EU-Gipfel bringt umstrittenes Eurozonen-Budget auf den Weg
Die Erwartungen waren groß, doch aus der angekündigten Stärkung der Eurozone ist für manche nur ein „Reförmchen“ geworden. Als Antwort auf die Finanz- und Schuldenkrise beschlossen Europas Staats- und Regierungschefs bei ihrem Gipfel am Freitag mehrere Vorhaben zur Stärkung der Währungsunion.
Mit dabei ist auch das von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron vorgeschlagene Eurozonen-Budget – wenn auch mit einigen Fragezeichen. Ein Überblick:
Milliarden für die Abwicklung von Pleitebanken
Die EU hat seit 2016 eine Behörde zur Abwicklung von Pleitebanken. Sie soll verhindern, dass Kriseninstitute andere Banken in den Abgrund reißen. Ziel war es ursprünglich, dass die Bankenbranche die Abwicklungskosten fortan allein trägt und nicht erneut Milliarden an Steuergeldern eingesetzt werden müssen.
Dafür müssen die Institute nach und nach 55 Milliarden Euro in einen Fonds einzahlen. Angesichts der Dimension ausfallgefährdeter Kredite in Europa könnte das in einer neuen Krise aber nicht ausreichen.
Die Mitgliedstaaten wollen deshalb eine „Letztsicherung“ aufbauen. Sie soll beim Euro-Rettungsfonds ESM angesiedelt werden. Im Gespräch sind Mittel von 60 Milliarden Euro. Das Sicherheitsnetz ist bisher ab 2024 geplant, soll aber möglichst früher kommen.
Ausbau des Euro-Rettungsfonds
Der Euro-Rettungsfonds ESM soll ausgebaut werden. Er arbeitet künftig enger mit der EU-Kommission bei der Bewertung der Wirtschafts- und Finanzlage der Mitgliedstaaten zusammen und soll eine größere Rolle bei der Überwachung von Krisenprogrammen spielen.
Zudem soll der Rettungsfonds nicht mehr nur retten, sondern auch vorbeugend Ländern helfen, die „von einem negativen Schock“ getroffen werden – allerdings nur, wenn diese eine „gesunde Wirtschaftsgrundlage“ haben. Entsprechende Zusätze zum ESM-Vertrag sollen bis Juni 2019 vorbereitet sein.
Dass der ESM künftig ohne den wegen seiner harten Auflagen gefürchteten Internationalen Währungsfonds (IWF) Krisenprogramme aufstellt, ist für Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) nicht ausgemacht – auch wenn er den Rettungsfonds auf dem Weg zu einer Art „Europäischem Währungsfonds“ sieht.
Die IWF-Beteiligung bleibe für ihn der „Regelfall“, sagte der deutsche Finanzminister vergangene Woche. Die Europäer hätten jedoch künftig die Wahl, ob sie diese wollten.
Eurozonen-Budget
Macron dringt seit 2017 auf einen eigenen Eurozonen-Haushalt. Nach langem Ringen einigten sich Deutschland und Frankreich jüngst auf einen gemeinsamen Vorschlag. Das Budget soll laut den Gipfelschlussfolgerungen im EU-Haushalt angesiedelt werden.
„Viele haben das vor einem Jahr für unmöglich gehalten“, sagte Macron. Nun sei das Vorhaben erstmals auf EU-Ebene gebilligt worden. Er räumte ein, dass er sich nicht mit dem Vorhaben durchsetzen konnte, dem Budget auch die Möglichkeit zur Stabilisierung von wirtschaftlich schwächelnden Staaten zu geben.
Zweck des Eurozonen-Haushaltes sei es, die wirtschaftliche Annäherung zwischen den Mitgliedstaaten und die Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Sie verwies darauf, dass es bei der Vorbereitung des Beschlusses durch die Finanzminister „lange und durchaus kontroverse Diskussionen gegeben“ habe. Die Minister sollen laut Gipfelbeschluss nun „Design, Modalitäten der Einführung und Zeitplan“ auszuarbeiten. Ziel ist eine Einigung bis Juni 2019.
Hier dürfte es noch weitere Diskussionen geben. Österreichs Kanzler Sebastian Kurz machte bei dem Gipfel klar, dass er „kein Freund des Eurozonen-Budgets“ sei. „Das würde die Steuerzahler nur sehr viel Geld kosten“, sagte Kurz. Auch die Niederlande und das Nicht-Euro-Land Polen gelten als Kritiker.
Wie groß das Budget wird, soll erst bei den Verhandlungen über den nächsten mehrjährigen EU-Finanzrahmen für 2021 bis 2027 entschieden werden. Hier ist eine Einigung im Herbst 2019 angestrebt. Das Volumen dürfte aber deutlich geringer ausfallen als die von Macron ursprünglich geforderten mehreren hundert Milliarden Euro. Merkel hatte im Juni gesagt, sie könne sich eine Summe „im unteren zweistelligen Milliardenbereich“ vorstellen.
Die Staats- und Regierungschefs gaben den Finanzministern nun ein Mandat, „Design, Modalitäten der Einführung und Zeitplan“ auszuarbeiten. Ziel ist eine Einigung bis Juni 2019. Länder wie die Niederlande und Österreich gelten jedoch weiter als skeptisch.
(afp)
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