Die Robo-Bombe von Dallas: Polizeitechnik mit Fragezeichen

Ferngesteuerte Gewalt wird in den Kriegen und Konflikten der Gegenwart zwar immer wieder moralisch und rechtlich hinterfragt, sie ist in Gestalt von großen oder kleineren Drohnen aber gang und gäbe.
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Sprengroboter wie die deutsche Entwicklung «tEODor» haben jede Menge Technik an Bord: Röntgenkamera, Wasserwerfer, Vereisungsanlage und Videokameras.Foto: Michael Balk/Archiv/dpa
Epoch Times9. Juli 2016
Ferngesteuerte Technikkästen, die auf Rädern oder Ketten in die Gefahrenzone fahren und verdächtige Pakete untersuchen oder Bomben unschädlich machen: Das kennt man. Ein funkgesteuertes Gerät aber, das Sprengstoff heranrollt, um einen Verbrecher außer Gefecht zu setzen, das ist neu.

„Ich kann mich nicht erinnern, dass Polizisten so ein Gerät als Liefermechanismus tödlicher Gewalt eingesetzt hätten“, sagt Juraprofessor Seth Stoughton von der Universität South Carolina, ein früherer Polizist, dem „Atlantic“. „Dies ist ein neuer Horizont für Polizeitechnologie. Er wirft einige Fragen auf.“

Ferngesteuerte Gewalt wird in den Kriegen und Konflikten der Gegenwart zwar immer wieder moralisch und rechtlich hinterfragt, sie ist in Gestalt von großen oder kleineren Drohnen aber gang und gäbe. Die Polizei in den USA nutzt ferngesteuerte Geräte für die Aufklärung per Kamera, das Ausbringen von Tränengas und sogar zur Rettung Verwundeter, wie das „Policemag“ berichtet. Betritt die Polizei mit der Robo-Bombe Neuland?

Nicht unbedingt, meint Professor Stoughton. Würden Polizisten unmittelbar bedroht, werde der Einsatz von Gewalt seitens des Gewaltmonopols also in einem ersten Schritt gerechtfertigt, sei die Frage nach der Art der Gewalt nur noch zweitrangig. „Wenn jemand auf die Polizei schießt, können sie ihn eliminieren, indem sie ihn niederschießen, mit einem Messer erstechen oder mit einem Fahrzeug überrollen. Ich halte die Methode rechtlich für irrelevant.“

„The Verge“ berichtet, mit einem ferngesteuerten Roboter habe die Polizei einen Mann vom Suizid abgehalten: Sie brachte ihm Pizza und ein Telefon. 2014 setzte die Polizei in New Mexico einen kleinen Roboter ein, um einen hartleibigen Verdächtigen in einem Motel unschädlich zu machen. Das Gerät fuhr in das Zimmer, eine Kartusche chemischer Munition wurde gezündet, fertig. Aber ist das so einfach?

Als Dallas‘ Polizeichef David Brown ruhig erklärt, dass man das Drama nicht anders habe beenden können als mit dem Sprengstoff liefernden Roboter, sagte er nicht, was genau die Polizei eingesetzt habe. Blendgranaten und Türöffner kennt man auch aus Filmen. Aber, sagt Jurist Stoughton: „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die Polizei irgendwas zur Hand hätte, was sie als Waffensprengstoff einsetzen würde.“

„The Verge“ vermutete, es sei Sprengstoff, der für die Sprengung größerer Bomben eingesetzt werde. Am Abend bestätigte Dallas‘ Bürgermeister Mike Rawlings genau das: Es war C4-Sprengstoff. Man habe den Mann vor eine Wahl gestellt, und er habe sich entschieden.

Der Einsatz neuer Polizeitechnik werfe seit jeher Fragen auf, sagt Jurist Stoughton: Von Schusswaffen selbst bis zu modernen Eletroschockpistolen (Taser) habe sich noch jedes Mal die Frage angemessenen Einsatzes gestellt. „Ich glaube, wir werden ähnliche Gespräche über Roboter haben, die den Tod bringen.“

Im Militär gibt es eine komplizierte und intensive Debatte über die Möglichkeiten von Robo-Technik, weit über Drohnen hinaus. Aber die Experten verweisen auf einen zentralen Unterschied: Sinn und Zweck des eingesetzten Militärs ist die Dominanz über den Gegner. Die Polizei dagegen sei für den Schutz der Bevölkerung da, sagt Stoughton. Und so schwer das zu erklären sei, schließe das Menschen ein, die Böses tun. „Was es nicht einschließt, ist der Einsatz tödlicher Gewalt, wenn es möglich ist, sie zu vermeiden.“

Die Polizei von Dallas fällte die Entscheidung, dass ihr Einsatz nicht zu vermeiden war. Die Entscheidung fällten Menschen. Das Gerät war der Lieferant.

(dpa)

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