Dunkle Wolken am Himmel von Durban
Die fast 200 Nationen, die zukünftig mit einer Umwelt mit instabilerem Klima fertig werden müssen und in Durban auf der Klimarahmenkonvention der Vereinten Nationen wegen des Klimawandels zusammenkommen, finden keine leichten Antworten. Die Welt scheint im 20. Jahrhundert stecken geblieben zu sein und noch keine technologischen Fortschritte erreicht zu haben, die die Klimafolgen durch das Verfeuern fossiler Brennstoffe lindern könnten.
Der Erfolg der stärksten Volkswirtschaften beruht auf dem Verbrauch fossiler Brennstoffe. Die Kernfusion bleibt ebenso ein Traum wie ein tatsächlicher Verzicht auf Kohle. Wir verlassen uns auf komplizierte technologische Systeme, die unglückselige Folgen haben können, wie es sich in Tschernobyl im April 1986, beim Unglück im Golf von Mexiko im April 2010 oder in Fukushima im März 2011 zeigte.
Die politischen Institutionen und die Einstellungen, die im Laufe der Jahrhunderte Gestalt annahmen, tragen nicht zur weltweiten Zusammenarbeit bei, die der Klimawandel verlangt. Nationale Regierungen verfolgen normalerweise zuerst kurzfristige Eigeninteressen.
Einige Regierungen haben ihre Standpunkte verändert. Die Wahl des neuen Premierministers in Australien 2007 und eines neuen amerikanischen Präsidenten 2008 beseitigte vorläufig einen starken Widerstand gegen Verhandlungen über den Klimawandel. Aber bis jetzt folgten auf die Verhandlungen noch keine Taten, was teilweise daran lag, dass 2008 die Finanzkrise dazwischenkam.
Das Streben nach Wachstum
Die internationalen Machtverhältnisse ändern sich schnell. Der Aufstieg Chinas ist historisch gesehen mit dem einer globalen und größer dimensionierten Ausführung des meteorhaften Aufstiegs Deutschlands innerhalb Europas um 1870 bis 1900 vergleichbar. Aber China wird wohl nicht so schnell die Geschichte der globalen Umweltpolitik grundlegend verändern und verhält sich ganz so wie eine traditionelle Großmacht, die ihr Eigeninteresse verfolgt, ohne sich allzu sehr um die Biosphäre zu kümmern.
Dasselbe trifft auf Indien und seinen Aufstieg ins internationale System zu. Die Spieler können sich ändern, aber die Spielregeln bleiben dieselben.
Die Wirtschaftsideologien des 20. Jahrhunderts bleiben auch im 21. intakt. Das Streben nach Wirtschaftswachstum beherrscht weiterhin die Politik, ob in Sitzungen des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Chinas, in der US-Notenbank in Washington oder an den Schalthebeln der Macht in Brüssel.
Einige einzelne Stimmen können Ideen anbieten, die den Konsum als den Weg zu Wohlstand und Glück infrage stellen. Buddhistische, christliche oder andere religiöse Führer rufen regelmäßig dazu auf, sich nach den nichtmaterialistischen Grundsätzen innerhalb ihrer Traditionen zu richten, aber nur wenige der Gläubigen haben sich dazu entschlossen, diesem Aufruf zu folgen. Gut gemeinte Appelle, sich in Selbstverpflichtung, Selbstbeherrschung und Verantwortungsbewusstsein für zukünftige Generationen zu üben, stoßen vielfach auf taube Ohren.
Die Umweltschutzbewegung nahm seit 2000 teilweise an Beliebtheit zu, aber wenn sie der Forderung nach Wirtschaftswachstum gegenübergestellt wird, wird sie verdrängt. Sie konnte die gleichgültigen Massen nicht für sich gewinnen. Sie konnte die Macht derjenigen nicht verringern, die dem Umweltschutz feindlich gegenüberstehen, einschließlich der konservativeren Hälfte der republikanischen Partei in den Vereinigten Staaten, der Neuen Rechten in Australien oder eines Flügels der Unabhängigkeitspartei im Vereinigten Königreich. Ideen bedeuten so viel, weil sie so wenig verändert haben.
Die Szene verändert sich
Doch nicht alles verharrt im Stillstand und es gibt einige Anzeichen für eine Veränderung im Energiebereich. In Nordamerika, Europa und Japan lag der Gesamtenergieverbrauch so hoch wie kurz nach 2004: Das Maximum wurde 2004 in Frankreich, 2005 in den Vereinigten Staaten, 2005 in Japan und 2006 in Europa insgesamt erreicht. In all diesen Ländern war der Energieverbrauch vor der Wirtschaftskrise leicht rückläufig. Der weltweite Gesamtenergieverbrauch sank 2009 zum ersten Mal nach einigen Jahrzehnten.
