Die Drohung des 12. April 2019: Harter Brexit ist „fast unvermeidlich“
Zehn Tage vor dem möglichen Schreckensszenario eines No-Deal-Brexits werden die Appelle an London immer eindringlicher und zugleich fatalistischer. Der EU-Chefunterhändler für den Brexit warnte am Dienstag in Brüssel, dass ein Austritt ohne Abkommen „von Tag zu Tag wahrscheinlicher“ werde.
Der Brexit-Koordinator des Europaparlaments, Guy Verhofstadt, sagte, ein harter Brexit sei „fast unvermeidlich“. Ein solcher droht schon am 12. April. In London berief Premierministerin Theresa May ihr Kabinett zu einer langen Dringlichkeitssitzung ein.
Ein harter Brexit sei von der EU nie „gewünscht oder beabsichtigt“ gewesen, die verbliebenen 27 Mitgliedstaaten seien aber inzwischen darauf vorbereitet, sagte Barnier. Er warb erneut für das zwischen Brüssel und London vereinbarte Austrittsabkommen:
Lassen Sie uns nicht vergessen, dass wir schon ein Abkommen haben, wir haben schon eine Vereinbarung und sie wurde von Theresa May und der britischen Regierung und dem Europäischen Rat und dem Europäischen Parlament am 25. November beschlossen, vor vier Monaten.“
Die letzten vier Vorschläge fielen am Montagabend durch die Abstimmungen
„Falls das Vereinigte Königreich die EU nach wie vor auf geregelte Weise verlassen möchte, ist diese Vereinbarung, ist dieser Vertrag der einzige und wird der einzige bleiben“, bekräftigte der EU-Chefunterhändler.
Das britische Unterhaus hatte sich am Montag erneut nicht auf eine Alternative zum Austrittsabkommen von Premierministerin May einigen können. Alle vier Vorschläge fielen im Parlament durch. Am meisten Unterstützung bekam der Antrag zu einem Referendum über ein Austrittsabkommen.
Das Brexit-Chaos in London sorgt bei den europäischen Partnern Großbritanniens schon seit Wochen für Fassungslosigkeit. Verhofstadt schrieb am Montagabend beim Kurzmitteilungsdienst Twitter: „Am Mittwoch hat Großbritannien eine letzte Chance, aus der Sackgasse zu kommen.“ Ansonsten stehe London vor „dem Abgrund“.
Letzte Timeline: 10. April
May muss bis zu einem EU-Sondergipfel am 10. April einen Plan vorlegen, wie ihr Land geordnet die EU verlassen will. Ansonsten droht zwei Tage später der ungeregelte Austritt.
Die Premierministerin bestellte ihr Kabinett für den Nachmittag zu einer auf fünf Stunden angesetzten Sitzung ein. Auf der Tagesordnung: die Schlussfolgerungen aus den Abstimmungsniederlagen am Montag und die angesichts fehlender Mehrheiten für jegliches Alternativszenario schier ausweglose Lage.
„Die Regierung glaubt weiterhin, dass es im Interesse des Landes ist, mit einem Abkommen auszutreten“, sagte ein Sprecher Mays.
Ein Ausweg ist aber nicht in Sicht. Mays Kabinett ist im Brexit-Streit tief gespalten: Pro-europäische Minister sind für den Verbleib in einer Zollunion mit der EU. May lehnt diese Idee bisher ab. Sollte sie sich trotzdem darauf einlassen, droht ein Rücktritt der Brexit-Befürworter im Kabinett.
Der konservative Abgeordnete Nick Boles, der den Vorschlag für das Modell „Norwegen plus“ mit Verbleib im Binnenmarkt und Zollunion unterbreitet hatte, verkündete nach der Abstimmungsniederlage seinen Parteiaustritt. In einer emotionalen Ansprache an das Unterhaus warf Boles den Konservativen vor, einen Kompromiss zu verweigern.
Oppositionschef Jeremy Corbyn bezeichnete den Ausgang der Abstimmungen als „enttäuschend“. Der Labour-Chef betonte aber, Mays Austrittsabkommen sei noch deutlicher gescheitert. Das Unterhaus hatte den Austrittsvertrag drei Mal abgelehnt. Die Premierministerin könnte den Vertrag ein viertes Mal zur Abstimmung vorlegen.
Corbyn forderte dagegen eine dritte Runde von Probeabstimmungen zu alternativen Brexit-Plänen. Das könnte am Mittwoch geschehen.
Um ihr Abkommen doch noch durchzubringen, hatte May den Brexit-Hardlinern in der vergangenen Woche ihren Rücktritt angeboten. Auch über vorgezogene Neuwahlen – laut der „Times“ die „nukleare Option“ – wird spekuliert. Viele Konservative fürchten Neuwahlen, da in Umfragen die oppositionelle Labour-Partei in Führung liegt. (afp)
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