniens verhindern.Foto: Laurent Dubrule/dpa
Epoch Times9. November 2016

Die EU will bis Ende kommenden Jahres eine gemeinsame Liste mit Steueroasen verabschieden. Die EU-Finanzminister konnten sich am Dienstag aber erst nach stundenlangen Verhandlungen auf Kriterien für die Aufnahme verständigen. Großbritannien und andere Länder bremsten weitreichendere Pläne aus.

Die Vereinbarung sei „ein erster entscheidender Schritt“ für die Erstellung der Schwarzen Liste im Verlauf des kommenden Jahres, sagte der slowakische Finanzminister Peter Kazimir, dessen Land derzeit den EU-Vorsitz hat. Nach dem Kompromiss beginnt die EU-Kommission Anfang kommenden Jahres mit der Prüfung, damit der Rat die Liste Ende 2017 verabschieden kann.

Nach den Enthüllungen über Briefkastenfirmen in Panama und Steuervermeidung durch Großkonzerne in Luxemburg sucht die EU nach einem wirksameren Vorgehen gegen illegale oder unfaire Steuerpraktiken. In der Diskussion der Minister ging es lange um die Frage, ob ein Steuersatz bei oder nahe Null ein Kriterium für die Definition einer Steueroase sein kann, was insbesondere London ablehnte.

Der Kompromiss sieht vor, dass darüber nun eine Ratsarbeitsgruppe weiterberaten soll. Möglicherweise werde dies am Ende nur noch „Indikator“ und nicht mehr vollwertiges Kriterium sein, hieß es von Diplomaten.

Großbritannien will vor dem geplanten EU-Austritt in rund zwei Jahren offenbar insbesondere seine Niedrigsteuergebiete Bermuda und Guernsey schützen. Auch Malta und baltische Staaten hatten Diplomaten zufolge Bedenken gegen die ursprünglichen EU-Pläne.

Einig waren sich die Minister beim Kriterium Transparenz, das insbesondere die Teilnahme am Austausch mit Steuerinformationen fordert. Weiteres Kriterium ist die Teilnahme an der sogenannten BEPS-Initiative der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) und der G-20-Gruppe gegen Strategien zur Gewinnverlagerung.

Die EU-Kommission soll nun ab 2017 mit der Überprüfung von Ländern und Gebieten beginnen. Kommissionsvize Valdis Dombrovskis sagte, bis Ende Januar solle zunächst ein breites Spektrum von Ländern informiert und um Stellungnahmen gebeten werden.

Kazimir sprach von einem „Dialog“ mit den betreffenden Ländern im Verlauf des Jahres. Erst danach wird laut Diplomaten dann nach den festgelegten Kriterien entscheiden, ob es sich tatsächlich um Steueroasen handelt, die auf der Schwarzen Liste landen.

Das Netzwerk zu Schulden und Entwicklung Eurodad kritisierte den Kompromiss als unzureichend. Die Aufnahme in die Schwarze Liste bliebe eine „höchst politische“ Angelegenheit. „Die erste Sache, welche die EU beschlossen hat, ist, dass kein EU-Land jemals auf die Schwarze Liste gesetzt werden kann.“

Die EU-Länder hätten sich vor einem wirklichen Vorgehen gegen Steueroasen „gedrückt“, kritisierte auch die Nichtregierungsorganisation Oxfam. Letztlich bliebe es bei „subjektiven Kriterien“, was zeige, dass die Mitgliedstaaten „mit multinationalen Konzernen unter einer Decke stecken“.

Aus der deutschen Delegation hieß es dagegen, am Ende sei ein „ausbalancierter Vorschlag“ herausgekommen. Die Richtung sei nun „sehr klar“, auch wenn der eine oder andere Punkt nochmals verhandelt werden müsse. (afp)



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