Ein Jahr nach Amtsantritt: Türkis-blaue Harmonie in Wien
Gute Umfragewerte, eine robuste Wirtschaft und eine geschwächte Opposition: Ein Jahr nach ihrem Amtsantritt sitzt die rechtsgerichtete Koalition aus ÖVP und FPÖ in Österreich fest im Sattel.
Kritiker werfen ihr vor, mit einem harten Kurs in der Einwanderungspolitik Rassismus und Hetze zu schüren. Die Politiker von der FPÖ bieten mit provozierenden Äußerungen immer wieder Angriffsfläche. Viele Bürger nehmen daran aber keinen Anstoß: In Umfragen steht die Koalition gut da.
Am Dienstag jährt sich der Amtsantritt der neuen Koalition zum ersten Mal, und noch immer wirken die Regierungspartner bisweilen wie Flitterwöchner. Sie selbst bemühen sich nach Kräften um ein Bild der Harmonie.
Er sei „selbst überrascht, wie schnell und wie toll wir arbeiten“, sagte Vizekanzler Christian Strache bei einer Pressekonferenz. Bei dem Auftritt lobten Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Strache ihre Zusammenarbeit und beendeten sogar die Sätze des jeweils anderen.
Kurz‘ konservative Volkspartei, die bei der Wahl vor einem Jahr 31,5 Prozent der Stimmen holte, legte in Umfragen auf 35 Prozent zu. Straches FPÖ rutschte nur leicht von 26 auf 24 Prozent ab.
Politikprofessor: Professionelle Außendarstellung kommt bei Bevölkerung gut an
Der emeritierte Politikprofessor Fritz Plasser führt die Popularität der Koalition auch auf deren professionelle Außendarstellung zurück. „Es kommt bei der Bevölkerung sehr gut an, dass sich die Koalition bemüht, so geschlossen wie möglich zu wirken.“
Nach Ansicht des Wiener Politikberaters Thomas Hofer profitieren die Koalitionsparteien auch von ihrer ideologischen Nähe. Anders als die langjährigen Regierungspartner ÖVP und SPÖ in der Großen Koalition müssen die beiden rechten Parteien weniger politische Kompromisse eingehen. „Sie konnten ihre Wahlkampfversprechen in der Regierung umsetzen“, sagt Hofer.
Auch das stabile Wirtschaftswachstum von drei Prozent und eine der niedrigsten Arbeitslosenquoten in der Eurozone spielen der Regierung in die Hände.
Proteste gegen die Regierung
Die Freude über die türkis-blaue Regierung ist aber bei Weitem nicht ungeteilt. Bei den Donnerstagsdemos ziehen regelmäßig tausende Österreicher vor das Bundeskanzleramt in Wien.
Am Samstag, drei Tage vor dem Amtsjubiläum der Koalition, gingen zehntausende Menschen auf die Straße, um gegen „Rechtsruck, Rassismus und Sozialabbau“ zu protestieren.
Regierung ist stabil
ÖVP und FPÖ konnten bei der Wahl im vergangenen Jahr mit einem harten Kurs gegenüber Einwanderern und Flüchtlingen punkten und ließen ihren Ankündigungen Taten folgen. Die Zahl der Abschiebungen erhöhte sich und im Oktober zog sich Österreich aus dem UN-Migrationspakt zurück.
Ende November stellte die Regierung in Wien eine Sozialhilfe-Reform vor, wonach Sozialleistungen für Einwanderer an Sprachkenntnisse geknüpft werden sollen. Dafür erntete sie Kritik von Aktivisten und kirchlichen Gruppen.
Den Ärger über die Regierung konnte sich die Opposition aber nicht zunutze machen. Selbst die Anhebung der erlaubten Höchstarbeitszeit auf zwölf Stunden am Tag und 60 Stunden in der Woche löste nicht genug Unmut aus, um die Regierung in Bedrängnis zu bringen.
Wie belastbar die türkis-blaue Partnerschaft ist, werde sich im bevorstehenden Wahlkampf für die Europawahl im Mai zeigen, sagt Politologe Hofer: „Die Wahl wird ein Test für sie, denn offensichtlich werden sich die Botschaften der beiden Parteien unterscheiden.“ (afp)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion