EU-Innenminister erwägen „innovative“ Wege zur Beschleunigung von Abschiebungen

Die EU-Innenminister haben diese Woche über eine Lösung für die Flüchtlingskrise verhandelt. Ihre Vorschläge konzentrierten sich auf schnelle Abschiebungen und auf die Zusammenarbeit mit Drittstaaten.
Innenminister Faeser ordnet neue Grenzkontrollen an.
Innenminister Nancy Faeser ordnete Mitte September verstärkte Grenzkontrollen an.Foto: Michael Kappeler/dpa
Von 11. Oktober 2024

Die EU-Innenminister trafen sich diese Woche, um „innovative“ Wege zur Abschiebung von nicht ausreisewilligen Migranten zu diskutieren. Bei dem zweitägigen Treffen am 10. und 11. Oktober in Luxemburg besprachen die Minister auch die Grenzkontrollen innerhalb des Schengen-Raums, die mehrere Mitgliedstaaten mittlerweile durchführen.

Ungarn und Italien forderten sogenannte Rückführzentren in Drittstaaten, damit Einwanderer gar nicht erst in die EU gelangen. Italien hatte mit Albanien geschlossene Asyllager vereinbart, andere Länder sehen dies nicht als geeignetes Modell an.

Eine Mehrheit der Mitgliedstaaten hat die EU-Kommission zudem aufgerufen, die Rückführungsrichtlinie aus dem Jahr 2008 zu überarbeiten. Auch Deutschland ist darunter. Laut Eurostat wurden im vergangenen Jahr 484.160 Nicht-EU-Bürger aufgefordert, die EU zu verlassen, von denen 91.465 (18,9 Prozent) schließlich zurückkehrten.

Der Vorsitzende des Treffens, der ungarische Innenminister Sándor Pintér, sagte auf einer Pressekonferenz am Donnerstagabend, dass bei dem Treffen auch über organisierte Kriminalität, einschließlich Onlinekriminalität und sexueller Missbrauch von Kindern im Internet gesprochen wurde.

Faeser: Neues Asylsystem schnellstmöglich umsetzen

Am 10. April hat das EU-Parlament mit Mehrheit dem im Dezember geschnürten Asylpaket zugestimmt. Die neuen Regeln sollen vor allem die Hauptankunftsländer entlasten, Asylverfahren direkt an den Außengrenzen der EU erleichtern und die Abschiebung Nichtasylberechtigter erleichtern. Die Mitgliedsländer sollen Migranten künftig auch in sichere Drittstaaten wie Tunesien oder Albanien zurückschicken können.

Die Umsetzung der EU-Asylreform muss in den Mitgliedstaaten bis Juni 2026 erfolgen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat jedoch in Luxemburg angekündigt, sie wolle die Maßnahme der schnellen Grenzverfahren zügiger umsetzen. „Alle Anstrengungen der neuen Kommission und der Mitgliedstaaten sollten darauf gerichtet sein, dieses neue Asylsystem jetzt schnellstmöglich umzusetzen“, betonte sie am Donnerstag.

Demnach sollten Faeser zufolge Asylsuchende „mit geringen Bleibechancen“ auch bereits vor 2026 abgeschoben werden. Die Ministerin plane solche Verfahren „zügig“ an den deutschen Flughäfen umzusetzen. Dies soll vor allem Migranten aus Ländern betreffen, die eine geringe Anerkennungsquote von 20 Prozent und weniger aufweisen.

Bei den Beratungen kam auch erneut zur Sprache, dass nicht alle Mitgliedsstaaten das gemeinsame Migrationsabkommen umsetzen wollen. In einem Schreiben an EU-Kommissarin Ylva Johansson vom 7. Oktober brachte die ungarische Regierung ihren Wunsch zum Ausdruck, sich aus dem EU-Migrations- und Asylpakt zurückzuziehen, wie es die Niederlande vorher auch bereits getan hat.

Kritisiert wird dabei vor allem der Solidaritätsmechanismus zur Verteilung von Schutzsuchenden. Mitgliedsländer, welche keine Migranten aufnehmen können oder wollen, sollten nämlich demnach erhebliche finanzielle Hilfen leisten.

Umstrittene Binnengrenzkontrollen

Mehrere EU-Länder haben in den vergangenen Monaten Grenzkontrollen wieder eingeführt oder verstärkt, darunter Österreich, Dänemark, Frankreich, Italien, Norwegen, Slowenien, Schweden und Finnland. Seit Mitte September kontrolliert auch die Bundespolizei wieder an allen deutschen Außengrenzen, wo eigentlich der freie Verkehr im Schengen-Raum vorgesehen wäre.

Faeser betonte die weitere Notwendigkeit der Binnengrenzkontrollen in Deutschland, solange die EU-Außengrenzen wirksam geschützt werden können. Deutschland habe eine „herausragende bilaterale Zusammenarbeit“ vor allem mit Polen und es gebe sogar gemeinsame Teams, die an den Grenzen patrouillieren, sagte sie.

Die Nachbarn aus Polen konnten der Idee jedoch nichts Gutes abgewinnen. „Wir sind absolut gegen Grenzkontrollen an den Binnengrenzen“, erklärte Maciej Duszczyk, Staatssekretär aus dem polnischen Innenministerium.

Die belgische Innenministerin Annelies Verlinden forderte in Luxemburg die Länder auch auf, bei der Erwägung von Grenzkontrollen im Inland „Vorsicht“ walten zu lassen. „Wir werden dafür sorgen, dass es nicht zu einem Missbrauch der Kontrollen an den Binnengrenzen kommt, der die freie Bewegung behindern könnte“, so Verlinden.

Schengen-Raum unter erheblichem Migrationsdruck

Der Schengen-Raum sei nach wie vor mit einem erheblichen Migrationsdruck konfrontiert. Den Innenministern sei daher klar, dass dieses Thema für alle Mitgliedstaaten weiterhin höchste Priorität haben müsse, sagte Minister Pintér in Luxemburg.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Kommissarin Johansson im Anschluss an das Treffen der EU-Innenminister betonte er, dass er die EU-Drittstaaten in den Schutz der Außengrenzen einbeziehen will.

Zum besseren Schutz der Grenzen forderten die Minister zudem, dass die Visakontrollen auf ein angemessenes Niveau angehoben werden. Ziel sei es, „sicherzustellen, dass niemand so in das Gebiet der Europäischen Union einreist, dass er oder sie später nach einem langwierigen Gerichtsverfahren wegen krimineller oder terroristischer Straftaten abgeschoben werden muss“, zitierte die ungarische Nachrichtenagentur MTI Minister Pintér.

Auch einigten sich die EU-Minister darauf, Experten zu benennen, um innovative Ideen für die Abschiebung zu erforschen. Zudem sollten auf EU-Ebene Vorschläge für mögliche Lösungen zur effektiven Abschiebung von Straftätern und Sicherheitsgefährdern aus sensiblen Drittstaaten erarbeitet werden.

In diesem Zusammenhang betonte Pintér, dass eine der Aufgaben der Rückführungspolitik nun darin bestehe, die Durchsetzung der Maßnahmen zu beschleunigen, die das derzeitige rechtliche Umfeld erlaubt. Die Minister hofften außerdem, dass die Beschleunigung des Prozesses für mehr Recht und Ordnung in den Gebieten sorgen wird, in denen diese Menschen verschiedene Straftaten begangen haben.

(Mit Material der Nachrichtenagenturen)



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