Zwei Veränderungen im Weltenergiesystem verdienen eine besondere Erwähnung. Die erste ist der bescheidene Anstieg bei Wind- und Sonnenenergie in Westeuropa seit 2000. Dänemark, Deutschland, Spanien und Portugal erhöhten ihre Kapazität deutlich, um Elektrizität aus diesen erneuerbaren Energien zu erzeugen. Die zweite ist die enorme Zunahme des Kohleverbrauchs in China, sodass es 2006 weltweit die höchsten CO2-Emissionen verursachte. China erzeugte 2009 24 Prozent der CO2-Emissionen des Erdballs, die Vereinigten Staaten 19 Prozent und die EU 13 Prozent.
Eine dritte große Veränderung stellt das Wiederaufleben der Kernkraft dar. Kernkraftwerke produzieren nur wenige Treibhausgase, aber die sozialen und wirtschaftlichen Kosten von Katastrophen, wie sie sich drastisch in Fukushima zeigte, sind schrecklich. Italien, das den weiteren Bau von Kernkraftwerken direkt nach dem Tschernobyl-Unglück 1986 verbot, hob dieses Gesetz 2009 auf.
Nach dem Fukushima-Unfall legte die deutsche Regierung ihre ältesten Reaktoren still und verpflichtete sich, alle Kernreaktoren bis 2022 herunterzufahren. Aber Fukushima dürfte sich auf die Zukunft der Kernkraft wohl schwächer auswirken als Tschernobyl. 2011 waren etwa 440 Kernkraftwerke in 44 verschiedenen Ländern in Betrieb und 50 weitere befinden sich im Bau.
Inzwischen häufen sich die zeichen für den vom Menschen verursachte Klimawandel. Daten, die an Tausenden von meteorologischen Stationen um die Welt gesammelt wurden, zeigen seit 1970 eine Tendenz zu schneller Erwärmung an. Der Sommer 2003 und der Tod von 70.000 Europäern trugen dazu bei, Millionen zu überzeugen, dass der Klimawandel ein dringendes Problem ist. Die durchschnittlichen globalen Temperaturen sowohl der Atmosphäre als auch der Ozeane erhöhen sich weiterhin, was auch auf den Meeresspiegel und die Kohlendioxyd-Konzentrationen in der Atmosphäre zutrifft.
Der Klimawandel ist das vorherrschende Umweltproblem unserer Zeit und könnte zu ungekannten Brüchen und Bündnissen in der internationalen Politik führen.
Die neuen Mächte in Asien zeigen deutlich, was sich in der Geschichte der Umweltpolitik im 21. Jahrhundert verändert hat und was gleich bleibt. Die von der Versäuerung am stärksten betroffene Gegend der Erde hat sich nach Ostasien verschoben. Die größte Quelle von CO2-Emissionen ist jetzt China. Es weist auch das am schnellsten wachsende Elektrizitätsnetz, das größte Straßennetz und den höchsten Kraftfahrzeugbestand auf.
Gleichzeitig führt Chinas Aufstieg dazu, dass sich in der Umweltpolitik nur wenig bewegt. Ohne China hätten sich die CO2 Emissionen verringert. Das globale Wachstum des Energieverbrauchs würde weniger als ein Drittel seiner gegenwärtigen Höhe betragen. Chinas wirtschaftlicher Fortschritt macht fast den ganzen Umwelterfolg, der anderswo in der Welt bei CO2- und SO2-Reduzierung sowie Luftqualitätsverbesserungen erreicht wurde, wieder zunichte.
Vor einem Jahrzehnt wäre es für China möglich, wenn auch außergewöhnlich, gewesen, einen anderen Weg einzuschlagen, nämlich einen, der kein vollständiges Festhalten am Verbrauch fossiler Brennstoffe verlangte. Trotz Chinas bemerkenswerter Investitionen in Wasserkraft sowie Kern- und Sonnenenergie finden sich klare Beweise dafür, dass China den gleichen Weg wie die Länder gewählt hat, die sich im 19. Jahrhundert industrialisierten.
Chinas übermäßiger Appetit auf Energie hatte wenig Einfluss auf den Energiemix in der Welt außer beim Kohleverbrauch. Fossile Brennstoffe sind für 77 Prozent des Energieverbrauchs in der Welt verantwortlich. Da China am Verbrauch fossiler Brennstoffe festhält, wird es weltweit schwieriger, einen neuen Weg zu finden, obwohl es dringend notwendig sein kann.
Die wichtigsten Entscheidungen über die Geschichte der Umweltpolitik des 21. Jahrhunderts werden nicht in Durban, sondern in Peking getroffen, wenn es nicht schon dazu kam.
J.R. McNeill ist Professor für Geschichte und Universitätsprofessor an der Georgetown University. Sein neuestes Buch heißt „Mosquito Empires: War and Ecology in the Greater Caribbean, 1620-1914″
Artikel auf Englisch: Darkening Skies on the Road to Durban
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