EU-Parlamentspräsident Tajani fordert Auffanglager für Flüchtlinge in Libyen – SPD und Grüne weisen Vorschlag zurück

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani hat sich für Auffanglager für Flüchtlinge in Libyen ausgesprochen. Die EU-Parlamentarierin Birgit Sippel (SPD) wies Tajanis Vorschlag zurück, da Libyen weder ein sicheres noch ein stabiles Land sei. Der Vorschlag ziele auf eine weitere Abschottung Europas.
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Flüchtlinge ruhen sich an Deck des Rettungsbootes «Golfo Azzurro» aus, nachdem sie vor der libyschen Küste gerettet wurden.Foto: Emilio Morenatti/dpa
Epoch Times27. Februar 2017

EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani hat sich für Auffanglager für Flüchtlinge in Libyen ausgesprochen. Die EU solle zu diesem Zweck ein Abkommen mit dem nordafrikanischen Land vereinbaren, sagte Tajani den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Montag. Der Direktor der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, kritisierte unterdessen die Rettungseinsätze von Hilfsorganisationen vor der libyschen Küste. Politiker von SPD und Grünen und die Organisation Ärzte ohne Grenzen wiesen die Äußerungen zurück.

Auffanglager in Libyen müssten allerdings eine gewisse Grundausstattung wie eine ausreichende Zahl an Ärzten und genügend Medikamente haben, sagte Tajani in dem Interview. „Man muss Mittel zur Verfügung stellen, dass die Menschen dort ein paar Monate oder Jahre in Würde leben können“, erklärte der Nachfolger von Martin Schulz (SPD). „Auffanglager dürfen keine Konzentrationslager werden.“

Libyen ist das Hauptdurchgangsland für Flüchtlinge aus Afrika auf der Route über das zentrale Mittelmeer nach Europa. Hilfsorganisationen kritisieren immer wieder schwerste Menschenrechtsverletzungen in dem Krisenland, das in weiten Teilen von bewaffneten Milizen kontrolliert wird. In Deutschland ist der Vorschlag der Auffanglager heftig umstritten. Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat sich gegen solche Lager ausgesprochen, Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) ist dafür.

Die EU-Parlamentarierin Birgit Sippel (SPD) wies Tajanis Vorschlag zurück. Libyen sei weder ein sicheres noch ein stabiles Land, sagte Sippel im Deutschlandfunk. Geordnete Lager, die den Flüchtlingen Schutz böten, seien dort nicht möglich. Stattdessen ziele der Vorschlag auf eine weitere Abschottung Europas.

Auf Ablehnung stieß auch die Kritik des Frontex-Chefs an den Rettungsmaßnahmen von Hilfsorganisationen im Mittelmeer. Leggeri sagte der Zeitung „Die Welt“, die Geschäfte der kriminellen Netzwerke und Schlepper in Libyen dürften nicht noch dadurch unterstützt werden, „dass die Migranten immer näher an der libyschen Küste von europäischen Schiffen aufgenommen werden“. Das führe dazu, dass Schleuser noch mehr Migranten als in den Jahren zuvor auf die seeuntüchtigen Boote zwingen.

Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Luise Amtsberg, wies die Kritik zurück. Ohne den „unermüdlichen Einsatz“ der Nichtregierungsorganisationen wäre die Zahl der Toten deutlich höher, sagte Amtsberg der „Welt“. „Deshalb sind wir diesen Organisationen zu Dank verpflichtet.“

Zweifelsohne seien die Methoden der Schlepper „menschenverachtend und zynisch“, sagte Amtsberg. „Dem wirkt man aber nicht entgegen, indem man schutzsuchende Menschen ihrem eigenen Schicksal überlässt.“ Um den Schleppern das Handwerk zu legen, müssten legale und sichere Wege für Flüchtlinge geschaffen werden, forderte die Grünen-Politikerin.

Ähnlich äußerte sich der Geschäftsführer von Ärzte ohne Grenzen in Deutschland, Florian Westphal. Die Hilfsorganisationen versuchten im Mittelmeer das Leben von Menschen zu retten, „die vor extremen Bedingungen in Libyen fliehen“, sagte Westphal der Nachrichtenagentur AFP. Viele Gerettete berichteten von Inhaftierung, Folter, Misshandlung und sexueller Gewalt.

„Diese Menschen wagen sich nicht auf löchrige Schlauchboote, um sich von Ärzte ohne Grenzen retten zu lassen, sondern weil sie keine andere Wahl haben“, sagte Westphal. „Wenn man die Seenotrettung einschränkt, nimmt man in Kauf, dass noch mehr Menschen ertrinken“, fügte er hinzu. Der eigentliche Grund, warum Seenotrettung überhaupt nötig sei, sei die Politik der EU, „die es Flüchtlingen nicht ermöglicht, auf legalem und sicherem Weg Europa zu erreichen und hier Schutz zu suchen“.

Die spanische Küstenwache gab unterdessen die Rettung von mehr als 250 Flüchtlingen bekannt. Die Menschen wurden demnach am Wochenende von sieben Schlauchbooten gerettet, die auf dem Weg von Marokko nach Spanien waren. (afp)

 



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