Energie und Menschenrechte: Scholz reist nach Saudi-Arabien
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) ist am Samstag zu einer zweitägigen Reise in die Golfregion aufgebrochen, bei der er zuerst Saudi-Arabien besucht. In der Hafenstadt Dschidda am Roten Meer wird er den Kronprinzen Mohammed bin Salman treffen, der vom US-Geheimdienst für den brutalen Mord an dem Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul vor vier Jahren verantwortlich gemacht wird. Der Kronprinz bestreitet, die Tat genehmigt zu haben.
Der Mord hatte zu einer internationalen Isolierung des Kronprinzen geführt und die deutsch-saudischen Beziehungen in eine jahrelange Krise gestürzt. Der Besuch des Kanzlers wird nun als Zeichen einer gewissen Normalisierung gewertet. Scholz will den Mord bei seinem Besuch thematisieren. Ebenso geht es um die Menschenrechtslage in dem mit harter Hand regierten Königreich. Es wird aber auch um den Jemen-Krieg, die Lage in Syrien und im Iran gehen sowie um die Handelsbeziehungen und um die Zusammenarbeit im Energiebereich.
Am Samstagabend reist Scholz in die Vereinigten Arabische Emirate und dann nach Katar weiter. Beide Länder sind wie Saudi-Arabien wichtige Energie-Exporteure. Welche Verträge über die Lieferung von Gas oder – mittel- und langfristig – Wasserstoff aus der Region nach Deutschland abgeschlossen werden, blieb vor der Reise noch unklar. Aus dem Umfeld des Kanzlers hieß es: „Wir werden ambitionierte Vorschläge zum Abschluss bringen.“ Die Reise solle aber nicht zu einer reinen „Energie-Einkaufstour“ werden. Scholz wird von elf Top-Managern begleitet. Unter anderen sind Airbus, Thyssenkrupp und Siemens Energy in der Wirtschaftsdelegation vertreten.
Menschenrechtsorganisationen fordern klare Worte von Scholz
Das streng konservative Königreich Saudi-Arabien steht trotz einiger Reformen wegen der Lage der Menschenrechte in der Kritik. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International verlangte vor der Reise klare Worte des Kanzlers an den Kronprinzen: „Auch in Anbetracht aller geopolitischen und energiepolitischen Sachzwänge sollte der Bundeskanzler bei seiner Reise nach Saudi-Arabien nicht zu den Menschenrechtsverletzungen im Land schweigen.“
Reporter ohne Grenzen (ROG) forderte Scholz auf, die Pressefreiheit in den drei Zielländern zu thematisieren. „Wenn er mit diesen Regierungen Geschäfte machen will, sollte er aber eine Bedingung stellen: dass deren Herrscher aufhören, die Medien als grundlegende Säule des Rechtsstaats mit Füßen zu treten.“ Das sagte der Geschäftsführer von ROG Deutschland, Christian Mihr, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“ (NOZ).
Keine Pressekonferenzen vorgesehen
Gemeinsame Pressekonferenzen des Kanzlers mit seinen Gesprächspartnern sind während der gesamten Reise nicht vorgesehen. Es sei trotz großen Einsatzes nicht gelungen, die Gesprächspartner davon zu überzeugen, heißt es von deutscher Seite.
Die Energiewirtschaft erhofft sich von der Reise nicht nur kurzfristige Gas-Exporte aus der Golfregion. „Deutschland und Europa werden auf den Import von Wasserstoff angewiesen sein. Umso wichtiger ist es, frühzeitig internationale Partnerschaften zu schließen“, sagte Kerstin Andreae, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft, der „Rheinischen Post“ (Samstag).
Keine Rüstungsexporte mehr nach Saudi-Arabien
Aber auch Saudi-Arabien könnte Wünsche an Deutschland richten. Das Königreich zählt nach Angaben des Friedensforschungsinstituts Sipri zu den fünf größten Rüstungsimporteuren weltweit, Deutschland zu den fünf größten Exporteuren. Unter der Ampel-Regierung ist aber kein einziger Rüstungsexport mehr an das Königreich genehmigt worden. Das geht aus einer Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdelen hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Grund ist ein Exportstopp, der wegen der Beteiligung Saudi-Arabiens am Jemen-Krieg und des Khashoggi-Mords bereits seit November 2018 gilt. Kanzler Scholz und seine Regierung machten bisher aber auch von einer Ausnahmeregel für europäische Gemeinschaftsprojekte keinen Gebrauch mehr.
Ob es überhaupt entsprechende Anträge der Industrie gegeben hat, ist allerdings unbekannt. Die frühere Bundesregierung hatte in den Jahren 2020 und 2021 noch 81 Exportgenehmigungen im Wert von 33,27 Millionen Euro erteilt. Die saudische Regierung hat den Exportstopp immer wieder kritisiert. Der saudische Außenminister Prinz Faisal bin Farhan al-Saud hatte ihn zuletzt im Februar als „sehr falsches Signal“ bezeichnet. (dpa/mf)
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