Koalition der Willigen – Deutschland als Europas Vorreiter bei Flüchtlingsaufnahme
Die Europäische Kommission begrüßt den deutschen Vorschlag, sich an einer Koalition der Willigen bei der Aufnahme von Migranten zu beteiligen. „Ich anerkenne, dass eine engere Zusammenarbeit zwischen bestimmten Mitgliedstaaten uns helfen kann, bei gemeinsamen Lösungen in der EU voranzukommen“, sagte EU-Innenkommisarin Ylva Johansson der „Welt am Sonntag“.
Wenige Tage vor dem nächsten Treffen der EU-Innenminister am kommenden Donnerstag sagte Johansson, sie begrüße darum, „dass die neue deutsche Regierung Unterstützung mit anderen Ländern aufbaut, solange dies dazu beiträgt einen Kompromiss zu finden, der nötig ist, die laufenden Gesetzgebungsvorschläge und die strukturellen Reformen im Migrationspakt zu verabschieden“.
Johansson fügte hinzu: „Die Bereitschaft, Lösungen und gemeinsame Interessen von Ländergruppen innerhalb der EU zu finden, ist positiv, wenn das Hand in Hand geht damit, einen Kompromiss zu finden bei den übergeordneten Fragen. Ich glaube fest, dass beides komplementär sein kann.“
Vor zwei Wochen hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) angekündigt, eine „Koalition der aufnahmebereiten Mitgliedstaaten“ schmieden zu wollen. Die Regierung in Wien lehnt es strickt ab, sich daran zu beteiligen. „Österreich wird aus eigenen Stücken keine zusätzlichen Migranten aufnehmen. Auf die Bevölkerung gerechnet haben wir von Januar bis September 2021 deutlich mehr Asylanträge entgegengenommen als Deutschland“, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) der „Welt am Sonntag“.
Widerstand gegen Flüchtlingsquoten
Seit 2016 streiten die EU-Länder über die Aufnahme und Verteilung von Flüchtlingen und Migranten. Insbesondere osteuropäische Länder lehnen Flüchtlingsquoten oder eine verpflichtende Aufnahme von Flüchtlingen ab. Zuletzt hatte die EU-Kommission im September 2020 dazu einen Gesetzesvorschlag gemacht. Eine Lösung gibt es bisher nicht.
Wie die „Welt am Sonntag“ unter Berufung auf hohe EU-Diplomaten weiter berichtet, will die amtierende französische EU-Ratspräsidentschaft beim Treffen in der 27 Innenminister am Donnerstag eine „graduelle Umsetzung“ des EU-Migrationspakets vorschlagen. An dem Treffen wird laut Johansson auch Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron teilnehmen.
„Ich begrüße, dass Präsident Macron starke Führung zeigt und kommende Woche beim Treffen der Innenminister in Lille persönlich anwesend sein wird“, sagte die Sozialdemokratin aus Schweden. Sie habe Vertrauen in die Führungsstärke der Franzosen, „um ein Momentum zu schaffen, das Migrationsmanagementsystem zu europäisieren“.
Sicherheitskontrollen und Identitätsprüfung
Informierte Diplomaten berichten laut Blatt, dass laut Plan aus Paris zunächst der Außengrenzschutz verbessert werden soll, bevor man wieder über Aufnahmequoten berät. Paris will demnach beim Treffen der 27 Innenminister damit beginnen, in den kommenden Wochen zunächst eine Einigung über das von der EU-Kommission im September 2020 vorgeschlagene „Screening“ zu erreichen. Konkret geht es darum, direkt nach Ankunft von Migranten eine Sicherheitskontrolle und Identitätsprüfung durch Abfrage einschlägiger Datenbanken durchzuführen.
Zudem sollen biometrischen Daten erfasst und für fünf Jahre in einer Datenbank (Eurodac) gespeichert werden, es wird außerdem eine medizinische Untersuchung und eine erste Prüfung der Schutzbedürftigkeit vorgenommen. Dafür sollen die Ankunftsländer am Mittelmeer ausreichend Geld und Personal erhalten, aber auch erste freiwillige Zusage für die Übernahme von Migranten.
Ziel des „Screening“ ist, frühestmöglich vor allem jene Personen zu identifizieren, die keinen Asylanspruch erhalten und damit möglichst nicht in die EU gelangen bzw. bei einem illegalen Aufenthalt schnellstmöglich identifiziert werden können.
Österreichs Innenminister Karner sagte dazu: „Wir wollen Allianzen der Vernunft bilden.“ Er schlägt vor, sich in der Migrationsfrage „auf jene Themen zu konzentrieren, bei denen Einigkeit herrscht: Robuster Außengrenzschutz, konsequente Rückführungen, strategische Kooperationen mit Drittstaaten, schnellere Verfahren und der Kampf gegen Schlepper“. (dts/red)
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