Erstes Sozialkreditsystem in Europa: Belohnungen für vorbildliche Bürger?

In Bologna wird ab Herbst das erste digitale Sozialkreditsystem in Europa getestet. Wer kein Handy besitzt, könnte bald vom öffentlichen Leben ausgeschlossen sein.
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Sicherheit durch mehr Überwachung? Das ist eine eher unproduktive Tätigkeit.Foto: iStock
Von 21. April 2022

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Wie italienische Zeitungen berichten, soll im Herbst ein Sozialkreditsystem im italienischen Bologna mit dem Namen „Smart Citizen Wallet“ eingeführt werden. Zunächst sieht das Konzept die freiwillige Teilnahme der Menschen vor, zitiert „Bologna Today“ Massimo Bugano, der an dem Projekt arbeitet.

Wer sich also die App auf sein Handy herunterlädt, kann für vorbildliches Verhalten Punkte sammeln. Die gibt es beispielsweise, wenn man korrekt Müll trennt, öffentliche Verkehrsmittel nutzt oder keine Strafzettel kassiert. Welche Belohnungen winken, wird laut Bugano derzeit definiert. Und was vorbildlich und belohnenswert ist, wofür es hingegen einen Rüffel gibt, definieren ebenfalls einige wenige Personen.

Belohnungen: Vorboten von Strafen?

Der französische Journalist Yannick Chatelain warnt auf seinem Blog vor den möglichen negativen Auswirkungen des Belohnungssystems: „Heißt es dann, dass diejenigen, die den Kriterien der herrschenden Ideologie oder dem, was einige Politiker als tugendhaft ansehen, nicht entsprechen, zunächst durch den Entzug von Vorteilen bestraft werden, bevor sie ausgegrenzt werden? Was wird dann im nächsten Schritt aus denjenigen, die da nicht mitmachen und darauf bestehen, ihr unveräußerliches Recht auf freien Willen auszuüben?“

Chatelain glaubt, dass das Experiment durch die finanziellen Schwierigkeiten „vor dem Hintergrund der angekündigten Weltwirtschaftskrise, der Unsicherheiten und der Angst vor morgen völlig verzerrt“ wird. Es sei durchaus denkbar, dass viele Bologneser in dieser Initiative nur die Vorteile und Gewinne sähen, die Gefahren aber nicht realisierten. Belohnungen seien auf lange Sicht Vorboten von Strafen – ebenso geschehe es in China.

EU arbeitet an digitalem Identifizierungssystem

Der Journalist verweist in dem Zusammenhang auf ein weiteres Projekt, das unter der Federführung der deutschen CDU-Politikerin Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, steht. Mit der Einführung eines digitalen Identifizierungssystems („European Digital Identity Wallet“) können personenbezogene Daten und Dokumente über eine App, die in jedem Land der Europäischen Union verwendet wird, erfasst werden. Wenn das funktioniere, sei die Etablierung eines Sozialkreditsystems in ganz Europa „nur noch einen Steinwurf entfernt“, glaubt Chatelain.

Die Entwickler und Befürworter der Projekte betonen, dass die Nutzung der Apps freiwillig sei. Doch könne es in ein paar Jahren schwierig werden, sich der Entwicklung zu verweigern, wenn verschiedene Bereiche des öffentlichen Lebens – etwa Behörden – nur noch digital zu erreichen sind, Führerschein und Personalausweis ebenfalls nur noch in digitaler Form existieren.

So geschieht das gerade in Österreich, wo die Regierung kürzlich die „ID Austria“ als „großartigen neuen Service“ präsentierte. Die App löse Handysignatur und Bürgerkarte ab und weite die digitale Kontrolle aus. So verbinde das Programm die Identität eines jeden Menschen mit dem Smartphone. Personenbezogene Dokumente und sogar das eigene Auto sollen darauf erfasst werden. Wer kein Smartphone besitzt, ist praktisch von allem ausgeschlossen, berichtet der „Standard“.

Sehr engagiert treibt die EU-Kommission im Schatten der Corona-Pandemie die Entwicklung der„European Digital Identity Wallet“ voran. Laut der an dem Projekt beteiligten „Thales-Group“ will die Kommission um Ursula von der Leyen im Herbst 2023 jedem Bürger der EU eine solche App anbieten.



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