EU: Erleichterung über „Ohrfeige“ für Viktor Orbán
Mit Erleichterung reagieren führende europäische Politiker auf die Niederlage von Ungarns Premierminister Viktor Orbán in einem Referendum über die EU-Flüchtlingspolitik.
„Hier ging es nicht um ein Volksbegehren, hier ging es um den Wunsch eines autoritären Herrschers, sich für seine fremdenfeindliche Politik eine Bestätigung abzuholen“, sagte Alexander Graff Lambsdorff (FDP), Vizepräsident des Europäischen Parlaments der Zeitung „Die Welt“. „Aus der ist nun eine Ohrfeige geworden.“
An einem Referendum über die Einführung verpflichtender Quoten für die Verteilung von Flüchtlingen hatten sich nur 40 Prozent der Wahlbeteiligten in Ungarn beteiligt. Das notwendige Quorum war damit verfehlt worden.
„Die extrem niedrige Wahlbeteiligung zeigt erneut, dass missbräuchliche Referenden kein Weg sind, um in Europa Politik zu machen“, sagte der FDP-Politiker Lambsdorff. Es sei nun nötig, im Dialog einen gerechten Verteilungsschlüssel für Flüchtlinge festzulegen. „Man kann das nicht erzwingen, ganz klar“, sagte Lambsdorff. „Man braucht den Dialog. Und man muss Verständnis auch haben für die Menschen in Mittel- und Osteuropa.“ Auch in den östlichen Bundesländern täte man sich schwerer mit der Aufnahme von Flüchtlingen als im Westen.
Die europäischen Sozialdemokraten reagierten ebenfalls mit Genugtuung. „Ganz Europa hat gewonnen. Populismus und Ausländerfeindlichkeit haben verloren“, sagte Gianni Pittella, Fraktionschef der sozialdemokratischen S&D-Fraktion im Europäischen Parlament, der „Welt“. Die ungarische Bevölkerung habe Orbán die Gefolgschaft verweigert. Die Ungarn hätten endlich erkannt, „wie wichtig eine europäische Lösung für die Migrationskrise ist und wie beschämend und grundlos Orbáns diesbezügliche Politik“.
Pittella sagte weiter: „Wir gratulieren der Mehrheit der ungarischen Bürger, die sich entschieden hat, zu Hause zu bleiben und damit das Referendum ungültig gemacht haben“, sagte Pittella. „Jetzt ist es Zeit für eine Lösung der EU, die auf Solidarität und gemeinsamer Verantwortung fußt.“
Und was war die Frage an die Ungarn? Kann die EU ohne Zustimmung des ungarischen Parlamentes …
Etwa 45 Prozent der Wahlberechtigten hatten ihre Stimme abgegeben, teilte der Vize-Präsident der Regierungspartei Fidesz, Gergely Gulyas, am Sonntagabend mit.
Die Ungarn waren dazu aufgerufen, über die Frage zu entscheiden, ob die EU ohne Zustimmung des ungarischen Parlaments die „Ansiedlung“ von Flüchtlingen in Ungarn anordnen darf. 95 Prozent der abgegebenen Stimmen entfielen Gulyas zufolge auf das Nein.
Allerdings hatte Viktor Orbán am Sonntag gesagt, dass für ihn nur zähle, dass es mehr Nein- als Ja-Stimmen geben müsse, um rechtliche Folgen auszulösen. Ob das Referendum gültig sei oder nicht, sei dafür nicht relevant, so Orban.
Die mehr als acht Millionen wahlberechtigten Ungarn sollten die Frage beantworten, ob die EU auch ohne die Zustimmung des nationalen Parlaments die verpflichtende Ansiedlung von Flüchtlingen in Ungarn vorschreiben kann. (dpa/dts/ks)
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