EU-Kommission räumt Fehler bei Impfstoff-Beschaffung ein
Der Vizepräsident der EU-Kommission, Frans Timmermans, hat Versäumnisse bei der Corona-Impfstoffstrategie der Europäischen Union eingeräumt. „Es stimmt, dass bei der Bestellung der Impfstoffe sowohl in Brüssel als auch in den Mitgliedstaaten Fehler gemacht wurden“, sagte Timmermans dem „Tagesspiegel am Sonntag“. Er kündigte seine Bereitschaft an, am Ende der Pandemie Bilanz zu ziehen.
„Ich bin bereit, am Ende der Pandemie eine Bilanz zu ziehen. Dann können wir ja sehen, was wir falsch und was wir richtig gemacht haben.“ In der jetzigen Situation gehe es aber erst einmal darum, „dass ganz Europa Impfstoff bekommt“, sagte Timmermans weiter.
Ein europäisches Vorgehen sei „auch im Interesse der reicheren Staaten“ wie Deutschland erfolgt, ergänzte der Stellvertreter von Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Blick auf die gemeinschaftliche Impfstoff-Bestellung durch die EU. Er verstehe „den Anspruch der Bürgerinnen und Bürger, dass wir den Impfstoff schnellstens liefern müssen“.
Im Gespräch mit der Zeitung verteidigte Timmermans die gemeinschaftliche Impfstoff-Bestellung durch die EU. Ein europäisches Vorgehen sei „auch im Interesse der reicheren Staaten“ wie Deutschland erfolgt, sagte er.
Manfred Weber droht mit Exportstopp
Nach der Ankündigung neuer Lieferkürzungen hat der Chef der Konservativen im EU-Parlament, Manfred Weber (CSU), dem britisch-schwedischen Impfstoffhersteller AstraZeneca mit einem Exportstopp gedroht.
„Es entsteht der Eindruck, dass andere Länder gegenüber der EU bevorzugt werden“, sage Weber der „Welt am Sonntag“. Solange AstraZeneca seine Zusagen nicht erfülle, „sollte die EU einen grundsätzlichen Exportstopp von in der EU produzierten Impfstoffdosen des Unternehmens verhängen“, forderte er.
AstraZeneca kürzt erneut Lieferungen in EU
AstraZeneca hatte am Samstag sein Bedauern geäußert, die geplanten Impfstofflieferungen in die EU erneut kürzen zu müssen und begründete dies mit Produktionsproblemen und Exportbeschränkungen. Man arbeite „unermüdlich“ an einer Beschleunigung der Lieferungen. Bis Mitte des Jahres sollen dem Unternehmen zufolge nur hundert Millionen Impfstoffdosen an die EU ausgeliefert werden.
Bereits zu Jahresbeginn hatte es zwischen Brüssel und dem Unternehmen Streit um das Tempo der Impfstoff-Lieferungen gegeben. Das Unternehmen hatte damals bekannt gegeben, wegen Problemen in einem Werk in Belgien im ersten Quartal deutlich weniger Impfstoff liefern zu können als vorgesehen. Staaten außerhalb der EU wie Großbritannien wurden dagegen offenbar ohne Einschränkungen weiter beliefert.
In der EU zugelassen sind bisher vier Impfstoffe von Biontech und Pfizer, Moderna, AstraZeneca und Johnson & Johnson. Unter anderem Österreich hatte die Impfstoffstrategie der EU kürzlich kritisiert und der Europäischen Arzneimittelagentur vorgeworfen, sie sei bei den Zulassungen von Vakzinen „zu langsam“ gewesen.
Von den vier in der EU zugelassenen Corona-Impfstoffen wurden insgesamt mindestens 1,4 Milliarden Dosen geordert – mehr als genug für die rund 450 Millionen Europäer. Auch die Verteilung der Impfstoffdosen auf die Mitgliedstaaten wird in manchen Hauptstädten der EU als ungerecht empfunden.
Reaktionen der Bundesländer auf AstraZeneca
Unterdessen haben mehrere Bundesländer Konsequenzen aus den Kürzungen der Impfstofflieferungen durch den britisch-schwedischen Pharmakonzern AstraZeneca angekündigt. Thüringen stoppte deshalb die Terminvergabe für Impfungen und verschob den geplanten Start von Impfungen bei Hausärzten.
Sachsen-Anhalt stellt die Impfungen von Polizisten vorerst zurück. In Berlin sollen neue Impftermine gestreckt werden, wie ein Sprecher der Gesundheitsverwaltung sagte.
AstraZeneca hatte am Freitag angekündigt, statt der zuletzt anvisierten 220 Millionen Dosen nur noch 100 Millionen bis zur Jahresmitte an die EU-Staaten zu liefern. Der Konzern begründete dies unter anderem mit Exportbeschränkungen anderer Länder.
Die Ankündigung sei „absolut inakzeptabel“ und zerstöre massiv Vertrauen, sagte Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU-Politiker) der „Bild am Sonntag“. „Es kann doch nicht sein, dass Exportbeschränkungen zu Lasten der Menschen gehen. Es reicht langsam“, sagte Holetschek weiter. Bayern will trotzdem am 1. April mit dem Impfen durch die Hausärzte vor allem in den Grenzregionen starten. (afp/dpa)
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