Eine echte Allianz zwischen Moskau und Peking? Kaum denkbar
Gibt es eine Allianz zwischen Moskau und Peking? Der russische Staatschef Wladimir Putin besuchte Peking zu den Olympischen Winterspielen. Er unterzeichnete auch ein Abkommen mit der Kommunistischen Partei Chinas, die China regiert.
Oberflächlich gesehen gibt es eine chinesisch-russische Zusammenarbeit, die allerdings „keine echte strategische Allianz“ ist, erklärt Dr. Cheng Xiaonong im Gespräch mit der chinesischsprachigen Ausgabe der Epoch Times. Dr. Cheng war Berater des chinesischen Premierministers Zhao Ziyang (1980–87), arbeitete für das Büro des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses in Peking und war zudem stellvertretender Direktor des Forschungsinstituts für die Reform des chinesischen Wirtschaftssystems. 1989 promovierte er in Soziologie an der Princeton University. Von 1997 bis 2009 leitete er an der Princeton Universität als Chefredakteur die „Modern China Studies“.
Die Frage einer Allianz zwischen Moskau und Peking steht schon längere Zeit im Raum. 2019 wurde Staatschef Putin auf seiner jährlichen großen Pressekonferenz gefragt: Werden Russland und China ein Militärbündnis bilden? Putins Antwort: „Wir haben derzeit kein Militärbündnis mit China und haben es auch nicht vor.“
Am 22. Oktober 2021 wurde er erneut gefragt, seine Antwort war: „Wir müssen kein Militärbündnis eingehen, aber es ist theoretisch denkbar.“ Das klingt nicht wie eine sofortige und umfassende Zusammenarbeit zwischen Moskau und Peking. Was steckt tatsächlich dahinter?
Die russische Hauptstadt nach Sibirien verlegen?
Im August 2021 ging eine kurze Meldung durch die europäischen Medien: Russland überlege, eine komplett neue Hauptstadt in Sibirien zu bauen. An der Pazifikküste soll zudem eine neue Stadt mit dem Namen Sputnik gebaut werden.
Putins „rechte Hand“, der russische Verteidigungsminister Sergej Schoigu, war im August 2021 in Nowosibirsk, um die Produktionsanlagen eines Luftfahrtunternehmens zu kontrollieren und mit Wissenschaftlern zu sprechen. Dort sagte er: „Wir müssen drei oder besser fünf große Wissenschafts-, Industrie- und Wirtschaftszentren in Sibirien errichten, um es einfach auszudrücken – Städte mit 300.000 bis 500.000 Einwohnern, besser mit bis zu einer Million Menschen. Wir sollten nicht einfach nur eine Stadt bauen und die Hauptstadt hierher verlegen, sondern sie gezielt ausrichten.“
Die Hintergründe blieben den europäischen Medien verborgen. Dr. Cheng erklärt, was dahinter steht: Das russische Militär sei besorgt, die russischen Eliten ebenso. Sie fürchten, dass „ein Teil Sibiriens im Osten Russlands von der KP Chinas übernommen wird“.
Besonderheiten in Sibirien
Sibiriens Bevölkerung lebt im Wesentlichen entlang der Eisenbahnlinien wie der Transsibirischen Eisenbahn. Außerhalb der Städte gibt es nur wenige Dörfer, ein Großteil des Landes ist unfruchtbar. Der Zerfall der Sowjetunion verschlechterte die Lage, Städte, Fabriken, Wohngebiete zerfielen. Um dem entgegenzuwirken, erließ Putin 2016 ein Gesetz, dass es Russen erlaubt, im Fernen Osten gratis bis zu ein Hektar Land zu nutzen. Ob Gold geschürft oder Ackerbau betrieben wird – egal. Nach fünf Jahren kann das Land in Eigentum umgewandelt werden.
Die Region leidet unter massivem Bevölkerungsverlust. Während auf russischer Seite davon gesprochen wird, dass hier eine Person pro Quadratkilometer lebt, befinden sich auf der anderen Seite der russisch-chinesischen Grenze, die 4.300 Kilometer lang ist, Hunderte Millionen Menschen.
