Estland kehrt zu Ölschiefer zurück

Estland hatte erst kürzlich beschlossen, auf Ölschiefer zu verzichten. Nun ist das Land jedoch gezwungen, wieder auf das Gestein als Energiequelle zurückzugreifen. Grund ist der Ukraine-Krieg, denn Estland will kein Gas mehr von Russland importieren.
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Das Bild vom 16. März 2011 zeigt eine im Bau befindliche Ölfabrik in Narva.Foto: RAIGO PAJULA/AFP via Getty Images
Von 3. September 2022

Estland steigt wieder auf Schieferöl um. Das Land gab damit seine ehrgeizigen Pläne auf, bis 2035 komplett auf Ölschiefer für die Stromerzeugung zu verzichten. 

Es ist das einzige Land der Welt, in dem Ölschiefer in der Vergangenheit den Großteil der Energie lieferte. 2018 machte er 73 Prozent der Primärenergieversorgung aus, schreibt „Politico“.

Ölschiefer teurer als Rohöl

Als Premierministerin Kaja Kallas im vergangenen Jahr an die Macht kam, versprach sie, die Verwendung von Ölschiefer zu beenden. Bis 2040 sollte der fossile Brennstoff im gesamten Energiesektor nicht mehr verwendet werden.

Nun zwingt der Ukraine-Krieg die Regierung von Kallas zum Umdenken. In diesem Winter soll Ölschiefer wieder vermehrt zur Stromerzeugung und zum Heizen genutzt werden, damit kein russisches Gas und Strom importiert werden müssen.

Das ölhaltige Gestein Ölschiefer kann zur Strom- oder Wärmeerzeugung verbrannt, in flüssige Brennstoffe umgewandelt oder für die chemische Produktion verwendet werden.

Das Gestein muss jedoch auf etwa 500 Grad Celsius erhitzt werden. Dieser Verschwelungsprozess ist energieintensiv und die Kosten für den Heizstrom sind zu hoch. Kanadische Forscher haben die Herstellung untersucht und kamen zum Schluss, dass Ölschiefer noch nicht mit den Förderkosten von reinem Rohöl mithalten kann. 

„Außergewöhnliche Umstände erfordern außerordentliche Maßnahmen“

„Ob Ölschiefer-Öl jemals zu einem nennenswerten Prozentsatz konventionelles, billiges Erdöl wird ersetzen können, daran darf gegenwärtig erheblich gezweifelt werden“, erklärt Wolfgang Blendinger, Deutschlands einziger Professor für Erdölgeologie an der Technischen Universität Clausthal.

Estland entschied sich trotzdem zum Ölschiefer zurückzukehren, denn „außergewöhnliche Umstände erfordern außerordentliche Maßnahmen“, sagte Wirtschaftsministerin Riina Sikkut letzten Monat. „Zum Glück haben wir einen alternativen Brennstoff.“

Und während die Regierung weiterhin ihre Klimaziele erreichen will, begrüßt die Industrie die Vorteile des Ölschiefers. „Diese Situation zeigt, dass Estland eigene Ölschieferkraftwerke braucht – und ich denke, dass das für eine lange Zeit gelten wird“, sagte Andrei Zaitsev, Vorsitzender der Gewerkschaft Narva Energia, gegenüber „Politico“.

„Die Ära der Energie-Naivität ist vorbei“

Hando Sutter, der CEO von Eesti Energia, sagte, sein Unternehmen sei bereit, die Produktion von Ölschiefer auf zehn Millionen Tonnen zu steigern. „Diese Ära der Energie-Naivität ist vorbei“, sagte er. „Wir verstehen heute in Europa sehr gut, dass wir uns nicht so sehr auf freundliche Nachbarn verlassen können.“

Das Unternehmen müsse die Förderung in seinen derzeitigen Minen „hochfahren“, und Eesti Energia werde in etwa fünf Jahren eine neue Mine eröffnen. Je nachdem, wie schnell die derzeitigen Ölschiefervorräte erschöpft sind.

„Wir hoffen, dass dieser Krieg sehr bald vorbei sein wird“, sagte Sutter. Das Unternehmen betrachte den aktuellen Bedarf vorerst als „kurzfristige Krise“. Er betonte, dass das Eesti Energia sein Ziel, die Stromerzeugung aus Ölschiefer bis 2030 einzustellen, „nicht aufgeben“ werde. Das Unternehmen werde in den nächsten fünf Jahren 2,5 Milliarden Euro investieren, um seine Kapazität an erneuerbaren Energien zu vervierfachen.

Sutter räumte jedoch ein, dass sich die längerfristige Strategie des Unternehmens ändern könnte, wenn sich der Krieg in der Ukraine hinzieht.



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