EU und X im Clinch: Thierry Breton weist Vorwürfe von Elon Musk zurück
In einem Interview mit „France Info“ hat der frühere EU-Digitalkommissar Thierry Breton Vorwürfe zurückgewiesen, er habe die Annullierung von Wahlen in der EU gefordert. X-Eigentümer Elon Musk hatte den Politiker, der sich im Sommer mit Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen überworfen hatte, zuvor als „Tyrannen Europas“ bezeichnet. Er beschuldigt Breton, eine Annullierung der deutschen Bundestagswahlen in Aussicht zu stellen.
Breton wirft Musk bereits seit Wochen „Einmischung“ in die Belange von EU-Mitgliedstaaten vor. Das Gespräch zwischen Musk und der „Kanzlerkandidatin“ der AfD, Alice Weidel, am vergangenen Donnerstag, 9.1., auf X hat seine Bedenken noch einmal untermauert. Der Milliardär hatte den Ex-Digitalkommissar bereits im Dezember daran erinnert, dass „amerikanische ausländische Einmischung“ im Zweiten Weltkrieg dafür gesorgt habe, dass dieser „heute weder Deutsch noch Russisch“ spreche.
Musk bereits 2023 im Visier der EU-Kommission
Breton, der sich heute nur noch als „Unternehmer, Lehrer, Politikmacher“ präsentiert, war bereits in seiner Zeit als EU-Kommissar auf Konfrontationskurs zu US-amerikanischen Tech-Konzernen gegangen. Besonders Elon Musk und der von ihm erworbene Kurznachrichtendienst X, vormals Twitter, erregte dabei sein Interesse. Im Herbst 2023 drohte Breton den Amerikanern erstmals Schritte nach dem sogenannten Digital Services Act (DSA) an.
Auf X warf der damalige Digitalkommissar Musk im Nachgang des Massakers der Hamas im israelischen Grenzgebiet zu Gaza am 7. Oktober 2023 Desinformation und Terrorpropaganda toleriert zu haben. X-CEO Linda Yaccarino wies den Vorwurf zurück und erklärte, alles Erforderliche getan zu haben, um gesetzwidrige Inhalte zu unterbinden. Die EU leitete im Dezember jenes Jahres dennoch ein Verfahren gegen X ein. Darin geht es allerdings nicht um illegale Inhalte, sondern um technische Belange wie Abo-Modelle oder die Übermittlung von Daten.
Breton meldete sich als „besorgter Bürger Europas“ zu Wort
Am 4. Januar meldete sich Breton als „europäischer Bürger“ zu Wort. Als solcher zeigte er sich „in Sorge um die gebotene Nutzung von systemischen Plattformen“, die in der EU unter strikter Beachtung des DAS zu operieren hätten. Um „unsere demokratischen Regeln gegen illegales und unangemessenes Verhalten in Wahlkampfzeiten“ zu schützen, sah er sich genötigt, die Teilnehmer über Sachverhalte zu belehren.
Dazu gehörten, dass Weidel durch die Gesprächsmöglichkeit einen „signifikanten und werthaltigen Vorteil gegenüber ihren Mitbewerbern“ genieße. Zudem sei Elon Musk gehalten, seine Verpflichtungen nach dem EU-Recht strikt einzuhalten.
Dear Ms @alice_weidel,
As a European citizen concerned with the proper use of systemic platforms authorized to operate in the EU under the strict respect of our 🇪🇺law (#DSA), especially to protect our democratic rules against illegal or misbehavior during election times, I… pic.twitter.com/aYqwzlzJUx
— Thierry Breton (@ThierryBreton) January 4, 2025
Breton wies auch auf seine Mahnung an Musk vom vergangenen Sommer hin. Damals hatte der Milliardär ein Gespräch mit dem damaligen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump auf X angesetzt. Breton forderte den X-Eigentümer schon damals auf, „keine Falschaussagen zu tolerieren“.
Am Ende stellte die EU 150 Beamte ab, um das Gespräch zwischen Musk und Weidel auf mögliche Verstöße gegen den DSA zu untersuchen.
