Nach EZB-Urteil: EU-Kommission leitet Verfahren gegen Deutschland ein
Die EU-Kommission hat wegen des umstrittenen Urteils des Bundesverfassungsgerichts zu Anleihekäufen der Europäischen Zentralbank (EZB) ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Wie die Behörde am Mittwoch (9. Juni) mitteilte, geht sie „wegen der Verletzung grundlegender Prinzipien des EU-Rechts“ gegen Deutschland vor. Dabei gehe es auch um die „Beachtung der Zuständigkeit des Europäischen Gerichtshofs“.
Das Bundesverfassungsgericht hatte im Mai 2020 das vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) gebilligte EZB-Anleihekaufprogramm PSPP in Teilen als verfassungswidrig eingestuft. Die Verfassungsrichter entschieden, dass die EZB ihre Beschlüsse nicht umfassend begründet und der EuGH das Vorgehen nicht ausreichend geprüft habe. Sie stellten deshalb kompetenzwidrige Beschlüsse fest und forderten die EZB auf, die Verhältnismäßigkeit des Programms binnen drei Monaten zu begründen.
Die Bundesregierung hat nun zwei Monate Zeit, um auf die Kritik der Kommission zu reagieren. Ist die Behörde damit nicht zufrieden, kann sie Berlin nochmals förmlich auffordern, Verpflichtungen aus dem EU-Recht nachzukommen. Tut Deutschland das nicht, kann die Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof klagen.
Die Kommission habe „kein Interesse an einem vertieften Streit“ zwischen dem Europäischen Gerichtshof und dem Bundesverfassungsgericht, hieß es bereits am Dienstag aus der Kommission. Die Behörde arbeite deshalb in der Frage „eng mit dem Bundeskanzleramt“ zusammen.
Die Grünen im Bundestag begrüßten das Verfahren. Es sei der richtige Weg, um den Streit zu klären, erklärten die Abgeordneten Franziska Brandner und Lisa Paus. Denn das Verfassungsgericht habe „mit seiner Entscheidung die Letztinterpretationskompetenz für europäisches Recht durch den EuGH in Zweifel“ gezogen.
Der liberale Europa-Abgeordnete Guy Verhofstadt sah in dem Streit aber auch eine Dimension gemeinsamer europäischer Verschuldung. „In diesem Gerichtsverfahren geht es um eine Fiskalunion“, schrieb er auf Twitter. „Um die EU in der komplexen Welt des Jahres 2021 voranzubringen, wie es die Bürger mit überwältigender Mehrheit wollen, brauchen wir sie dringend!“ (afp)
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