Digital Services Act: EU hat jetzt ein Auge auf Big Tech
Ab dem 26. August gilt das umfassende EU-Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act, DSA). Dieser reicht von der Moderation von Inhalten in sozialen Medien über den Schutz der Privatsphäre der Nutzer bis hin zu Transparenz und dem Kampf gegen gefälschte Onlinewaren.
Das EU-Gesetz will auch die Verbreitung von persönlich schädigenden Inhalten oder Fehlinformationen verhindern, verbietet bestimmte Werbepraktiken oder schränkt sie ein und zwingt Unternehmen, bestimmte interne Daten mit den Aufsichtsbehörden zu teilen.
Der DSA ist der ehrgeizigste und weitreichendste Versuch politischer Entscheidungsträger, die Technologiebranche zu regulieren, und wird Unternehmen dazu zwingen, umfangreiche Softwareänderungen vorzunehmen oder hohe Geldstrafen zu zahlen.
Jedes Unternehmen, das gegen das neue Gesetz verstößt, muss mit einer Strafe von bis zu sechs Prozent seines weltweiten Umsatzes rechnen, Wiederholungstätern kann die Tätigkeit in der EU ganz untersagt werden.
Herausforderung für große Tech-Plattformen
Einige Online-Plattformen haben bereits Änderungen vorgenommen, um Bußgelder in Milliardenhöhe zu vermeiden.
Obwohl der DSA bereits im vergangenen Jahr verabschiedet wurde, hatten die großen Tech-Unternehmen bis zum letzten Freitag Zeit, sich auf seine Umsetzung vorzubereiten.
Mit Ablauf der Frist müssen Technologieplattformen mit über 45 Millionen Nutzern in der EU nun die in der Rechtsvorschrift festgelegten Verpflichtungen erfüllen. Diese gelten zunächst für 19 Unternehmen, darunter Amazon, Apple, Google, Meta, Microsoft, Snapchat, X und TikTok. Einige Plattformen wie eBay, Airbnb, Netflix und sogar Pornhub wurden nicht in die Liste aufgenommen.
Pornhub, das nach eigenen Angaben nur 33 Millionen digitale Besucher in der EU hat, steht im Visier von Regulierungs- und Strafverfolgungsbehörden, weil es illegale und gewalttätige Inhalte wie Vergewaltigung und Kindesmissbrauch anbietet.
Ab Februar 2024 gilt die DSA für alle Online-Plattformen, die digitale Dienste für Europäer anbieten, unabhängig von ihrer Größe.
Die EU ist weltweit führend bei der Regulierung von Technologien, und es sind weitere Gesetze geplant, wie der Digital Markets Act und der AI Act zur Regelung der Künstlichen Intelligenz.
Analysten erwarten, dass die Umsetzung dieser Gesetze ähnliche Regeln für Technologieunternehmen auf der ganzen Welt beeinflussen wird.
Wer über die Wahrheit entscheidet
Brüssel erklärte, der DSA wolle „gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen, um Innovation, Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sowohl im europäischen Binnenmarkt als auch weltweit zu fördern.“
Europäische Politiker versuchen seit Jahren, die Macht von Silicon Valley und der gesamten Technologiebranche zu regulieren. Der 27-Nationen-Block hat sich besorgt über den Schutz der Grundrechte der Europäer zum Schutz der Privatsphäre und der Meinungsfreiheit geäußert.
Einige Bürgerrechtler befürchten jedoch, dass das neue Gesetz nicht dem Schutz der Meinungsfreiheit dient, sondern von den Brüsseler Behörden genutzt werden könnte, um gegen unliebsame Meinungen vorzugehen.
„Wer wird definieren, was tatsächlich als Falsch- oder Desinformation gilt?“, fragt ein Kommentar auf X. Dies sollte sicherlich die Aufgabe einer unabhängigen Regulierungs- beziehungsweise Justizbehörde sein, die zumindest über klare Verfahrensregeln und keine oder wenige Interessenkonflikte verfügt, fährt er fort, um dann festzustellen: „Aber nein. Der endgültige Entscheider wird […] die EU-Kommission sein.“
„Der wirkliche Test beginnt jetzt“, sagte EU-Kommissar Thierry Breton, der versprach, „den DSA gründlich durchzusetzen und unsere neuen Befugnisse voll auszuschöpfen, um Plattformen zu untersuchen und zu sanktionieren, wo dies gerechtfertigt ist.“
Amazon und Zalando wehren sich gegen Aufnahme
Zwei der Plattformen auf der Liste, Amazon.com und der deutsche Modehändler Zalando, fechten derzeit ihre Aufnahme in die Liste vor Gericht an.
Amazon, das 181 Millionen Nutzer in der EU hat, reichte im Juli eine Anfechtungsklage ein und behauptete, dass es im Gegensatz zu seinen größeren Konkurrenten, die nicht benannt wurden, ungerechtfertigt herausgegriffen wurde.
