Eskalation in Syrien: Schwere Krise zwischen USA und Russland nach US-Angriff – Russland verlegt Fregatte mit Raketen ins Mittelmeer
+++ Newsticker +++
Nach dem US-Raketenangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt hat UN-Generalsekretär Antonio Guterres vor einer weiteren Eskalation des Konflikts gewarnt. „Es gibt keinen anderen Weg als eine politische Lösung“, erklärte Guterres am Freitag in New York. Er rief alle Konfliktparteien zur Zurückhaltung auf. Alle Handlungen, „die das Leid des syrischen Volkes“ vergrößerten, müssten vermieden werden.
Schwere Krise zwischen USA und Russland
Nach dem US-Angriff auf einen syrischen Fliegerhorst ist eine russische Fregatte mit Marschflugkörpern in das Mittelmeer verlegt worden. Ziel der Fregatte „Admiral Grigorowitsch“ sei die russische Militärbasis Tartus an der syrischen Küste, meldet die Agentur Tass.
Die Fregatte der russischen Schwarzmeerflotte sei zuvor bei einer gemeinsamen Übung mit der türkischen Marine eingesetzt worden. Am frühen Morgen hatten die USA von See aus einen syrischen Luftwaffenstützpunkt mit Marschflugkörpern beschossen.
Der Angriff hat die erste schwere Krise zwischen der neuen US-Regierung unter Donald Trump und Russland ausgelöst. Kremlchef Wladimir Putin verurteilte das Bombardement eines Luftwaffenstützpunkts als Angriff auf die Souveränität Syriens.
Der Präsident des Landes, Baschar al-Assad, nannte den Einsatz „rücksichtslos und unverantwortlich“.
Merkel spricht von „Chemiewaffenmassaker“ in Syrien
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat den angeblichen Giftgasangriff in Syrien vom Dienstag als „Chemiewaffenmassaker an unschuldigen Menschen“ bezeichnet. Chemiewaffen seien international geächtet und wer sie einsetze, „begeht ein Kriegsverbrechen“, sagte Merkel bei einem Treffen mit Flüchtlingshelfern am Freitag in Berlin.
Den in der Nacht zu Freitag erfolgten US-Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt nannte sie angesichts der Dimension der Kriegsverbrechen und angesichts des Leids der Menschen in Syrien „nachvollziehbar“. Sie wählte damit dasselbe Wort wie SPD-Außenminister Sigmar Gabriel.
Bei US-Angriff „Zivilisten und Kinder getötet
Bei dem US-Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt sind laut Staatsmedien neun Zivilisten getötet worden. Unter ihnen seien vier Kinder, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Sana am Freitag. Demnach wurden fünf Menschen in dem Dorf Schairat getötet, in dessen unmittelbarer Nähe die Luftwaffenbasis liegt. Vier weitere seien in den nahe gelegenen Orten Al-Hamrat und Al-Mansul getötet worden.
Laut Sana wurden zudem sieben Zivilisten verletzt, als ein Geschoss Häuser in Al-Mansul getroffen habe.
Russland will syrische Luftabwehr verstärken
Als Reaktion auf den US-Raketenangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt will Russland die Luftabwehr des syrischen Militärs ausbauen. Zum Schutz von Syriens „empfindlichster Infrastruktur“ würden schnellstmöglich eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, um die Wirksamkeit der Luftabwehr zu stärken“, erklärte der Sprecher der russischen Streitkräfte, Igor Konaschenkow, am Freitag vor Journalisten.
Auf Anordnung von US-Präsident Donald Trump hatten die US-Streitkräfte zuvor insgesamt 59 Marschflugkörper auf die Luftwaffenbasis Al-Schairat abgefeuert.
EU-Außenexperte Brok sieht nach US-Angriff in Syrien „Kriegsgefahr“
Nach Ansicht des EU-Abgeordneten Elmar Brok (CDU) besteht nach dem US-Raketenangriff in Syrien eine Kriegsgefahr: „Der Angriff der Amerikaner in Syrien ist ein historischer Moment, weil bisher galt, dass sich eine Atommacht wie die USA nicht dort militärisch engagiert, wo bereits eine andere Atommacht, in diesem Fall Russland, aktiv ist. Dieses Tabu ist heute gefallen“, sagte der EU-Außenexperte der „Welt“. Daraus könne ein sehr ernsthafter Konflikt entstehen.
