Diplomatische Spannungen und Unruhen nach Koranschändung – BKA rät Pistorius von Irak-Reise ab
Der Glauben ist eine sehr persönliche Sache. Wenn ein Exil-Iraker jedoch Fußball mit dem Koran vor der irakischen Botschaft in Stockholm spielt, geht es um mehr. Die in Schweden auf der Grundlage der Meinungsfreiheit als Versammlung angemeldete Aktion des 37-jährigen Salwan Momika breitete sich wie ein Lauffeuer in den sozialen Medien aus.
Der Beteiligte ist kein Unbekannter. Schon Ende Juni hatte Momika den Zorn vieler Muslime auf sich gezogen, als er einen Koran entzündete. In Schweden wird gegen ihn wegen Volksverhetzung ermittelt. Arabische Medien bezeichnen ihn als „einen Opportunisten“, der nach öffentlichem Ruhm suche. Dabei habe er nicht einmal die Unterstützung seiner christlichen Gemeinde im Irak erhalten.
Wie „The New Arab“ berichtete, war der Exil-Iraker aus seiner Heimat geflohen, nachdem er wegen mehrerer Vergehen angeklagt worden war. Irak forderte seine Rückführung, um ihn strafrechtlich zu belangen. Nach Einschätzungen von Anwälten könnte eine Verurteilung mehrere Jahre Gefängnis nach sich ziehen.
Feuer in schwedischer Botschaft gelegt
Die Antwort der Gläubigen auf Momikas neueste Aktion ließ nicht lange auf sich warten. Im Irak legten Demonstranten in den früheren Morgenstunden des 20. Juli in der schwedischen Botschaft in Bagdad Feuer, „um den Koran zu unterstützen“. „Gott möge den Gläubigen den Sieg schenken und die Heuchler demütigen“, so ein Teilnehmer.
Die irakische Bereitschaftspolizei setzte Wasserwerfer ein, um die Demonstranten von der Botschaft zu vertreiben. Am Morgen kehrte wieder Ruhe in der Stadt ein. Die Polizei sperrte die zur schwedischen Botschaft führende Straße ab. Das komplette Ausmaß der Feuerschäden war zunächst nicht bekannt.
Diplomatische Spannungen
Der Angriff auf die Botschaft wiederum sorgte auch für diplomatische Spannungen. „Was heute passiert ist, ist komplett inakzeptabel und die Regierung verurteilt diese Angriffe auf das Nachdrücklichste“, erklärte der schwedische Außenminister Tobias Billström. Das Botschaftspersonal sei in Sicherheit.
„Die irakischen Behörden sind nach der Wiener Konvention eindeutig dazu verpflichtet, diplomatische Missionen und Personal zu schützen“, fuhr der Außenminister fort. Der irakische Geschäftsträger werde ins Außenministerium einbestellt.
Der Irak hingegen wies die schwedische Botschafterin aus. Mehrere arabische Länder, darunter Saudi-Arabien und der Iran, bestellten ihrerseits die schwedischen Botschafter ein. Teheran kündigte an, vorerst keinen neuen schwedischen Botschafter mehr ins Land zu lassen.
Saudi-Arabiens Außenministerium sprach von einer „systematischen Provokation gegen die Gefühle von Millionen Muslimen auf der ganzen Welt“. Im Iran und im Libanon schlossen sich Tausende Protesten an. Auch aus der Türkei kam Kritik.
Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei forderte die Auslieferung des Verantwortlichen. „Muslimische Gelehrte sind sich einig, dass der Täter dieses Verbrechens die härteste Strafe erhalten muss“, hieß es in einer Erklärung des Religionsführers, die von seinem Büro verbreitet wurde. Schweden ziehe den Hass der muslimischen Welt auf sich.
Der 84-Jährige äußerte sich nicht ausdrücklich dazu, was genau mit „härtester Strafe“ gemeint ist. Mutwillige Koranschändungen gelten im Iran als Blasphemie. Im Extremfall kann dort für Gotteslästerung die Todesstrafe verhängt werden.
Mutmaßliche Koranschändung in Dänemark
Auch in Dänemark gab es einen ähnlichen Vorfall. Die dänische Gruppe „Danske Patrioter“ (Dänische Patrioten) hatte am Freitag, dem 21. Juli, ein Video veröffentlicht, auf dem zu sehen war, wie ein Mann ein Buch – mutmaßlich den Koran – verbrannte und die irakische Flagge mit Füßen trat.
In Bagdad versuchten daraufhin am Folgetag in den frühen Morgenstunden rund tausend Anhänger des einflussreichen Schiiten-Anführers Moktada al-Sadr, Bagdads Grüne Zone zu stürmen, in der sich Botschaften sowie Regierungssitz und Parlament befinden.
Einigen gelang es laut einem Sicherheitsvertreter tatsächlich, kurzzeitig in die stark gesicherte Zone vorzudringen, wurden jedoch mit Tränengas und Schlagstöcken zurückgedrängt.
In der südirakischen Stadt Basra löste der Vorfall einen Angriff auf das Büro einer dänischen Flüchtlingshilfe aus. Durch Brandstiftung entstand Sachschaden. Die anwesenden Mitarbeiter blieben unverletzt.
Kopenhagens Vize-Polizeichefin Trine Fisker bestätigte am 22. Juli die Buchverbrennung vor der irakischen Botschaft. Ob es sich dabei aber um einen Koran gehandelt habe, könne sie nicht sagen. Nach ihren Angaben nahm „nicht mehr als eine Handvoll“ Demonstranten an der Aktion teil.
Dänische Regierung verurteilt Tat
Die dänische Regierung verurteilte das Verbrennen des Korans. „Das Verbrennen heiliger Texte und anderer religiöser Symbole ist eine schändliche Tat, die die Religion anderer missachtet“, erklärte das Außenministerium. Viele Dänen seien Muslime und ein geschätzter Teil der Bevölkerung. Zugleich wies das Ministerium auf die Meinungsfreiheit hin.
Das irakische Außenministerium verurteilte am 22. Juli die „Schändung des Heiligen Koran und der irakischen Flagge“ in Kopenhagen. Gleichzeitig sicherte es aber den Schutz der Botschaft zu. Das Land werde „nicht zulassen, dass sich das wiederholt, was mit der Botschaft des Königreichs Schweden geschehen ist“.
Ein Sprecher des iranischen Außenministeriums machte unterdessen die dänische Regierung für alle Folgen der Koranverbrennung verantwortlich, weil sie diese nicht verhindert habe. Sadr selbst erklärte in einer vage gehaltenen Botschaft auf Twitter, dass „Worte nicht mehr länger genügen“, um die Religion zu verteidigen.
Pistorius sagt Reise ab
Wegen Sicherheitsbedenken ist eine Reise von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) in den Irak am Sonntag, 23. Juli, kurzfristig abgesagt worden.
Nach den gewaltsamen Ausschreitungen gegen die schwedische Botschaft in der Hauptstadt Bagdad habe das Bundeskriminalamt von der Reise abgeraten, hieß es aus dem Verteidigungsministerium in Berlin.
Die Entscheidung sei auch getroffen worden, um das Personal der deutschen Vertretung in Bagdad zu schützen. Nach Einschätzung deutscher Stellen seien weitere Proteste und eine Verschärfung der Lage nicht auszuschließen.
(Mit Material von afp/dpa)
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