Entmilitarisieren und entradikalisieren: Netanjahu mit klarem Ziel für die Zeit danach
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu (74) plant offenbar bereits für die Zeit nach der von ihm erhofften vollständigen Zerstörung der Hamas im Gazastreifen: Der Landstrich soll dann ein ähnliches Programm durchlaufen wie die großen Verliererstaaten des Zweiten Weltkrieges.
Nach der „Ausrottung“ der palästinensischen Terrororganisation seien seiner Ansicht nach „zwei Dinge“ im Gazastreifen zu erledigen, sagte Netanjahu nach fünf Tagen anhaltender Feuerpause im Gespräch mit „Bild“-Reporter Paul Ronzheimer: „Erstens entmilitarisieren wir Gaza und zweitens entradikalisieren wir Gaza“.
Wandel in Deutschland und Japan als Vorbild
Als Vorbild für die Doppelstrategie nannte er „Deutschland, Japan und anderswo“. Diese Länder hätten zunächst einen „totalen militärischen Sieg“ ihrer Gegner erlebt. Im Anschluss hätten die siegreichen Fremdmächte die Kultur, die Bildung und das „Lernen über die Fehler der Vergangenheit“ vor Ort verändert. So seien Deutschland und Japan zu völlig anderen Ländern geworden. Auch „die vielen arabischen Bürger Israels“ hätten inzwischen „einen bedeutenden kulturellen Wandel durchgemacht“, gab Netanjahu zu bedenken.
Das Ziel Israels sei es nun, „sicherzustellen, dass Gaza nicht zu der schrecklichen Bedrohung wird, die es für Israel vor dem Krieg“ dargestellt habe. Auch danach werde das israelische Militär jene „Terroristen bekämpfen […], die nach der Zerstörung der Hamas weitermachen“ wollten.
Für seinen Plan, die „Hamas auszurotten“, sei mittlerweile die dazu nötige „große Einigkeit“ in Israel da, die vor den Hamas-Angriffen am 7. Oktober noch nicht vorhanden gewesen sei. „Man braucht auch ein gewisses Maß an internationaler Legitimität“, ergänzte Netanjahu im „Bild“-Interview, „die haben wir jetzt und ich hoffe, dass wir sie auch weiterhin haben werden.“
Hamas selbst stark gemacht? „Das ist lächerlich“
Netanjahu wies Anschuldigungen seiner Kritiker zurück, nach denen er selbst die Hamas durch sein kooperatives Verhalten gestärkt habe. Derartige Aussagen seien „lächerlich“ und es sei „eine große Lüge“, dass er die Hamas habe aufbauen wollen.
Im Gegenteil habe er „mehr Militärkampagnen als jeder andere israelische Premierminister angeführt“. Als Beweis zählte der Premier eine Reihe von Ereignissen auf: Die bereits erwähnten Militärkampagnen gegen die Hamas, drei an der Zahl, außerdem die Tötung ihrer „obersten Kommandeure“, die Zerstörung ihrer Marine- und Luftkapazitäten und der Bau einer unterirdischen Tunnelmauer im Grenzbereich. Andererseits hätten „mehrere israelische Regierungen“ zugelassen, dass Gelder aus Katar in den Gazastreifen geflossen seien, um „Krankheiten, grassierenden Hunger und andere Dinge, die zu einer unmöglichen humanitären Situation geführt hätten“, zu vermeiden. Netanjahu sagte zum Stand der Dinge am 29. November:
Die Wahrheit ist, dass wir die Hamas so weit wie möglich degradieren, die Hamas treffen, der Hamas schaden wollten – und gleichzeitig eine zivile humanitäre Katastrophe vermeiden wollten. Aber es stimmt, dass wir in Israel erst jetzt einen Konsens darüber haben, die Hamas zu vernichten.“
Nach Angaben des „Handelsblatts“ bekräftigte auch der israelische UN-Botschafter Gilad Erdan am 29. November, dass sein Land zurzeit keinen dauerhaften Waffenstillstand wolle. „Jeder, der einen Waffenstillstand unterstützt, unterstützt grundsätzlich die fortgesetzte Terrorherrschaft der Hamas in Gaza“, mahnte Erdan vor dem UN-Weltsicherheitsrat in New York. Israel warte darauf, dass die Hamas alle Geiseln und auch alle Terroristen vom 7. Oktober übergebe. Erst dann könne die Gewalt auf Dauer enden.
Feuerpause dauert an
Wie das israelische Militär am Morgen des 30. November mitteilte, wird die Feuerpause zwischen Israel und der Hamas dennoch erneut verlängert. Agenturangaben zufolge bestätigte Katar den Beschluss bereits. Damit könnten weitere in den Gazastreifen verschleppte Geiseln freikommen und Hilfe in das abgeriegelte Küstengebiet am Mittelmeer gelangen.
Nach der ursprünglichen Übereinkunft soll die Pause auf maximal zehn Tage verlängert werden können – also bis einschließlich Sonntag, 3. Dezember. UN-Generalsekretär António Guterres sähe einen „echten humanitären Waffenstillstand“ lieber, wie er auf der Social-Media-Plattform X schrieb.
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