„Es besteht sogar eine Kriegsgefahr. Wenn Moskau jetzt auf den amerikanischen Angriff militärisch reagiert und dieses wiederum Reaktionen auf amerikanischer Seite auslöst, kann dies zu einer Eskalation zwischen zwei Atommächten führen, die sich schnell hochschaukelt und unkontrollierbar werden könnte.“
Andererseits könne der Luftangriff der USA aber auch zur „Initialzündung für eine produktive Lösung“ des Syrien-Konflikts werden, sagte der CDU-Politiker. „Um weitere Konfrontationen zu vermeiden, könnte Russland den Angriff als Signal verstehen, sich als Konfliktpartei in Syrien zurückziehen und die faktische Blockade der Genfer Friedensgespräche endlich aufzugeben.
Die Europäer könnten bei den Friedensgesprächen zu Syrien eine wichtige Mittlerrolle einnehmen.“ Mit dem Luftangriff in Syrien habe US-Präsident Donald Trump Russland und Syrien gezeigt, dass er nicht mit sich spielen lasse, so Brok: „Er hat nach dem Einsatz chemischer Waffen durch Syrien eine rote Linie gezogen. Die Amerikaner haben sich jetzt in Syrien als Akteur zurückgemeldet, indem sie einen direkten Verbündeten Russlands angegriffen haben.“
Schulz vermeidet klare Beurteilung des Luftangriffs
Im Gegensatz zur Bundesregierung hat SPD-Chef und Kanzlerkandidat Martin Schulz eine klare Beurteilung des US-Luftangriffs in Syrien vermieden. „Mit den amerikanischen Luftschlägen der vergangenen Nacht sollte die Fähigkeit des Assads-Regimes, weitere Kriegsverbrechen zu begehen, eingeschränkt werden“, erklärte Schulz am Freitag. Er fügte hinzu: Eine diplomatische Lösung des Konflikts sei nun „umso drängender“. Weiter hieß es: „Das ist die Stunde der Gespräche, nicht der Bomben“.
Die USA hatten in der Nacht zum Freitag als Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgasangriff vom Dienstag eine Luftwaffenbasis der syrischen Armee in der Provinz Homs mit Marschflugkörpern angegriffen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD) rechtfertigten das Vorgehen. Syriens Machthaber Baschar al-Assad trage die „alleinige Verantwortung für diese Entwicklung“, erklärte Merkel gemeinsam mit Frankreichs Präsident François Hollande. Gabriel nannte das Vorgehen der USA „nachvollziehbar“.
Russland setzt Vereinbarung mit USA über syrischen Luftraum aus
Russland hat nach dem US-Angriff auf einen syrischen Militärstützpunkt eine mit den USA geschlossene Vereinbarung über die Vermeidung von Zusammenstößen im syrischen Luftraum ausgesetzt. Russland setze das „Memorandum mit den USA über die Vermeidung von Zwischenfällen bei Flügen während Militäreinsätzen in Syrien“ aus, erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, am Freitag. Bislang hatten beide Länder Daten über Flugbewegungen ausgetauscht, um Kollisionen zu verhindern.
London unterstützt das Vorgehen Washingtons „uneingeschränkt“
US-Präsident Donald Trump erhält nach dem Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt Rückendeckung von Großbritannien. London unterstütze das Vorgehen Washingtons „uneingeschränkt“, erklärte die britische Regierung am Freitag. Der Luftangriff sei eine „angemessene Reaktion auf den barbarischen Chemiewaffenangriff der syrischen Regierung“.
Die USA hatten in der Nacht zum Freitag als Vergeltung für den mutmaßlichen Giftgasangriff vom Dienstag eine Luftwaffenbasis der syrischen Armee in der Provinz Homs mit Marschflugkörpern angegriffen.
Es war das erste Mal, dass die USA in dem seit sechs Jahren andauernden Krieg die Regierungstruppen attackierten, bisher hatten sie sich auf den Kampf gegen die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) konzentriert.
Linken-Außenpolitiker kritisiert Luftangriff als „Irrsinn“
Der außenpolitische Sprecher der Linksfraktion, Jan van Aken, hat den US-Angriff scharf kritisiert. Van Aken sagte am Freitag dem SWR: „Was für ein Irrsinn!“ Es bestehe jetzt „die große Gefahr, dass es weiter eskaliert.“ Er befürchte nun, „dass es sich hochschaukelt zwischen Russland und den USA“.
Anstelle des US-Angriffs wäre seiner Meinung nach eine unabhängige Untersuchung des angeblichen Giftgasangriffs vor Ort richtig gewesen, um die Verantwortlichen für die Attacke zu ermitteln. Danach könne in der Weltgemeinschaft überlegt werden, „was die Reaktion ist, aber nicht einseitig einen Militärschlag, und das auch noch auf einen Stützpunkt, wo die Russen auch stationiert waren“.
Van Akens Fraktionskollegin Sevim Dagdelen sagte dem SWR, bisher sei ein Stellvertreterkrieg geführt worden. „Jetzt droht ein Weltkrieg.“ Von der Bundesregierung verlangte Dagdelen, sie müsse sich für ein Ende der US-Angriffe einsetzen. Und klar machen, „dass deutsches Territorium dafür nicht zur Verfügung steht“.
Der Sturz des syrischen Staatschef Assad scheint beschlossen
Der Sturz des syrischen Staatschef Assad scheint beschlossen: Die USA wollen nach dem angeblichen Giftgasangriff in Syrien eine internationale Koalition zur Ablösung des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad formen. Diese Schritte seien auf den Weg gebracht, sagte US-Außenminister Rex Tillerson. Es bedürfe einer Anstrengung der internationalen Gemeinschaft.
Zu einer möglichen militärischen US-Operation in Syrien sagte Tillerson: Das sei eine ernste Angelegenheit, sie erfordere eine ernste Antwort. Es gebe nach US-Informationen keinen Zweifel, dass die Regierung von Assad für den Angriff verantwortlich sei, sagte Tillerson.
Israel lobt US-Luftangriff auf Stützpunkt in Syrien
Unterdessen lobt der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den US-Angriff auf Syrien.
US-Präsident Donald Trump habe eine „starke und klare Botschaft“ ausgesendet, dass der Gebrauch und die „Verbreitung von Chemiewaffen“ nicht toleriert werde, erklärte das Büro Netanjahus am Freitag. Israel unterstütze die Entscheidung Trumps „voll“ und hoffe, dass die Botschaft „nicht nur in Damaskus, sondern auch in Teheran, Pjöngjang und anderswo“ gehört werde.
„Das ist ein Kriegsakt“
Auch im US-Kongress hat es parteiübergreifend Zustimmung zu den von Trump angeordneten Luftangriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt gegeben. Es sei „richtig“, dem syrischen Machthaber Baschar al-Assad klar zu machen, „dass er einen Preis dafür bezahlt, wenn er solche verabscheuungswürdigen Gräueltaten begeht“, erklärte der Vorsitzende der demokratischen Minderheit im Senat, Chuck Schumer, am Donnerstag (Ortszeit).
Der Sprecher des Repräsentantenhauses, der Republikaner Paul Ryan, nannte das Vorgehen „angemessen und richtig“. Die Luftangriffe auf den Stützpunkt Al-Schairat in der Provinz Homs machten deutlich, „dass das Assad-Regime nicht mehr auf die Untätigkeit der USA zählen kann, wenn es Gräueltaten gegen syrische Bürger begeht“.
Der als „Falke“ geltende republikanische Senator John McCain, der jahrelang für ein härteres Vorgehen gegen Assad plädiert hatte, sagte, der Luftangriff sei ein „glaubwürdiger erster Schritt“. „Anders als die Vorgängerregierung hat Trump einem Schlüsselmoment in Syrien ins Auge gesehen und gehandelt.“
Mehrere Abgeordnete, darunter Ryan und Schumer, forderten allerdings, dass Trump bei möglichen weiteren Militärangriffen den Kongress konsultiert. Der führende demokratische Außenpolitiker im Senat, Ben Cardin, sagte, die gezielten Raketenangriffe seien „ein klares Signal“ der Entschlossenheit der USA. „Dennoch, ich kann es nicht oft genug betonen, jede länger andauernde oder größere Militäroperation in Syrien durch die Trump-Regierung muss in Absprache mit dem Kongress erfolgen.“
Die Demokratin Barbara Lee, eine erklärte Pazifistin, kritisierte den Angriff. „Das ist ein Kriegsakt“, schrieb sie im Kurzbotschaftendienst Twitter. „Der Kongress muss zu einer Sitzung zusammenkommen und eine Debatte abhalten. Alles andere ist die Abgabe unserer Verantwortung.“ Der republikanische Senator Rand Paul sagte, die Verfassung verlange die Zustimmung des Kongresses.
Russland und Iran verurteilen US-Luftangriff in Syrien
Russland und der Iran haben den US-Angriff hingegen scharf verurteilt. Es handele sich um einen „Angriff gegen einen souveränen Staat“, erklärte der Kreml. Präsident Wladimir Putin werte den US-Einsatz als Verstoß gegen internationales Recht, sagte sein Sprecher Dmitri Peskow am Freitag laut russischen Nachrichtenagenturen. Der US-Angriff füge den Beziehungen zu Washington einen „beträchtlichen Schaden“ zu.
Russland zählt neben dem Iran zu den wichtigsten Verbündeten von Syriens Staatschefs Baschar al-Assad. Die Regierung in Teheran erklärte ebenfalls, sie verurteilte den US-Luftangriff „entschieden“. (afp/dpa/dts/so)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion