Die Ausgrenzung der Frauen verschlimmert Somalias Krise

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Krise in Somalia: Eine unterernährte Mutter mit ihrem Kind im Medecins Sans Frontiers Hospital des Dagahaley Flüchtlingscamps in Kenya.Foto: Oli Scarff/Getty Images
Von 11. September 2011

Am 22. Juli hat der neu gewählte somalische Premierminister Abdiweli Mohamed Ali, ein Harvard-Absolvent und Professor für Wirtschaftswesen, sein Kabinett mit 49 Mitgliedern ernannt. Nur zwei davon sind Frauen. Eine Ministerin und eine stellvertretende Ministerin. Jedoch haben die somalischen Frauen und Kinder unter den andauernden Konflikten, der anhaltenden Dürre und der Hungersnot immer noch am meisten zu leiden.

Laut UNICEF stirbt am Horn von Afrika alle sechs Minuten ein Kind, da dieses Gebiet von der Dürre besonders betroffen ist. Internationale Studien zeigen, dass Frauen und Kinder, die in einer von Krisen geschüttelten Gesellschaft leben, die gefährdetsten Gruppen darstellen.

Doch trotz kontinuierlicher und systematischer Unterstützung der UN und der westlichen Staaten fährt die somalische Übergangsregierung damit fort, Frauen von jeglicher Entscheidungsgewalt auszuschließen. Außer einigen formalen Randbemerkungen über Frauen und Kinder in den Reden einiger UN- und Regierungsmitglieder macht Somalia weiter Business as usual.

Dass Frauen in Somalia gesellschaftlich ins Abseits gestellt werden, widerspricht nationalen wie internationalen Konventionen. Die im Jahr 2000 verabschiedete Resolution 1325 ruft alle UN-Behörden und Mitgliedsstaaten der UN dazu auf, die uneingeschränkte Teilnahme der Frauen auf allen Ebenen des Friedensprozesses zu unterstützen und zu fördern. Weiterhin soll die geschlechtsspezifische Gewalt gegen Frauen und Mädchen, die in militarisierten Krisengebieten leben, beendet werden.

Nach über zehn Jahren seit der Verabschiedung der Resolution 1325 und nach zwanzig Jahren des Bürgerkrieges hat Somalia den grundlegenden Richtlinien dieser UN-Konvention immer noch nicht zugestimmt. Auf nationaler Ebene soll Artikel 29 der vorläufigen Verfassung Somalias im Parlament einen Frauenanteil von zwölf Prozent garantieren. Aber von den 550 Mitgliedern der Übergangsregierung sind nur 38 Frauen. Darüber hinaus arbeitet in den 18 Ministerien der Regierung nur eine Staatssekretärin.

Der neulich ernannte Premierminister und seine Regierung sollten wirksame Mechanismen einrichten, die eine uneingeschränkte Teilnahme der Frauen am gesellschaftlichen Leben sicherstellen. Denn so wird es eigentlich auch in der vorläufigen Verfassung Somalias garantiert. Die UN, somalische Verantwortliche und westliche Regierungen, die ihre Sorge um Somalia bekunden, müssen sich ihrer Pflicht ernsthaft bewusst werden und anfangen, alle Somalier zu vertreten und nicht nur ihre beschränkten nationalen und institutionellen Interessen.

Männerherrschaft

Die sogenannte 4.5-Regel zur Wahl eines Sippenvertreters, die für ein ausgeglichenes Machtverhältnis zwischen den vier großen Sippen und den fünf Minderheiten sorgen soll, wird ebenfalls nur auf die somalischen Männer angewendet. Dieses Verhalten geht sowohl von religiösen, säkularen als auch den gebildeten Männern aus. So wird in der von Männern dominierten politischen Führung den somalischen Frauen weiterhin die Teilnahme an politischen Abläufen verweigert und die Männerherrschaft fortgeschrieben.

In der Praxis hat die 4.5-Regel keine Entfaltungsmöglichkeiten für die somalischen Frauen geschaffen. Ob im eigenen Land oder international: Die somalischen Frauen spielen schlichtweg keine Rolle.

Ohne die uneingeschränkte Entfaltung der somalischen Frauen und deren Beitrag und Einsatz zur Bildung einer nachhaltigen und stabilen Grundlage für Frieden wird in Somalia kein Frieden herbeigeführt werden können. Das Einbeziehen der Frauen auf allen Ebenen der Entscheidungsprozesse wird außerdem die Sicherheit in Somalia verbessern. Da Frauen unter instabilen Verhältnissen mehr leiden müssen, fühlen sie sich dem Aufbau und der Aufrechterhaltung der Sicherheit mehr verpflichtet.

Frauen sind keine Kriegsfürsten oder Waffenhändler und nutzen auch nicht die anhaltende Instabilität und Gewalt, um Macht, Geld oder Prestige zu erlangen. Der Aussöhnungsprozess wird durch die Einbeziehung der Frauen ebenfalls verbessert, denn sie spielen in ihren Gemeinschaften bei der Lösung von Konflikten eine entscheidende Rolle. Aufgrund ihrer familiären Beziehungen zwischen den Sippen haben die Frauen Kontakt zu den verschiedenen Interessengruppen und betätigen sich oftmals als Vermittler zwischen den streitenden Parteien.

Frauen spielen in Somalia auch eine wirtschaftliche Schlüsselrolle. In ihrer Aufgabe, die Familie zu versorgen, handeln sie wie Kleinunternehmer. Ihre Teilnahme ist also entscheidend für die Entwicklung der somalischen Wirtschaft. Zu guter Letzt leisten die somalischen Frauen mehr als 50 Prozent der regierungsunabhängigen humanitären Hilfe. Frauen in wichtigen politischen Positionen können also zu transparenter und verantwortungsbewusster Verteilung humanitärer Hilfe an die gefährdete Bevölkerung führen. Daher müssen Frauen unbedingt als Betreuerinnen, Strateginnen, Akteure, Planerinnen und Managerinnen im Bereich der humanitären Unterstützung eingesetzt werden.

Die mehr als zwanzig Jahre dieses Verhaltens haben Somalia an den Rand des Abgrunds geführt. Die systematische Abwesenheit somalischer Frauen bei der Friedensbildung und dem Aufbau des Landes hat die Entwicklung in Somalia schwer behindert. Teilnahme am Friedensbildungsprozess ist das Anrecht der somalischen Frauen und keine Gefälligkeit, die ihnen gewährt werden sollte.

Khadi O. Ali ist ehemaliges Mitglied des somalischen Übergangsparlaments und war zwischen 2000 und 2002 Staatsministerin der Nationalen Übergangsregierung. Neben ihrer Tätigkeit bei Policy In Focus arbeitet sie an der School for Conflict Analysis and Resolution der George Mason University an ihrer Doktorarbeit in Philosophie.

 



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