EU-Renaturierungsgesetz: Hitzige Abstimmung im EU-Parlament – Entscheidung vertagt
Heute fand die Abstimmung im EU-Parlament in Straßburg in Bezug auf das im Juni 2022 vorgeschlagene EU-Renaturierungsgesetz statt. Abgeordnete des Europaparlaments haben es jedoch nicht geschafft, im Umweltausschuss zu einer finalen Entscheidung zu kommen.
Nach mehr als drei Stunden knapper Abstimmungen sei deshalb beschlossen worden, die Sitzung am 27. Juni fortzusetzen, schrieb der Vorsitzende des Umweltausschusses, Pascal Canfin, am Donnerstag auf Twitter. Die Abstimmung dauert länger als zunächst angenommen, insgesamt gab es laut Canfin rund 2.500 Änderungsanträge. Die EU-Pläne werden unter anderem von Christdemokraten, Konservativen und der ID-Fraktion, zu der auch die AfD gehört, kritisiert.
Von der Europäischen Union wird das Gesetz als Grundpfeiler des Green Deal betrachtet und soll den Zustand der Natur in Europa verbessern. Konkret sieht die Bestimmung vor, dass bis 2030 geschädigte Ökosysteme auf 20 Prozent der Fläche der EU „wiederhergestellt“ werden sollen. Dem Entwurf zufolge müssen sogar bis 2050 alle Ökosysteme in Europa wieder in einem gesunden Zustand sein – sozusagen „renaturiert“.
Bundesumweltministerin Steffi Lemke befürchtet Verzögerung
Bundesumweltministerin Steffi Lemke und ihre Kollegen aus Spanien, Luxemburg und Frankreich befürchten nun eine Verzögerung des umstrittenen EU-Umweltgesetzes. In einem Brief an die schwedische Ressortchefin Romina Pourmokhtari, der der „Deutschen Presse-Agentur“ (dpa) vorlag, äußerten sie ihre „große Besorgnis“.
Man habe erfahren, dass die schwedische Ratspräsidentschaft erwäge, in der kommenden Woche – anders als geplant – keine Position der EU-Staaten zu dem Gesetz zu beschließen. Schweden hat derzeit den halbjährlich wechselnden Vorsitz unter den EU-Staaten inne und daher großen Einfluss auf die Tagesordnung der Treffen.
Änderungsantrag der EVP kommt nicht durch
Kurz vor der heutigen Abstimmung hatte sich die Debatte um den Umwelt- und Klimaschutz in der EU weiter zugespitzt. Der Widerstand gegen das EU-Gesetz und die geplante Pestizid-Verordnung kam insbesondere durch die im Europaparlament führende konservative EVP-Fraktion. Die Partei unter Vorsitz des CSU-Abgeordneten Manfred Weber wollte die EU-Regelung zu Fall bringen.
Laut EVP-Chef Weber wird das EU-Renaturierungsgesetz zu hohen Belastungen für Bauern und Landwirtschaft führen. Dies hätte den Rückgang der Nahrungsmittelproduktion zur Folge und würde die Preise treiben. In einem Twitter-Beitrag vom 14. Juni bemängelte er:
Wir werden unsere Klima- und Biodiversitätsziele nicht erreichen, wenn wir gegen unsere ländlichen Gebiete vorgehen.“
Dabei forderte Weber Herrn Timmermans auf, einen besseren Gesetzesvorschlag zu liefern. Einen, „der unsere Bedenken berücksichtigt, und wir sind bereit, zusammenzuarbeiten“. Auch Christine Schneider, Chefunterhändlerin der EVP, bestätigte Webers Kritik. Demnach habe die geplante Verordnung zwar „gute Absichten“, aber ein „schlechtes Design“, so die CDU-Abgeordnete aus Rheinhessen-Pfalz.
Nestlé, SPD und Grüne für EU-Renaturierungsgesetz
Neben einigen Umweltverbänden hat sich auffälligerweise die Industrie in hohem Maße für den Gesetzesentwurf eingesetzt. Laut „taz“ hätten über 70 Firmen und Verbände, darunter Nestlé, Spar und IKEA, die Pläne der EU befürwortet. „Wenn die Natur unter Druck gerät, sind auch unsere Ernährungssysteme unter Druck“, erklärte Bart Vandewaetere von Nestlé.
WWF, Deutscher Naturschutzring, BUND und andere Verbände hatten in einem offenen Brief gewarnt: „Angesichts der Doppelkrise von Biodiversitätsverlust und Erderwärmung nicht oder verspätet zu handeln, verursacht gigantische Schäden und entsprechende Kosten.“
So argumentieren diese Umweltverbände und große Lebensmittelunternehmen, dass die Lebensmittelsicherheit in Gefahr sei, wenn das Gesetz nicht rechtzeitig verabschiedet werde. In ihren Augen würde die Verordnung dabei helfen, die negativen Folgen von Klimaveränderungen auf die Landwirtschaft abzumildern.
SPD-Abgeordnete wirft EVP „Täter-Opfer-Umkehr“ vor
Im Vorfeld sah sich die EVP auch politischem Gegenwind von den Grünen in Österreich gegenüber. Die EU-Abgeordnete Sarah Wiener habe laut dem „Deutschen Naturschutzring“ den Konservativen vorgeworfen, „den Green Deal zum Entgleisen bringen“ zu wollen. Auch Parteikollege Martin Häusling habe darin eine „Rolle rückwärts“ gesehen und einen „Generalangriff auf die Natur“.
Maria Noichl, SPD-Europaabgeordnete und Verhandlungsleiterin für die Reform der EU-Agrarpolitik der Sozialdemokraten im EU-Parlament, wirft der EVP „Täter-Opfer-Umkehr“ und „Arbeitsverweigerung“ vor.
Noch steht ein Beschluss zu dem Gesetz auf der Tagesordnung für ein EU-Umweltministertreffen am Dienstag. Für Freitag ist vorgesehen, dass die Botschafter der EU-Staaten noch einmal über das Thema sprechen.
(mit Material aus dpa)
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