Erst die Spiele, dann ein neuer Premier
Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron will frühestens nach dem Ende der Olympischen Spiele in seinem Land einen neuen Premierminister ernennen.
„Unsere Verantwortung ist es, dass die Spiele gut ablaufen“, sagte Macron am Abend im Sender „France 2“. „Es ist klar, dass wir bis Mitte August nicht in einer Situation sind, in der wir die Dinge ändern können, weil wir Unordnung schaffen würden.“
Während Olympia solle die bisherige Mitte-Regierung des Macronlagers weiter geschäftsführend im Amt bleiben.
„Bis Mitte August müssen wir uns auf die Olympischen Spiele konzentrieren. Danach ist es meine Aufgabe, je nach Stand der Diskussionen einen Premierminister oder eine Premierministerin zu ernennen“, sagte Macron.
Zusammenarbeiten für Reformen
Der französische Präsident forderte von den verschiedenen politischen Lagern erneut, Wege für eine Zusammenarbeit zu finden. Die Franzosen erwarteten von ihnen, dass sie sich wie schon vor der zweiten Wahlrunde zusammentäten.
Nur knapp eine Stunde vor Macrons Fernsehauftritt hatte das Linksbündnis aus Sozialisten, Grünen, Kommunisten und der Linkspartei La France Insoumise Lucie Castets, eine Beamtin des gehobenen Dienstes, als Premierministerin vorgeschlagen.
Die Kandidatin der Neuen Volksfront erklärte, dass die Abschaffung der Rentenreform, mit der Macron das Rentenalter von 62 auf 64 Jahre angehoben hatte, zu ihren Prioritäten zähle. Das Wahlbündnis stellte Castets als eine Verfechterin des öffentlichen Dienstes und eine Kämpferin gegen Steuerbetrug vor. Die Klimaexpertin Laurence Tubiana, die für das Amt der Premierministerin ebenfalls im Gespräch gewesen war, hatte am Vortag ihren Verzicht auf die Kandidatur erklärt.
Macron sagte jedoch, es gehe nicht um einen bestimmten Namen. „Die Frage ist, welche Mehrheit kann sich in der Nationalversammlung entwickeln, damit eine französische Regierung Reformen durchbringen, einen Haushalt verabschieden und das Land voranbringen kann?“
Macron ruft zu Kompromissen und olympischem Frieden auf
Auf die Frage, ob Macron bei bleibendem politischem Chaos in Frankreich auch einen Rücktritt als Präsident in Erwägung ziehen würde, sagte er, die Französinnen und Franzosen hätten ihm ein Mandat anvertraut. „Ich werde es in seiner Gänze ausfüllen.“
Der Präsident appellierte an alle Parteien, sich anzupassen. „Es ist ihre Verantwortung, etwas zu tun, was in allen europäischen Demokratien geschieht, und was bislang nicht in unserer Tradition ist (…), nämlich Kompromisse einzugehen“, betonte er.
Keine Partei habe die Wahl gewonnen, keine könne darauf pochen, lediglich ihr eigenes Wahlprogramm durchzusetzen, mahnte er.
Die übrigen Parteien hätten nun die Aufgabe, sich aufeinander zuzubewegen. „Ich rufe sie auf, den Sommer über zusammenzuarbeiten“, sagte Macron.
Die geschäftsführende Regierung bleibe vorerst im Amt, um während der Olympischen Spiele die Stabilität zu gewährleisten. „Das nenne ich olympischen Frieden“, sagte er. Die neue Regierung solle Minister des rechten und linken Lagers so wie der Mitte umfassen, betonte Macron.
Eine faktisch arbeitslose „Regierung auf Abruf“
Der Präsident kann ernennen, wen er möchte, ist aber darauf angewiesen, dass der Premierminister oder die Premierministerin für die Gesetzesvorhaben der Regierung in der Nationalversammlung eine Mehrheit bekommt. Die vorgezogenen Neuwahlen haben zu einer Blockadesituation geführt, in der keines der drei Lager über eine Mehrheit verfügt.
Die frisch gewählte Nationalversammlung ist mittlerweile konstituiert und hat sich in elf Fraktionen aufgeteilt. Sie ist jedoch faktisch arbeitslos, da die jetzige „Regierung auf Abruf“ keine Gesetzesvorhaben mehr einbringen kann.
Bei der vorgezogenen Parlamentswahl vor zwei Wochen war das Linksbündnis Nouveau Front Populaire vorn gelandet. Macrons Mitte-Kräfte sackten auf Platz zwei ab, der Rassemblement National um Marine Le Pen kam auf Platz drei. (dpa/afp/red)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion