Brexit-Lösung in Sicht? London übergibt vertrauliche Papiere an EU

Die finnische EU-Ratspräsidentschaft hat der Regierung in London im Ringen um den EU-Austritt Großbritanniens eine Frist gesetzt. Die Regierung des britischen Premierministers Johnson müsse bei der EU bis Ende September einen "schriftlichen Vorschlag" einreichen, erklärte ein Sprecher des finnischen Ministerpräsidenten Rinne.
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Die EU-Kommission hat bestätigt, dass sie aus London "Schriftstücke" erhalten habe, in denen es um eine mögliche Brexit-Vereinbarung gehe.Foto: iStock
Epoch Times19. September 2019

Die finnische EU-Ratspräsidentschaft hat der Regierung in London im Ringen um den EU-Austritt Großbritanniens eine Frist gesetzt. Die Regierung des britischen Premierministers Boris Johnson müsse bei der EU bis Ende September einen „schriftlichen Vorschlag“ einreichen, erklärte ein Sprecher des finnischen Ministerpräsidenten Antti Rinne am Donnerstag. Ein Sprecher Johnsons lehnte die „künstliche Frist“ ab.

Vertrauliche Papiere

Die EU-Kommission bestätigte unterdessen, dass sie aus London „Schriftstücke“ erhalten habe, in denen es um eine mögliche Brexit-Vereinbarung gehe. Es sei allerdings noch zu früh, um zu beurteilen, ob es sich um einen Lösungsvorschlag handele.

Die britische Regierung nannte die übergebenen Dokumente „eine Reihe vertraulicher technischer Non-Papers, die die Ideen widerspiegeln, die Großbritannien bisher vorgebracht hat“. Ein Regierungssprecher fügte hinzu: „Wir werden formale schriftliche Lösungen vorlegen, wenn wir bereit sind, nicht bis zu einer künstlichen Frist, und wenn die EU klar macht, dass sie konstruktiv über sie diskutieren will als Ersatz für den Backstop.“

Zuvor hatte der derzeitige EU-Ratsvorsitzende Antti Rinne Johnson eine Frist bis zum Monatsende gesetzt, um Änderungswünsche am Brexit-Abkommen einzureichen. Wenn Großbritannien über Alternativen zum bestehenden Austrittsabkommen sprechen wolle, müsse das Land diese bis Ende September schriftlich vorlegen, sagte der finnische Regierungschef nach Angaben finnischer Medien nach einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron am Mittwoch in Paris. Finnland führt im zweiten Halbjahr den Vorsitz der EU-Länder.

„Wenn keine Vorschläge kommen, dann glaube ich, dass eine ganze Reihe von europäischen Staats- und Regierungschefs den Standpunkt teilt, der heute mit Macron zum Ausdruck gebracht wurde. Dann ist es vorbei“, wurde Rinne von der finnischen Nachrichtenagentur STT zitiert. Es müsse Wesentliches passieren, damit es sich lohne, den Briten zusätzliche Zeit einzuräumen, sagte er dem Rundfunksender Yle zufolge.

Treffen zwischen Rinne und Macron

Rinne hielt sich am Mittwoch zu einem Treffen mit dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Paris auf. Er sagte bei dieser Gelegenheit, die EU werde London vermutlich keine weitere Verschiebung des Austrittsdatums gewähren, falls London keine konkreten Vorschläge unterbreite. Für den 17. und 18. Oktober ist in Brüssel ein EU-Gipfel geplant.

Die britische Bevölkerung sprach sich bei einem Referendum im Juni 2016 mit einer Mehrheit von 51,9 Prozent für den EU-Austritt aus. Ende März 2017 reichte London den Austrittsantrag ein. Seither blieben die Austrittsverhandlungen erfolglos.

Ein im November 2018 unter der damaligen britischen Premierminister Theresa May vorgelegter Vertrag wurde vom britischen Unterhaus mehrfach abgelehnt. Das Parlament in London verweigert aber auch einen Austritt ohne Abkommen. Die ursprüngliche Frist für den Brexit, der 29. März 2019, wurde inzwischen auf den 31. Oktober verschoben.

Vor dem Supreme Court in London wird darüber verhandelt, ob Johnson das Parlament während der heißen Phase der Brexit-Verhandlungen bis zum 14. Oktober in eine Zwangspause schicken durfte. 75 Abgeordnete fochten dies an.

Gericht entscheidet über Zwangspause

Der Oberste Gerichtshof Großbritanniens will sein Urteil über die von Premierminister Boris Johnson verfügte Zwangspause für das Parlament Anfang kommender Woche fällen. Dies kündigte am Donnerstag Gerichtspräsidentin Brenda Hale nach dreitägiger Anhörung an. Die zu entscheidende Frage sei „nicht einfach“, sagte sie. Aber angesichts der Situation wisse das Gericht um die Dringlichkeit einer Entscheidung.

„Wir wissen, dass der Fall so schnell wie möglich gelöst werden muss“, sagte Hale. „Wir hoffen, in der Lage zu sein, unsere Entscheidung Anfang kommender Woche verkünden zu können.“ Zugleich betonte die Gerichtspräsidentin, dass es bei dem anstehenden Urteil „nicht darum geht, wann und unter welchen Bedingungen das Vereinigte Königreich die Europäische Union verlässt.“

Das Gericht berät über zwei Klagen, die von der Anti-Brexit-Aktivistin Gina Miller und von 78 Parlamentariern eingereicht wurden. In beiden Fällen geht es darum, ob Johnson rechtmäßig handelte, als er Königin Elizabeth II. die Parlamentsvertagung empfahl.

Johnsons Entscheidung, dem Parlament vor dem für den 31. Oktober geplanten EU-Austritt Großbritanniens eine fast fünfwöchige Sitzungspause aufzuerlegen, hatte landesweite Proteste hervorgerufen. Kritiker halten dem konservativen Regierungschef vor, das Parlament aushebeln zu wollen und so die Demokratie zu untergraben. (afp/dpa/sua)



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