Teilweise illegal eingewandert übersteigt mittlerweile die große Zahl der Chinesen im Fernen Osten die russische Bevölkerung. Sie arbeiten auf russischer Seite, Russland profitiert auch davon. Aus Sicht Sibiriens ist der Kreml weit weg. Sibiriens Einwohner „begrüßen chinesische Einwanderer und wollen sich darauf verlassen, dass chinesische Einwanderer für sie arbeiten und Wohlstand schaffen, um die russische Region im Fernen Osten zu ernähren“, so Dr. Cheng. Doch gleichzeitig bedeute es, dass „die innere Sicherheit Russlands durch die chinesische Bevölkerung bedroht ist“.
Putin sehe die Gefahr der Unterwanderung des östlichen Teils Russlands. Für Russland sei die östliche Hälfte seines Landes unantastbar. Daher sei es für Russland unmöglich, eine echte strategische Zusammenarbeit mit der KPC einzugehen. „Mit anderen Worten: Russlands Unsicherheit im Osten bedingt, dass China und Russland ihre Kräfte nicht vollständig bündeln, sondern sich nur gegenseitig benutzen können“, bilanziert Dr. Cheng.
Putins Verhaftungswelle im Fernen Osten
Im September 2021 begann Putin eine groß angelegte Verhaftungswelle gegen die Kommunistische Partei Russlands. Es wird gesagt, dass die KP Russlands massiv durch die Kommunistische Partei Chinas unterstützt wird und von ihr abhängig ist. Die Spitzenfunktionäre der KP Russlands, darunter Parteichef Gennadi Andrejewitsch Sjuganow, reisen häufig nach China. Sjuganow veröffentlichte drei Bücher in China, einer seiner Enkel studiert dort.
Putin ordnete mit diesem Wissen an, dass die Sicherheitsbehörden „ununterbrochen Verhaftungen“ gegen die KP Russlands durchführen sollen. Das Parteizentralgebäude der früheren KPdSU wurde zeitweise beschlagnahmt, auch das Gebäude des Moskauer Stadtkomitees. Die Verhaftungen sind eine Warnung an die Führung in Peking. In Russland könne die KP-Führung nicht das tun, was sie in anderen Staaten mache.
Drei Beispiele: Verhaftet wurden unter anderem zwei hochrangige Ingenieure und Führungskräfte eines russischen Unternehmens für Flugzeug- und Marinemotoren. Sie spionierten für China und versorgten Peking mit Motortechnik.
Eine andere Person wurde in der Stadt Tschita nahe der mongolischen Grenze verhaftet und wegen Hochverrat zu acht Jahren Gefängnis verurteilt. Dieser Mann, er wurde Wassiljew genannt, spionierte für China in der regionalen militärischen Kommandozentrale, die Russland als Schutz vor chinesischen Streitkräften einsetzt.
Und 20 Jahre Haft für Spionage für China erhielt ein Wissenschaftler für Raketentechnik des Moskauer Luftfahrtinstituts. Das Institut ist eine der führenden Schulen und Forschungseinrichtungen der russischen Luft- und Raumfahrt. Zu seinen Fachgebieten gehörten die Konstruktion und Berechnung von Flüssigtreibstoff-Raketentriebwerken, die allgemeine Theorie der Luftfahrt- und Raketentriebwerke und weiteres. Die Anwälte des Wissenschaftlers bestritten nicht, dass er wissenschaftliche und technologische Informationen an China geliefert hat.
Kein Bündnis mit China, aber ein baldiges mit den USA?
„Nach dem Spionagekrieg der KPC gegen Russland zu urteilen, sind beide Seiten nicht in der Lage, sich aufeinander zu verlassen und zu vertrauen. Es ist schwierig für sie, sogenannte zuverlässige strategische Verbündete zu werden. Russland hat sich gegenüber der KPC immer in der Defensive befunden“, bilanziert Dr. Cheng. Das Misstrauen in der Bevölkerung steige.
Welchen Ausweg hat Russland? „China ist die größte Bedrohung für Russland und der einzige Weg, mit ihm umzugehen, ist ein Bündnis zwischen Russland und den Vereinigten Staaten“, schlug Wladimir Posner in einer Sendung von „Echo Moskau“ vor. So wie er denken viele Menschen in der höheren russischen Gesellschaft. Posner ist eine sehr einflussreiche Persönlichkeit der russischen Medien. Der 87-jährige Journalist leitete unter anderem die Russische Fernsehakademie und arbeitet für den größten staatlichen Fernsehsender Nr. 1.
Ein baldiges Bündnis mit den USA wäre der einzige Weg. Ob die Führung im Kreml die Dringlichkeit der Bedrohung erkannt hat, bezweifelt Posner.
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