Trotz der gerichtlichen Anfechtung erklärte Amazon, dass es bereit sei, sich bis zu einer endgültigen Entscheidung des EU-Gerichtshofs in Luxemburg an den DSA zu halten.
Amazon wird DSA-konforme Funktionen einführen, wie zum Beispiel einen neuen Kanal für Nutzer, um falsche Produktinformationen zu melden.
Zalando beschwerte sich, dass es nur 31 Millionen europäische Besucher auf seiner Plattform habe und dass sein Modell „kein Risiko für illegale Inhalte“ darstelle, wird aber dennoch die notwendigen Änderungen vornehmen, um dem Gesetz zu entsprechen.
„Im Allgemeinen hat Zalando kein systemisches Risiko (wie andere Plattformen). Deshalb glauben wir nicht, dass wir in diese Kategorie fallen“, sagte Aurelie Caulier, Zalandos Direktorin für öffentliche Angelegenheiten in der EU, der Associated Press.
Dennoch stimmte sie zu, dass der DSA „eine Menge positiver Veränderungen“ für die Verbraucher bringen werde.
Tech-Plattformen wetteifern um Konformität
Die Europäische Kommission bot vor einigen Monaten an, mit den 19 Unternehmen auf der Liste DSA-Stresstests durchzuführen. Diese untersuchten, ob die Plattformen in der Lage seien, „systemische Risiken wie Desinformation zu erkennen, anzugehen und abzumildern“, sagte ein Sprecher der Europäischen Kommission gegenüber Reuters.
Facebook, Instagram, Twitter, TikTok und Snapchat haben das Angebot angenommen und an den Tests teilgenommen. Sie müssten aber noch mehr tun, um dem DSA gerecht zu werden.
Der DSA verbietet, personenbezogene Werbung an bestimmte schutzbedürftige Gruppen wie Kinder zu richten. Snapchat und TikTok unterbinden nun Werbung, die Minderjährige aufgrund ihrer Online-Aktivitäten anspricht.
Google wird mehr Informationen über Anzeigen bereitstellen, die auf Personen mit Wohnsitz in der EU ausgerichtet sind, und staatlichen Forschern mehr Zugang zu Daten über die Funktionsweise seiner Produkte gewähren. Auch werde es mehr Transparenz in seine Entscheidungen über die Moderation von Inhalten bringen.
Meta versprach, dass seine bestehenden Tools auf Facebook und Instagram, die negative oder beleidigende Inhalte melden, leichter zugänglich sein werden.
TikTok hat außerdem eine Benutzeroption eingerichtet, um Videoinhalte auf Dinge wie Hassrede und Belästigung oder Betrug zu markieren, die dann von einem Expertenteam überprüft werden, so die Muttergesellschaft ByteDance.
Facebook, Instagram, TikTok und Snapchat werden den Nutzern die Möglichkeit geben, automatische Systeme zu deaktivieren, die Videos und Beiträge auf der Grundlage ihrer Profile empfehlen. Diese Systeme wurden von Kritikern angegriffen, weil sie einige Social-Media-Nutzer zu Gewalttaten ermutigten.
Weltweites Echo erwartet
Auch Wikipedia wird einige Richtlinien überarbeiten und seine Nutzungsbedingungen ändern, um mehr Informationen über „problematische Nutzer und Inhalte“ bereitzustellen.
Die Änderungen seien nicht auf die EU beschränkt, sondern würden „weltweit umgesetzt“, so die gemeinnützige Wikimedia Foundation, die die Online-Enzyklopädie betreibt.
Snapchat wird seine DSA-konformen Änderungen zur Kennzeichnung von Inhalten zunächst in der EU und dann in den kommenden Monaten weltweit einführen.
Dieser Artikel erschien im Original auf theepochtimes.com unter dem Titel: „Tech Giants to Face New Sweeping EU Regulations“. (deutsche Bearbeitung jw)
vielen Dank, dass Sie unseren Kommentar-Bereich nutzen.
Bitte verzichten Sie auf Unterstellungen, Schimpfworte, aggressive Formulierungen und Werbe-Links. Solche Kommentare werden wir nicht veröffentlichen. Dies umfasst ebenso abschweifende Kommentare, die keinen konkreten Bezug zum jeweiligen Artikel haben. Viele Kommentare waren bisher schon anregend und auf die Themen bezogen. Wir bitten Sie um eine Qualität, die den Artikeln entspricht, so haben wir alle etwas davon.
Da wir die Verantwortung für jeden veröffentlichten Kommentar tragen, geben wir Kommentare erst nach einer Prüfung frei. Je nach Aufkommen kann es deswegen zu zeitlichen Verzögerungen kommen.
Ihre Epoch Times - Redaktion