EU einigt sich auf vorübergehenden Schutz für Ukraine-Flüchtlinge
Der Sprecher des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR in Deutschland, Chris Melzer, sieht in der großen Zahl von Flüchtlingen aus der Ukraine eine nie dagewesene Situation. Binnen einer Woche seit Kriegsbeginn seien mehr als eine Million Flüchtlinge registriert worden – „das haben wir so noch nicht gehabt nach 1945“, sagte er am Donnerstag bei einer Online-Pressekonferenz.
Die EU-Staaten haben sich derweil auf einen gemeinsamen Schutzstatus für die Flüchtlinge aus der Ukraine geeinigt. Wie EU-Innenkommissarin Ylva Johansson am Donnerstag auf Twitter mitteilte, stimmten die Innenminister der Mitgliedsländer in Brüssel der vorübergehenden Aufnahme der Menschen zu. Ukraine-Flüchtlinge können damit auch ohne Asylantrag für bis zu drei Jahre in der EU bleiben.
Konkret bedeutet dies: Die Flüchtlinge können in Deutschland und anderen Ländern einer Arbeit nachgehen, sind krankenversichert und können ihre Kinder zur Schule schicken. Nach Angaben des französischen Innenministers Gérald Darmanin gilt dies „für alle, die vor dem Krieg in der Ukraine flüchten“.
Polen ist derzeit das Hauptaufnahmeland. Dort kamen bisher nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks rund 500.000 Menschen über die gut 500 Kilometer lange Grenze zur Ukraine. Der polnische Grenzschutz sprach sogar von 575.000 Flüchtlingen und Migranten.
9.400 Flüchtlinge in Deutschland angekommen
EU-Kommissarin Johansson sagte Polen für die Aufnahme finanzielle und logistische Unterstützung zu. Eine Umverteilung der Menschen auf andere europäische Länder habe Warschau bisher nicht beantragt, betonte sie. In Deutschland schätzte das Bundesinnenministerium zuletzt gut 9.400 Flüchtlinge aus der Ukraine. Am Mittwoch hatte das Innenministerium die Zahl noch mit 5.300 angegeben.
Die tatsächliche Zahl aller in Deutschland eingetroffenen Ukraine-Flüchtlinge sei allerdings nicht bekannt. „Da keine Grenzkontrollen stattfinden, kann die Zahl der nach Deutschland eingereisten Kriegsflüchtlinge tatsächlich bereits wesentlich höher sein“, sagte ein Sprecher des Innenministeriums auf Anfrage der Nachrichtenagentur AFP.
Viele der nach Deutschland einreisenden Ukrainer treffen in Berlin ein. Die Stadt stehe vor einer „historischen Herausforderung“, schrieb die Senatsverwaltung für Integration am Donnerstag auf Twitter. Allein am Mittwoch seien 1700 neu eingetroffene Menschen untergebracht worden, 700 in der Hauptstadt und 1000 in anderen Bundesländern.
Bundesinnenministerin Nancy Faser (SPD) unterstrich erneut die große Solidarität in Deutschland. „Ich finde, die Hilfsbereitschaft der Kommunen, unserer Städte, unserer Länder sehr, sehr groß in diesen Tagen“, sagte sie im Deutschlandfunk. „Dafür darf ich mich auch noch mal herzlich bedanken.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen verwies bei einem Besuch in Rumänien auf die 500 Millionen Euro, die aus dem EU-Haushalt für humanitäre Hilfe im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg fließen sollen. Sie hatte die Notfallhilfe am Dienstag angekündigt. Zudem soll nach ihren Angaben ein „humanitäres Zentrum für die Ukraine in Rumänien“ entstehen, von dem aus die Hilfe koordiniert werden soll. (afp/dpa/red)
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