Etappensieg für Bauer aus Peru gegen RWE – Klimaklage geht in die Beweisaufnahme

Germanwatch erklärte, der Beschluss des OLG sei von "größter rechtlicher Bedeutung". Erstmals habe ein Gericht bejaht, dass prinzipiell ein privates Unternehmen für seinen Anteil an der Verursachung klimabedingter Schäden verantwortlich sei.
Titelbild
Saúl Luciano Lliuya.Foto: Anthony Kwan/Getty Images
Epoch Times30. November 2017

Etappensieg für einen peruanischen Kleinbauern im Tauziehen mit dem Energieriesen RWE: Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm ordnete am Donnerstag die Beweisaufnahme im Verfahren um die Klimaklage des Bauern gegen den Konzern an.

Nach Auffassung des Senats ist die Klage zulässig und auch schlüssig begründet. Die Entwicklungsorganisation Germanwatch, die den Kläger unterstützt, wertete den Gerichtsbeschluss als „historischen Durchbruch mit weltweiter Relevanz“.

Der Kleinbauer und Bergführer Saúl Luciano Lliuya macht geltend, dass oberhalb seiner Heimatstadt Huarez in den Anden ein See durch das Schmelzen eines Gletschers überzulaufen drohe und in diesem Fall sein Haus beschädigt werde. Grund des Schmelzens sei der Klimawandel, den RWE durch den CO2-Ausstoß seiner Kraftwerke mitverursacht habe.

Lliuya und seine Anwältin Roda Verheyen schätzen, dass RWE für 0,47 Prozent der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich ist. Der Landwirt fordert, dass RWE die Kosten für künftige Schutzmaßnahmen tragen müsse – und zwar entsprechend dem Anteil des Unternehmens am weltweiten CO2-Ausstoß. Das seien gut 6400 Euro, die er schon für Schutzmaßnahmen an seinem Haus ausgegeben hat.

Beschluss des OLG von „größter rechtlicher Bedeutung“

Nach dem Beschluss des OLG-Zivilsenats soll nun in der Beweisaufnahme durch Gutachten von Sachverständigen geklärt werden, ob die Behauptungen des Klägers zutreffen. Unter anderem wird zu klären sein, ob Lliuyas Haus tatsächlich durch eine Gletscherflut akut bedroht ist und ob der Anteil der RWE-Emissionen zu einem entsprechenden Überflutungsrisiko beigetragen hat.

Germanwatch erklärte, der Beschluss des OLG sei von „größter rechtlicher Bedeutung“. Erstmals habe ein Gericht bejaht, dass prinzipiell ein privates Unternehmen für seinen Anteil an der Verursachung klimabedingter Schäden verantwortlich sei. Dies gelte dann, wenn ein Anteil konkreter Schäden oder Risiken für Privatpersonen oder ihr Eigentum den Aktivitäten des Unternehmens zugeordnet werden könne.

Die rechtliche Grundlage für diese Entscheidung existiert nach Recherchen der Hamburger Anwältin Verheyen in ähnlicher Form in mehr als 50 Staaten der Welt, wie die Entwicklungsorganisation hervorhob. Damit habe der OLG-Beschluss „ab sofort erhebliche Auswirkungen für die Rechtspflichten der großen Emittenten weltweit“.

„Das ist wirklich ein großer Erfolg“

Das entsprechende Klagerisiko müsse den Aktieninhabern mitgeteilt und entsprechende finanzielle Rücklagen gebildet werden – Investoren müssten dieses Risiko bei ihrer Anlageentscheidung berücksichtigen, betonte Germanwatch.

„Schon der Einstieg in die Beweisaufnahme in diesem Fall schreibt ein Stück Rechtsgeschichte“, erklärte Verheyen. „Großemittenten von Treibhausgasen können für Schutzmaßnahmen gegen Klimaschäden zur Verantwortung gezogen werden. Jetzt können wir endlich im konkreten Fall beweisen, dass RWE das Risiko der Gletscherflut vor Ort mitverursacht hat und weiter mitverursacht.“

Der Kläger Lliuya erfuhr laut Germanwatch telefonisch von der Entscheidung – er war nach der mündlichen Verhandlung vor dem OLG Hamm vor zweieinhalb Wochen nach Peru zurück gereist. „Das ist wirklich ein großer Erfolg nicht nur für mich, sondern für alle Menschen hier in Huarez und anderswo in der Welt, wo Klimarisiken drohen“, zitierte die Entwicklungsorganisation den Kleinbauern.

Ab jetzt gehe es darum, den Beitrag von RWE zum Gletscherschwund in Peru auch zu beweisen. „Das wird noch ein langer Weg. Aber als Bergsteiger bin ich lange, steinige Wege gewohnt“, erklärte Lliuya den Angaben zufolge. (afp)



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