Hinweis auf Rumänien ließ Alarmglocken schrillen
Ob diese dabei auf Beanstandenswertes getroffen waren, ist noch unklar. Thierry Breton bewegte der Talk jedoch weiter, und so äußerte er sich am Tag des Gesprächs im französischen Fernsehsender „BFMTV/RMC“. Er wurde gefragt, ob es erforderlich wäre, X zu verbieten, um einen nachteiligen Einfluss von Elon Musk zu verhindern, der immerhin auch über Tools wie Starlink verfüge. Breton äußerte daraufhin:
„Warten wir ab, warten wir ab, was passiert, und für den Moment sollten wir die Nerven behalten und unsere Gesetze in Europa anwenden. Sollten sie umgangen werden können und, wenn sie nicht angewendet werden, tatsächlich zu Störungen führen: Wir haben es in Rumänien getan, und wir müssen natürlich auch in Deutschland tun, was notwendig ist.“
Zahlreiche Kommentatoren sahen in den Äußerungen ein Eingeständnis Bretons, dass die EU hinter der Ungültigerklärung des ersten Durchgangs der Präsidentenwahlen in Rumänien stehe. Zudem interpretierten sie dessen Ausführungen als Drohung, im Fall eines unerwünschten Wahlergebnisses auch die deutsche Bundestagswahl zu annullieren.
Breton: „Wahlen waren in dem Interview kein Thema“
Die rumänische Präsidentenwahl vom 24.11.2024 muss wiederholt werden, weil der dortige Verfassungsgerichtshof diese zwei Tage vor der Stichwahl für ungültig erklärt hatte. Das Gericht sah Zweifel an der „Fairness und Rechtmäßigkeit“ der Abstimmung. Grund dafür war, dass eine angebliche ausländische Einmischung für den knappen Vorsprung des rechtsgerichteten Kandidaten Calin Georgescu im ersten Durchgang gesorgt habe.
Kurz zuvor war ein Geheimdienstdossier aufgetaucht. Diesem zufolge hätten massive „Guerilla-Marketing“-Kampagnen auf der chinesischen Videoplattform TikTok dem Kandidaten einen Vorteil verschafft. Deren Finanzierung sei undurchsichtig, zudem hätten deren Urheber zum Teil inaktive Accounts aktiviert, die bereits vor Jahren angemeldet worden waren. Angeblich soll Russland hinter der Kampagne für den Politiker stehen, der sich kritisch gegenüber der Ukrainepolitik der EU geäußert hatte.
Am Samstag stellte Breton auf „Franceinfo“ klar, dass eine Annullierung der deutschen Bundestagswahl zu keiner Zeit Thema seines Gesprächs bei „BFMTV/RMC“ gewesen sei. Die EU habe zu so einem Schritt gar keine Handhabe. Es seien „Fake news“ verbreitet worden. Es sei ihm lediglich um Schritte gegen Plattformen gegangen, die gegen den DSA verstießen. Elon Musk habe, „obwohl er kein Mandat hat und seine Vorschläge schockierend sind“, das Recht, in der EU seine Meinung zu äußern.
Thierry Breton qualifié de „tyran de l’Europe“ par Elon Musk sur X : „Une fake news de plus“, explique l’ex-commissaire européen qui réfute l’idée d’ingérences du milliardaire américain. „Il n’a aucun mandat, il a le droit de parler même si ses propos sont choquants“. pic.twitter.com/khuc5vpBWG
— franceinfo (@franceinfo) January 11, 2025
Italien schließt milliardenschweren Vertrag mit Musk
In Brüssel äußerte „France24“ zufolge der Sprecher der Digitalkommissarin Henna Virkkunen, Thomas Regnier, der DSA verbiete keinem Eigentümer einer Plattform, Livestreams abzuhalten:
„Herr Musk darf seine persönlichen Ansichten und seine politischen Meinungen in der EU online und offline äußern.“
Die Plattform X werde jedoch daraufhin untersucht, wie sie gegen „die Verbreitung illegaler Inhalte und Informationsmanipulation“ vorgehe. Zudem gehe man der Frage auf den Grund, ob Musk nicht durch algorithmische Einstellungen sich selbst oder Gleichgesinnten bezüglich Reichweite einen Vorteil verschaffe. Für den 24. Januar ist ein Treffen zwischen der EU-Kommission, deutschen Regulierungsbehörden und Vertretern der großen digitalen Plattformen, darunter auch X, geplant, meldet „Euronews“.
Unterdessen erfährt Elon Musk auch in der EU nicht nur Gegenwind. Im Umfeld des jüngsten Treffens von Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni mit Musk und dem designierten US-Präsidenten Donald Trump wurden Details über ein Geschäft bekannt. So soll die Regierung in Rom mit Starlink, das zu Musks SpaceX-Konzern gehört, einen Deal über 1,5 Milliarden Euro abgeschlossen haben. Das Satellitensystem soll einen sicheren Kommunikationskanal für Italiens Regierung ermöglichen.
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