EU-Kommission fordert mehr Geld für Europa
Die EU-Kommission fordert mehr Geld im kommenden Jahrzehnt. Derzeit koste die EU die Steuerzahler täglich „eine Tasse Kaffee“, sagte Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker am Montag. „Ich bin wirklich der Meinung, Europa ist mehr wert als eine Tasse Kaffee pro Tag.“ EU-Haushaltskommissar Günter Oettinger kündigte derweil an, er wolle die Milliarden-Finanzlücke durch den Brexit zur Hälfte durch Einsparungen schließen.
Juncker und Oettinger sprachen in Brüssel bei einer Veranstaltung zum nächsten EU-Finanzrahmen im kommenden Jahrzehnt. Das aktuelle Mehrjahresbudget für den Zeitraum von 2014 bis 2020 sieht maximale Ausgabenverpflichtungen von rund 960 Milliarden Euro vor.
Brexit: Es fehlen 12 bis 13 Milliarden Euro pro Jahr
Oettinger bezifferte das Loch im europäischen Haushalt durch den EU-Austritt Großbritanniens auf zwölf bis 13 Milliarden Euro pro Jahr. Er schlug vor, die Brexit-Lücke durch „50 Prozent Einsparungen in der bestehenden Haushaltsstruktur und 50 Prozent frisches Geld“ der Mitgliedstaaten auszugleichen.
Der Haushaltskommissar sah ab 2021 gleichzeitig einen Mehrbedarf an Geld für neue Politikbereiche wie die Terrorismusbekämpfung, Grenzschutz, Verteidigung und Wettbewerbsfähigkeit im digitalen Zeitalter.
Anders als bei der Brexit-Lücke schlug Oettinger vor, diese Posten über 20 Prozent Einsparungen und 80 Prozent frisches Geld zu finanzieren.
Derzeit entspricht der EU-Haushalt etwa einem Prozent der Wirtschaftsleistung in der EU. „Wir brauchen nicht zwei Prozent“, sagte Oettinger, „aber ein bißchen mehr als ein Prozent.“ Er sprach sich für die anstehenden Budgetverhandlungen für den Zeitraum ab 2021 für einen Wert von „1,1 Prozent plus X“ als Ziel aus.
Juncker lehnte seinerseits „blutige Kürzungen“ in den traditionell großen EU-Haushaltsposten für die Landwirtschaft und die Kohäsionspolitik zur Angleichung der Lebensverhältnisse ab. Beide Bereiche seien wichtige Bestandteile europäischer Politik, sagte er. Oettinger bezeichnete seinerseits Kürzungen bei den Kohäsionsmitteln von 10 bis 15 Prozent als „maßvoll“.
Kuhhandel auf Kosten der Steuerzahler
Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) warnte bei der Veranstaltung davor, dass die nun anstehenden Verhandlungen über den mehrjährigen Finanzrahmen der EU wieder zu einem „Kuhhandel“ führen, „bei dem sich Nettozahler und Nettoempfänger irgendwie auf irgendetwas einigen“. Zunächst müsse klar gemacht werden, um welche Aufgaben und Ziele es gehe. „Das ist vor allem eine politische Herausforderung, eben keine Rechenübung zuerst“.
Gabriel verwies gleichzeitig darauf, dass Deutschland in Wahrheit „wohl der größte Nettogewinner der europäischen Einigung“ sei.
Denn die deutsche Exportwirtschaft sei darauf angewiesen, dass es ihren wichtigen Absatzländern in Europa gut gehe, damit sie ihre Waren auch verkaufen könne. „Niemand hängt vom Wohlergehen der anderen Mitgliedstaaten so sehr ab wie Deutschland.“
Kritik übte Gabriel an der „immer wieder geschürten Angst vor der Schuldenunion“. Tatsächlich gebe es längst „heimliche Verschuldung, heimliche Transferunion, heimliche Eurobonds, bloß ohne das an politische Zielsetzungen zu knüpfen“, sagte er.
Weil die Politik diese Rolle verweigert habe, habe die Europäische Zentralbank (EZB) für die Finanzierung der Wirtschaft sorgen müssen. Für die dabei eingegangenen Risiken müsse auch Deutschland haften. (afp)
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